Samstag 19.02.22, 21:07 Uhr
Dokumentation der Demonstration "Hanau wird nicht vergessen – Gedenken heißt kämpfen!" am 19. 2. 2022 in Bochum

Rede der DIDF-Jugend Bochum


Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
vor genau zwei Jahren wurden in Hanau neun Junge Menschen Opfer eines rassistischen Anschlags. Heute wollen wir ihnen gedenken und wünschen uns gleichzeitig, dass es Veranstaltungen, wie die heute, nicht mehr bräuchte. Deshalb müssen wir umso entschiedener für Aufklärung und gegen rechte Gewalt kämpfen. Viele der Ermordeten jungen Menschen lebten unter Bedingungen, die viele von uns nur allzu gut kennen. Geringe Bildungschancen, schlechte Arbeitsbedingungen, finanzielle Unsicherheit, beengte Wohnverhältnisse.

Rassismus rückt, was uns trennt, in den Vordergrund, nicht was uns verbindet.

Cavit, ein Freund der Ermordeten in Hanau beschreibt es sehr eindrücklich in einem Interview.

Ich zitiere: „Wir haben uns schon mit dem Minimum zufriedengegeben, keiner ist Anwalt geworden, keiner ist Architekt. Viele meiner Freunde bekämpfen aber den Hass mit Hass. Das ist keine Lösung. Wir müssen einen Punkt finden, an denen wir alle miteinander auskommen. Wir Ausländer leben ja mit den Deutschen zusammen, sei es im Verein oder auf der Arbeit. Wir müssen miteinander auskommen.

Eigentlich bin ich Deutscher, aber mittlerweile fühle ich mich als Ausländer. In Afghanistan bin ich nicht willkommen und hier bin ich Ausländer, Migrant, der hierher kommt und schmarotzt, der Hartz IV bezieht und dessen Wohnung bezahlt wird. Solche Wahnvorstellung haben manche Leute. Ich kämpfe auch für mein Brot, ich gehe auch arbeiten. Und das macht mich sauer.“

Cavit beschreibt hiermit, was Rassismus für eine Gesellschaft bedeutet:

Gesellschaftliche Kämpfe zu spalten und zu trennen, damit vermeintliche Unterschiede uns davon abhalten, gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Ungeachtet von ethnischer Herkunft und Religion für bessere Lernbedingungen in Schulen und Unis zu streiten.

Wer vermeintliche Unterschiede in den Mittelpunkt unseres Zusammenlebens rückt, hält uns davon ab unsere Lebensbedingungen gemeinsam zu gestalten.

Die großen Fragen unserer Gesellschaft betreffen nämlich uns Alle. Ob es nun die Umweltkatastrophe, das ruinöse Gesundheitswesen, zu hohe Mieten, unsichere und schlechtbezahlte Jobs oder Kinder- und Altersarmut sind.

Deswegen ist der Kampf gegen Rassismus und rechten Terror immer auch ein Kampf für bessere Lebensbedingungen für uns Alle!

Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der rassistischen Anschläge.

Wir wissen, dass wir weiterhin Aufklärung fordern müssen, denn von selbst wird sie nicht passieren.

Wir gedenken den Opfern von Hanau und stehen zusammen, damit es keine weiteren gibt. Wir lassen es nicht zu, dass ihre Namen in Vergessenheit geraten

Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Pǎun, Fatih Saraçoǧlu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov.

Zu erinnern bedeutet für uns, auch immer zu kämpfen und das werden wir weiterhin tun.

Kein Vergeben, kein Vergessen!