Donnerstag 06.01.22, 15:40 Uhr
Geschichte des Buchenwald-Außenlagers des Bochumer Vereins

Ein Bochumer Konzentrationslager 1


Die VVN-BdA hat im RuhrEcho Verlag die zweite Auflage der Broschüre über das Außenlager des KZ Buchenwald in Bochum veröffentlicht und schreibt darüber: »„Ein Konzentrationslager in Bochum?“, diese ungläubige Frage ist alltäglich, wenn ein Gespräch über den Widerstand und die Verfolgung in Bochum geführt wird. Es scheint vergessen zu sein, dass in Bochum im Sommer 1944 ein Außenlager des KZ-Buchenwald aufgebaut wurde. Im Rahmen der faschistischen Doktrin des „totalen Krieges“ sollte die Rüstungsproduktion des Bochumer Vereins gesteigert werden. Direktoren des Bochumer Vereins waren an der Planung ebenso wie an der Auswahl von KZ-Häftlingen beteiligt.

Das Lager am Ende der kleinen Brüllstraße, die von der Kohlenstraße kurz vor der Eisenbahnunterführung abzweigte, wurde von der SS geführt, war mit Elektrozäunen und Wachtürmen gesichert. Bis zum März 1945 mussten in den nahegelegenen Hallen die meist jüdischen Häftlinge Granaten und Bomben fertigen. 12 Stunden am Tag bei schlechter Ernährung, vielen Krankheiten, ungenügen­den hygienischen Bedingungen, überfüllten KZ-Baracken und ohne Bunkerschutz bei Luftangriffen.

Die Autorin und die Autoren der sieben Aufsätze (Ingrid Wölk, Wolfgang Dominik, Günter Gleising und Hubert Schneider) gehen der Frage der Stellung des Bochumer Vereins im System der Zwangsarbeit, der Verbrechen der Wehrmacht und der SS ebenso nach wie der Geschichte des Bochumer KZ-Außenlagers und den Schicksalen von KZ-Häft­lingen. Dass die Geschichte um das KZ-Außenlager nach der Befreiung von Faschismus und Krieg noch nicht zu Ende war, wird in dem Kapitel zur Auflösung und Nachkriegsgeschichte bearbeitet. Mit der Verlegung der Stolperschwelle im September 2018 endet das Buch.

Der Verlag, die Autor:innen und die VVN-BdA hoffen, dass die Texte, die Fotos und Dokumente weiterhin auf reges Interesse, vor allem auch bei jungen Menschen, stoßen. Eine weitere Beschäftigung mit dem Thema ist wünschenswert. Das KZ-Au­ßen­lager Buchenwald mitten in der Stadt Bochum darf ebenso nicht in Vergessenheit geraten wie die Opfer, die fernab ihrer Heimat in Bo­chum den Tod fanden.«

Ein Bochumer Konzentrationslager – Geschichte des Buchenwald-Außenlagers des Bochumer Vereins
Aufsätze, Fotos, Dokumente
Herausgeber Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
(VVN-BdA) – Kreisvereinigung Bochum
112 S., Format A5, ISBN: 978-3-931999-25-4, 7.50 €
2. Auflage 2022


Ein Gedanke zu “Ein Bochumer Konzentrationslager

  • H. Koch

    Hier eine sehr interessante Geschichte zum Außenlager des KZ-Buchenwald an der Brüllstraße. Die Brüllstraße befand sich in der Nähe des Heusnerviertels. Dort hatte das Heusnerviertel eine kurze Zeit das „Erste Hausbesetzermuseum“ eingerichtet.
    Auf diesen Artikel stieß ich bei meiner Recherche zu den Hausbesetzungen.

    Unsere sieben Monate in Buchenwald

    Lewis Schloss und Herman Neudorf aus Gelsenkirchen-Horst und Trude Schloss, geborene Ullmann überlebten Riga, Stutthof und Buchenwald. Lewis Schloss gelang zusammen mit seinem Vater Max am 16. März 1945 mit Hilfe des deutschen Vorarbeiters Heinrich Hoppe die Flucht aus dem Außenlager des KZ Buchenwald beim Bochumer Verein (Lager an der Brüllstrasse)
    Trude Ullmann und Lewis Schloss lernten sich im KZ Riga-Kaiserwald kennen. Lewis hatte Buchweizen organisiert, „befreit“, wie er es nannte, und bot Trude davon an. „Ich mochte ihn, weil er mir etwas zu essen gab“, sagte sie mit einem wissenden Lachen. „Wir waren befreundet“. Lewis Schloss wurde später nach Buchenwald verlegt. Nach ihrer Befreiung aus Buchenwald, während einer Reise nach Stuttgart, traf Trude Ullmann eine Frau aus Lewis Schloss‘ Heimatstadt Gelsenkirchen. Sie gab der Frau einen Zettel für Lewis mit, auf dem stand nur: „Ich lebe, ich warte in Stuttgart“. Knapp ein Jahr später fand Lewis sie dort. „Geh mit mir“ sagte er ihr damals, „Wir werden heiraten“.
    Die Hochzeit fand noch vor der Emigration statt. Am 10/11. Mai 1946 ging das Ehepaar Schloss in Bremerhaven an Bord der „SS Marine Flasher“, am 20 Mai erreichte das Schiff New York. Nach der Emigration änderte Ludwig Richard Schloss seinen Namen in Lewis R. Schloss. Lewis Schloss starb am 1. Juli 2000 im Alter von 79 Jahren an Krebs. Trude lebt heute in einem Pflegeheim in den USA.

    http://www.gelsenzentrum.de/lutz_schloss_buchenwald.htm

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