Sonntag 05.12.21, 18:10 Uhr
Beitrag des Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen am 4. 12. 21 auf der Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz

„Wir werden weiterhin laut auf die Straße gehen“


Liebe Alle*,
ich stehe hier stellvertretend für den Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen Bochum. Ich bin so froh, dass in Bochum ein weiteres mal ein so wichtiger Protest gegen das Versammlungsgesetz stattfindet. Wir kämpfen alle seit Monaten gegen das Gesetz und jedes Mal stelle ich mir die Frage: Wovor hat die Landesregierung eigentlich Angst? Und ich glaube, wir alle kennen die Antwort!

Das baldige Gesetz stellt eine massive Gefahr für die linke Zivilgesellschaft und linke Strukturen dar, die keine Lust auf Faschist*innen und Rassist*innen haben, die gegen die Klimakrise und die soziale Ungleichheit in diesem Land kämpfen. Und diese Gefahr und Kriminalisierung seitens der FDP und CDU setzt an unterschiedlichen Stellen statt und ich möchte auf drei Bereiche eingehen:

Strafrechtlich relevante Bereiche werden mit unter anderem unbestimmten Rechtsbegriffen ausgeweitet und Teilnehmer*innen von Versammlungen können sich nicht sicher sein, wann sie sich in einem solchen befinden. Dies fängt beispielsweise bei der Regulierung von Kleidung an und zieht sich durch viele weitere andere Normen. Wenn die Entscheidung über die strafrechtliche Ahndung von der Willkür der Polizei abhängt, bleibt dennoch jedes Mal die Angst vor Repressionen. Und wir haben keine Lust drauf! Wir wollen unbeschwerte Teilnahmen an Versammlungen ohne Angst vor Repressionen und staatlichen Eingriffen!

Zusätzlich ist aber in dem Entwurf ein weitreichendes Störungsverbot vorgesehen. Demnach soll der Aufruf zur Gegendemonstrationen und friedliche Sitzblockaden schon als Störung kategorisiert werden und mit hohen Strafen geahndet werden. Für uns ist aber klar: Wir alle werden unsere Arbeit nicht einschränken lassen! Wir werden weiterhin laut gegen Faschismus, Antisemitismus, Rassismus und jede Art der Menschenfeindlichkeit auf die Straße zu gehen. Wir lassen unsere legitimen Kämpfe nicht kriminalisieren und die Landesregierung und die Sicherheitsbehörden sollten mal ihr blindes rechtes Auge öffnen!

Zuletzt ist leider aber auch vorgesehen, dass der Name der veranstaltenden Person bei der Einladung zu der Versammlung öffentlich anzugeben ist. Dass Nazis nicht mal mehr Arbeit und Mühe reinstecken müssen, um Namen und Adressen für ihre Todeslisten zu bekommen, ist einfach Scheiße und ich habe darauf echt keine Lust! Die Landesregierung ist zu nichts zu gebrauchen und zeigt damit ganz offen, dass sie noch nicht einmal willens sind, marginalisierte und rassifizierte Personen zu schützen. Wenn wir uns und unsere Freund*innen nicht mal mehr schützen dürfen, dann wird es niemand tun!

Dieses Gesetz macht mich traurig und wütend. Wenn jetzt schon teilweise willkürlich in Versammlungen von der Polizei eingegriffen wird, FINTA Personen übergriffiges Verhalten durchstehen müssen und in Gullideckel pinkeln müssen, Menschen zusammengeschlagen werden, weil sie falsch angezogen sind oder sowieso schon rassifizierte Personen sind, dann will ich mir eigentlich nicht vorstellen, wie es mit dem Gesetz wird.

Wir werden aber weiterkämpfen. Auch wenn das Gesetz beschlossen ist. Aus Selbstschutz und für die Welt der Freien und Gleichen. Alerta!