Die Bochumer attac-Gruppe sieht bei der Stadt Bochum eine traurige Tradition im Austricksen von Bürgerbegehren. Sie erinnert daran, wie das von ihr maßgeblich mit getragene Bürgerbegehren gegen den Cross-Border-Deal von der Stadt übergangen wurde. Auch die Arroganz, mit der die Stadt das Schwimmbad in der Innenstadt gegen den Wunsch von mehreren 10 Tausend Bürger:innen abreißen ließ, sei unvergessen.
attac schreibt: »Die Inszenierung zur Verhinderung des Radentscheids erreicht nun ein ganz neue Qualität. Die Stadt begründet die Unzulässigkeit des Radentscheids damit, dass sie “einen renommierten externen Gutachter beauftragt” habe, der zu diesem Ergebnis gekommen sei. Das ist eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit. Richtig ist, dass die Stadt Bochum einen Juristen gesucht und gefunden hat, der ein Gutachten zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens schreibt. Der Gutachter Harald Hofmann hat vor zwei Jahren ein in weiten Teilen wortgleiches Gutachten in Bielefeld abgeliefert. Er ist faktisch nicht zur Prüfung beauftragt worden. Er sollte offenkundig die Unzulässigkeit genau so begründen, wie er es in Bielefeld gemacht hat. Interessant dürfte sein, wie hoch sein Honorar für seine Wiederholungsarbeit war.
Hiermit ist die Inszenierung der Stadt, die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zu verkünden,
noch nicht zu Ende. Es wird noch peinlicher. In Bielefeld wurde das Gutachten von Harald Hofmann nämlich von einen weiteren Gutachten der Befürworter:innen des Radentscheides widerlegt. Die Stadt Bielefeld stimmte daraufhin den Forderungen des Radentscheides weitgehend zu und besiegelte dies in einen Vertrag mit den Initiator:innen des Bürgerbegehrens.
Warum die grüne Ratsfraktion, die den Radentscheid unterstützt hatte, es trotz der offenbar umstrittenen Rechtslage nicht geschafft hat, ein Gegengutachten wie in Bielefeld zu organisieren, bleibt ihr Geheimnis. Es zeugt – wenn man nichts schlimmeres unterstellen will – nicht gerade von politischer Klugheit, ein Gutachten zu bestellen und zu bezahlen, das die eigenen politischen Intentionen verunmöglicht.
Oberbürgermeister, SPD und Grünen vergießen jetzt Krokodilstränen darüber, wie bedauerlich es sei, dass sie den Radentscheid an einem angeblichen formalen Fehler scheitern lassen müssen. Dabei spielte die formale Korrektheit des Bürgerbegehrens überhaupt keine Rolle, wenn der politische Wille da wäre, dem Begehren inhaltlich zu folgen. In den anderen Städten mit erfolgreichen Radentscheiden haben die Ratsmehrheiten Kompromisse angeboten, die eine Abstimmung an den Urnen überflüssig machte. Auch die Bochumer SPD wäre nicht gehindert, ein solches Angebot zu machen.“
Über mehrere Wochen hat es schließlich auch Verhandlungen zwischen den Verantwortlichen des Radentscheids und der SPD über einen Kompromiss beim Ausbau des Radverkehrs in Bochum gegeben. Als sich die SPD mit ihrem Schmalspurangebot nicht durchsetzen konnte, holte sie das Gutachten aus der Tasche und erklärte: Macht nichts, wenn ihr unsere Vorschläge nicht akzeptiert, wir erklären einfach das Bürgerbegehren für unzulässig.
So geht die Bochumer SPD seit Jahrzehnten mit Bürgerbegehren um. Mit dieser Tradition will sie offenbar nicht brechen.«