Die Veranstalter ziehen eine positive Bilanz des Ereignisses vom letzten Wochenende: »Zwei Tage lang wurde an + in der Jahrhunderthalle Bochum wieder gesprochen, gelacht, geschlemmt, getanzt und gefeiert. Zum sechsten Mal luden die Veranstalter Stadt Bochum, Bochumer Veranstaltungs-GmbH und Bahnhof Langendreer in Kooperation mit Interkultur Ruhr / Regionalverband Ruhr zum Fest der Kulturen ein, welches am Sonntagabend mit dem Auftritt von Chocolate Remix erfolgreich zu Ende ging. „Nach der langen coronabedingten Durststrecke war es eine reine Freude zu sehen, wie sich das Festivalgelände bereits ab Beginn am Samstagnachmittag stetig füllte. Die Menschen, Vereine und Künstler:innen und auch wir als Veranstalter:innen dürsteten wahrhaftig nach Austausch, Begegnung und Zusammensein.“, betont Andreas Kuchajda, Geschäftsführer der Bochumer Veranstaltungs-GmbH.
Rund 20.000 Besucher:innen kamen an diesem Wochenende zur Jahrhunderthalle Bochum und zelebrierten bei einer durchweg positiven und friedlichen Stimmung die Auftritte der vielen Künstler:innen, die aus der Stadt, der Region und der ganzen Welt angereist waren. Dabei konnte die Veranstaltergemeinschaft am Festivalsamstag erneut einen Besucher:innenanstieg verzeichnen. Auch der Festivalsonntag war trotz des regnerischen Wetters gut besucht.
„Besonders in dieser schwierigen, vom Krieg überschatteten Zeit, in der wir uns befinden, bietet Ruhr International erneut eine Plattform und Möglichkeit zu einem Austausch der Kulturen. Themen wie Integration, Flucht und Rassismus wurden in diversen Workshops, Diskussionsveranstaltungen und Lesungen behandelt und brachten viele Besucher:innen zum Nachdenken und in den Dialog. So soll es sein.“, erläutert Miriam Witteborg vom Bahnhof Langendreer. Dazu gehörten u.a. der Workshop „Gegenhegemoniales Erinnern“ und die Lesung „Texte aus Hanau“.
Ausgelassene Stimmung herrschte vor den zwei Konzertbühnen, auf denen internationale Künstler:innen wie Akua Naru, Santrofi, Francisco, El Hombre, Melane, Birds of Babylon, Bab L‘ Bluz u.v.m. die Besucher:innen zum Tanzen und Feiern aufforderten. „Das musikalische Konzept ist voll aufgegangen.“, erläutert Heiko Schwegmann vom Bahnhof Langendreer. „Wir wollten auch in diesem Jahr dem Publikum wieder die Möglichkeit geben internationale Acts entdecken zu können, aber auch regionale Acts kennenzulernen oder wiederzusehen.“ Und so stand am Festivalsamstag mit Hüsnü Işık nicht nur ein Virtuose des Baglama-Spiels und eine Bochumer Musikgröße, sondern auch ein Urgestein des Festivals – seit 48 Jahren dabei – auf der Bühne.
Akrobatisch ging es im Dampfgebläsehaus und in der Turbinenhalle der Jahrhunderthalle Bochum zu. Hier stand nicht nur artistische Akrobatik, wie beim spektakulären Auftritt der Gruppe Tridiculous, auf dem Programm, sondern auch Wortakrobatik. Die Lesung mit Marina Frenk, die „Linksgrünversiffte Poesie“ von Daniela Sepehri, die lustigen Alltagsschilderungen von Ill-Young Kim und die Spoken Word Poetry von Babiche Papaya wussten das Publikum zu begeistern. „Die Show von Tridiculous, die eine Mischung aus Beatbox, Breakdance und Akrobatik präsentierten, wurde sehr gut vom Publikum aufgenommen. Auch in Zukunft planen wir verstärkt Formate zu integrieren, die aus den Bereichen Urban Dance und Street Art kommen“, so Martina Weinzierl vom Bahnhof Langendreer.
In diesem Jahr wurde ebenfalls das Außengelände der Jahrhunderthalle Bochum mit einbezogen. An der Nordwiese hinter der Wasserwelt führte der Watt’n Zirkus der Maria Sibylla Merian-Gesamtschule Wattenscheid eine wunderbare Show für kleine und große Menschen vor.
An den zahlreichen Ständen auf dem Marktplatz luden Initiativen und Vereine zum Austausch, Verweilen, Zuhören und Genießen ein. Neben einer vielfältigen Auswahl an landestypischen Speisen, gab es auch in dieser Ausgabe verschiedene Mitmachangebote. Dazu gehörten u.a. die Ebru-Werkstatt von Interkultur Ruhr sowie die bunte Kinderwelt des IFAK e.V. Die Beats FOR Peace und Begegnungslounge des WorldBeatClubs zählte ebenso zu den Hotspots des Marktplatzes. Dort konnten die Besucher:innen regionalen Künstler:innen zuhören und im Anschluss direkt in den Dialog treten.
Wie in den letzten beiden Ausgaben hat sich Interkultur Ruhr mit mehreren Beiträgen am Festival beteiligt. Am Samstag wurde mit Lesungen und Gesprächen die Publikation „Worauf wir uns beziehen können“ vorgestellt, in der zahlreiche Akteur:innen aus dem Netzwerk von ihrer Arbeit an der Kultur der Migrationsgesellschaft berichten. Dazu gab es mexikanische Musik vom Dortmunder Duo Marisa Alvarez und Josué Partida. Aus dem Programm des Förderfonds Interkultur Ruhr war die Ebru-Werkstatt mit Hacer Bagcaci vor Ort, in der man das „Malen auf dem Wasser“ lernen konnte. Daneben war die Foto-Ausstellung „ArbeitsVisionen“ von Emel Aydoğdu und Serkan Akın zu sehen, die sich mit Arbeit und Leben in Zeiten der Corona-Pandemie beschäftigt. Am Sonntag war das performative Gesprächsformat „Werkstatt des Wir“ mit Elia Rediger (GROUP 50:50) und David Guy Kono bei Ayşe Kalmaz zu Gast, wo über die Verteilung von Ressourcen und eine Kultur für eine zukunftsfähige Gesellschaft verhandelt wurde. „Solche wichtigen Diskussionen brauchen eine größere Öffentlichkeit.“,
sagt Johanna-Yasirra Kluhs von Interkultur Ruhr. „Ruhr International ist hierfür eine ideale Plattform, und die Kooperation soll in Zukunft noch weiter intensiviert
werden.“
Ruhr International versteht sich als Wegbegleiter zu einer Metropole der kulturellen Vielfalt, des Austausches und der Kommunikation. „Wir freuen uns sehr, dass Ruhr International – Das Fest der Kulturen als eben solcher wahrgenommen und gelebt wird. Und wir als Veranstaltergemeinschaft können es jetzt schon kaum erwarten, in die Planung für die nächste Ausgabe zu gehen, die in zwei Jahren wieder stattfinden soll.“, betont Bertram Frewer vom Kulturbüro der Stadt Bochum.«
Ich fand es sehr ärgerlich, dass ich am Sonntag für den Workshop „Gegenhegemoniales Erinnern“ zur Jahrhunderthalle gekommen war und dann vor Ort erfahren musste, dass dieser Workshop nur für „Rassismus-Erfahrene“ sei. Worauf ca. 20 Personen den Raum verließen und nur fünf Personen sitzen blieben – die Vortragende, eine Veranstaltende und drei mir unbekannte Personen. Auch diverse MigrantInnen aus Bochum und Dortmund verließen die Veranstaltung. Letzteres lag wohl an der extrem kruden Erklärung, denn die MigrantInnen meinten sie hätten ja keine Gewalterfahrungen und gingen. Ich dachte mir nur ob ich mit meiner Gewalterfahrung von Nazis gegen mich ich da bleiben dürfte, ging aber auch, denn es sah nach einem rein ethnischen Seminar aus, wo das Kriterium die Hautfarbe war. Oder?
Naja, ich denke, wenn man Seminare geben will, die mit Ausschlusskriterien durchgeführt werden, dann sollte man das so ankündigen. Dann müssen nicht 80 Prozent der Personen die Räumlichkeit wieder verlassen.
p.s.:
Gegenhegemionales Erinnern ist keine Frage der Hautfarbe, sondern der Haltung.