Freitag 01.10.21, 21:38 Uhr
Flüchtlingsrat NRW mahnt zum Tag des Flüchtlings 2021:

Genfer Flüchtlingskonvention lückenlos umsetzen!


Zum heutigen Tag des Flüchtlings fordert der Flüchtlingsrat NRW von der nordrhein-westfälischen Landesregierung und der künftigen Bundesregierung eine menschen- und völkerrechtskonforme Flüchtlingspolitik und erklärt: »2021 markiert nicht nur den Beginn einer neuen Legislaturperiode im Bundestag. In diesem Jahr begehen wir auch das 70-jährige Jubiläum der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Verabschiedet angesichts der massiven Fluchtbewegungen infolge des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, ist die Konvention bis heute eine unverzichtbare Grundlage des internationalen Flüchtlingsschutzes. Jedoch wird sie von Bund und Land nur unvollständig umgesetzt. 

Ein Beispiel: Artikel 26 der GFK garantiert Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit in ihrem Aufnahmeland. In Deutschland müssen Flüchtlinge, die ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig sichern können, nach ihrer Anerkennung aber bis zu drei Jahre in dem Bundesland wohnen, in dem sie das Asylverfahren durchlaufen haben. In NRW werden sie sogar einer bestimmten Kommune zugewiesen. Diese kleinräumige Wohnsitzregelung verstößt nicht nur gegen die GFK, sie wirkt sich auch nachteilig auf die Arbeitsmarktintegration und die Wohnverhältnisse aus. Das belegt unter anderem eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom Januar 2020.

„Von der nächsten Bundesregierung erwarten wir die vollständige Abschaffung der Wohnsitzregelung“, sagt Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW. „Bis dahin muss die Landesregierung Flüchtlinge wenigstens den Wohnort innerhalb von NRW frei wählen lassen, so wie es bundesweit fast überall praktiziert wird.“

Um durch Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die in der GFK verbrieften Rechte in Anspruch nehmen zu können, bedarf es zunächst eines fairen Asylverfahrens. Die Rahmenbedingungen haben sich für Asylsuchende in den letzten Jahren durch zahlreiche gesetzliche Regelungen indes noch einmal deutlich verschärft. „Asylsuchende müssen die Möglichkeit haben, sich mit Unterstützung von Fachberatungsstellen, Rechtsanwältinnen und Ehrenamtlichen gründlich auf die Anhörung vorzubereiten und notwendige Atteste und andere Belege zu beschaffen, um ihr Verfolgungsschicksal glaubhaft machen zu können“, betont Birgit Naujoks.

Stattdessen werden sie bis zu 18 Monate lang in Aufnahmeeinrichtungen isoliert. Das erschwert den Zugang zu unabhängiger Beratung und zivilgesellschaftlichem Beistand. Traumatisierungen und weitere besondere Schutzbedarfe werden in den Massenunterkünften oft zu spät oder gar nicht erkannt.

„Wir fordern Bund und Länder auf, umgehend ein bedarfsgerechtes Aufnahmesystem zu gestalten“, so Birgit Naujoks. „Die aus der GFK folgende Verantwortung für Schutzsuchende besteht nicht erst nach einem positiven Asylbescheid, sondern von Anfang an!“«