Montag 13.09.21, 15:06 Uhr
Rede von Norbert Kozicki am 12. 9. 2021 auf der Gedenkveranstaltung an die ermordeten Widerstandskämpfer gegen den Faschismus und Krieg

Das Verhängnis begann nicht am 30. Januar 1933 und endete am 8. Mai 1945 nicht


Liebe Freundinnen und Freunde!

wir gedenken heute

  • der 225 000 deutschen Frauen und Männer, die allein bis zu Kriegsbeginn von der Nazi-Justiz zu 600 000 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurden und der bis zu diesem Zeitpunkt in 86 Massenprozessen angeklagten Mitglieder demokratischer Widerstandsgruppen.

Wir gedenken

  • der 15 896 Opfer der NS-Justiz, an denen in der Zeit von 1940 bis 1945 – nach einer geheimen Mitteilung des damaligen Ministers Thierack – die Todesstrafe vollzogen wurde und der 6000 deutschen Soldaten, die im gleichen Zeitraum nach dem Militärstrafrecht zumTode verurteilt und hingerichtet wurden.
  • der von den Nationalsozialisten ermordeten 6 093 000 jüdischen Kinder, Frauen und Männer

– es waren dies 73,4 Prozent der 1938 in Europa lebenden Juden.

  • der 250 000 nichtjüdischen Häftlinge, die zwischen 1933 und 1945 in den deutschen Konzentrationslagern ihr Leben lassen mussten.
  • derer, die im weiteren Sinne Opfer der Hitlerschen Kriegspolitik geworden sind, der getöteten Soldaten, der Vermissten, derer die durch Bombenangriffe ums Leben kamen.
  • der 54 800 000 Menschen, die in der Zeit von 1939 bis 1945 in dem von Hitler und den deutschen Militaristen entfesselten Krieg umkamen.
    Das waren die zusammengetragenen Zahlen aus einer Rede unseres Friedensfreundes Ulli Sander. Mehr als beeindruckende Zahlen, hinter denen sich menschliche Schicksale verbergen.

Das Verhängnis begann nicht am 30. Januar 1933 und endete nicht am 8. Mai 1945. Unsere vor einigen Tagen verstorbene Freundin Ester Bejarano stellte immer wieder beharrlich fest: es gab nach 1945 keine Entnazifizierung.

Aus der Sicht unserer aktuellen Forschung zu den Freikorps und militaristisch-antisemitischen Bewegungen nach der Novemberrevolution von 1918 stellen Klaus Gietinger und ich fest, dass der Samen des deutschen Faschismus bereits beim Rückzug der sich auflösenden kaiserlichen Armee von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs gesät wurde.

Während der Diskussionen im deutschen Hauptquartier in Spa in Belgien über das weitere Schicksal von Kaiser Wilhelm Hohenzollern entwickelten Generalstabsoffiziere um einen damaligen Major mit Namen Kurt von Schleicher (später kurzfristig Reichskanzler) die Idee der Freikorps.

Diese Idee der Freikorpsbildung basierte auf der Tatsache, dass sich das kaiserliche Heer fast aufgelöst hatte und die revolutionären Soldatenräte im Rest-Heer und in der Rest-Marine praktisch das Kommando übernommen hatten. Im Klartext: die Generalität, die Admiralität und die nachgeordneten Offiziere als Träger des Militarismus hatten im revolutionären Deutschland für einige Monate nichts mehr zu sagen.

Die Freikorps, die sich u.a. in Westfalen mit Unterstützung des Wehrkreiskommandos in Münster gebildet hatten, unterstanden nicht der Kontrolle der Soldatenräte. In diesen Freikorps, häufig von adligen Generalstabsoffizieren nach dem Schock über die Flucht des geliebten Kaisers nach Holland gebildet, sammelten sich die monarchistisch-reaktionären Kräfte, die bereits durch und durch antisemitisch geprägt waren und Rache an den sogenannten Novemberverbrechern nehmen wollten.

Am 7. Januar 1919 riefen die Sozialdemokraten Friedrich Ebert und Gustav Noske zu weiteren Gründungen von Freikorps und zur Meldung von Freiwilligen auf. Nach dem Austritt der USPD aus dem Rat der Volksbeauftragten konnten die Sozialdemokraten Ebert und Noske den Pakt mit dem reaktionären deutschen Militarismus weiter ausbauen.

Der Einsatz der neuen Wunderwaffe aus dem Ersten Weltkrieg, das Maschinengewehr, wurde zur präventiven Maßnahme gegen die Streiks und Demonstrationen der Arbeiterklasse. Am 6. Dezember 1918 keine vier Wochen nach dem Beginn der Novemberrevolution das erste Mal in Berlin, am 6. Januar 1919 das zweite Mal in Lipine/Schlesien durch das Freikorps Aulock, dass im April 1920 im Kampf gegen die Rote Ruhr-Armee für die Massenmorde von Haltern und für den verbrecherischen Terror in Recklinghausen verantwortlich war.

Diese Freikorps waren nicht nur antisemitisch ausgerichtet. Es galt die ideologische Formel: die Juden sind der Träger des Bolschewismus, also müssen die Juden vernichtet werden. Unter „Bolschewismus“ verstanden diese Präfaschisten die gesamte politische Linke, inklusive der SPD. Das wird aus den heute verfügbaren Archivunterlagen nachweisbar. Und von derselben SPD wurden diese Freikorpssöldner gegen die Streiks der Berg- und Hüttenarbeiter sowie gegen die Eisenbahnerstreiks, gegen die USPD, gegen die KPD, gegen Anarchisten und Syndikalisten eingesetzt.

Spätestens im Kapp-Lüttwitz-Ludendorff-Putsch am 13. März 1920 wurde der präfaschistische Charakter der Freikorps deutlich: Die Freikorpssöldner trugen am Stahlhelm das Hakenkreuz, auf den Zügen der bayerischen Truppen während der Anreise zum Terror gegen die Rote Ruhr-Armee fand man auch dieses altgermanische Zeichen.

Einige bürgerliche Historiker verharmlosen in ihren Darstellungen der Ereignisse um den konterrevolutionären Putsch vom März 1920 die Verwendung des Hakenkreuzes. In den von mir eingesehenen Unterlagen im Bundesarchiv konnte ich persönliche Post aus den Freikorps lesen: Das Hakenkreuz bedeutete bereits 1920 „Tod den Juden“.

Weiterhin waren viele ideologische Elemente des deutschen Faschismus in diesen Freikorps wirksam: die Volksgemeinschaft, der Führerkult, die Manneszucht, die entsprechende Brutalität, etc.

Diese von der SPD-Spitze um Ebert und Noske eingesetzten Freikorps bildeten die Keimzellen der faschistischen Bewegung in Deutschland. Bereits 1952 erschien in den USA ein umfassendes Buch zu diesen Freikorps mit dem Titel „Vanguard of Nazism“ von Robert Waite.

Wir müssen bei unseren Betrachtungen der Entwicklung des deutschen Faschismus noch weiter zurückblicken. In der Überschrift eines von mir verfassten Artikels stellte ich die Frage „Was verbindet die Kämpfer der Herero und Nama von 1904 in Südwest Afrika mit den Kämpfern der Roten Ruhr-Armee?“

In den Jahren 1904 und 1905 handelte der deutsche Imperialismus mit menschenverachtenden Schießbefehlen, mit der Errichtung von Konzentrationslagern und mit der Vernichtung der Menschen über Wasserentzug in den Wüstengebieten. An diesen Terroraktionen waren Offiziere beteiligt, die in den Jahren 1919 und 1920 bei der Bekämpfung des sogenannten „Inneren Feindes“ eine wesentliche Rolle spielten.
Der deutsche Militarismus probte schon den Vernichtungskrieg, der später in der Sowjetunion systematisch praktiziert wurde.

Ich will hier nur einen Offizier von 1904 herausgreifen: Wilhelm Faupel, vom Jahrgang 1873, Freikorpsführer 1919 in Görlitz/Schlesien gegen die Bergarbeiterstreiks, 1920 Brigadekommandeur der Freikorps im Ruhrgebiet im Raum Haltern, Recklinghausen, Herne und Gelsenkirchen gegen die Rote Ruhr-Armee, während der 1920er Jahre Militärberater in Südamerika, Herausgeber einer Fachzeitschrift zum Militarismus in spanischer Sprache mit dem Abonnenten Augusto Pinochet, dem chilenischen Putschgeneral vom 11. September 1973, während des Spanischen Bürgerkriegs Erster Botschafter von Hitler beim spanischen Führer Franco, Selbstmord am 1. Mai 1945, einige Stunden nach Hitlers Selbstmord.

Ein weiterer Offizier bei den Terrortruppen in Deutsch Südwest-Afrika war ein gewisser Oberleutnant Epp. 1920 tauchte der mittlerweile geadelte Freikorpsführer mit seinem Freikorps auf Befehl der von der SPD geführten Reichsregierung im Ruhrgebiet auf, um die Rote Ruhr-Armee zu zerschlagen, die gerade ihren Beitrag zur Rettung der verfassungsmäßigen Regierung unter Friedrich Ebert geleistet hatte.
Einige Monate früher im Mai 1919 erledigte Epp mit anderen konterrevolutionären Truppen auftragsgemäß im Sinne von Bluthund Noske die Bayerische Räterepublik mit einer äußersten Brutalität und über 2.000 Toten. Gefangene wurden z.B. mit gezündeten Handgranaten im Mund getötet, ohne Verhandlungen vor einem Standgericht. Und wiederum erprobten die Präfaschisten die mörderischen Praktiken des Vernichtungskrieges des Zweiten Weltkriegs.

Nach der Zerschlagung der Räterepublik entwickelte sich München zu einer Brutstätte des Faschismus, in der ein Reichswehrspitzel des Münchener Wehrkreiskommando seinen Resonanzboden fand, ein gewisser Adolf Hitler.

Oberst Freiherr von Epp stellte im Frühjahr 1919 mit wesentlicher Unterstützung von Noske sein Freikorps auf. Mitkämpfer in seinem Freikorps waren u.a. Ernst Röhm (SA-Führer bis 1934), Rudolf Heß (Hitlers Stellvertreter), Hans Frank (Generalgouverneur in Polen), Oskar Dirlewanger (SS-Oberführer und Massenmörder) und Eduard Dietl (Generaloberst der Wehrmacht, Oberbefehlshaber Nord). Das sind nur fünf Namen von einer langen Liste der NSDAP-Mitglieder aus dem Freikorps Epp, die im deutschen Faschismus als SS-Generäle, Wehrmachtsoffiziere oder Lagerführer in KZs unterwegs waren. Von 123 SS-Generälen kamen 75 Generäle aus den Freikorps. Von den höchsten SS-Generälen, den SS-Oberstgruppenführer, kamen zu 100 Prozent aus diesen Freikorps.

Letztgenannter Eduard Dietl war bereits 1919 Mitglied der DAP, die sich im Februar 1920 in NSDAP umbenannte. Dietl kommandierte im April 1920 im Raum Hamm/Dortmund eine Kompanie des Freikorps Epp. Am 1. Mai 1920 gründete sich während der Besetzung in Dortmund die erste Ortsgruppe der NSDAP im Ruhrgebiet. Gründer: Wilhelm Ohnesorge, persönlich mit Hitler bekannt, Goldenes Parteiabzeichen, von 1937 bis 1945 Reichspostministers. Man darf vermuten, dass hier die NSDAP-Mitglieder des Freikorps Epp „Schützenhilfe“ zur Parteigründung geliefert haben.

Freikorpsführer Epp zeichnete verantwortlich für die über 300 Toten der Roten Ruhr-Armee in der Gegend von Pelkum bei Hamm. Er verantwortete auch den Terror gegen die Bochumer Arbeiterschaft mit etlichen Toten nach dem Einmarsch in Bochum.

Eine geradezu penetrante Spur von Antisemitismus zog die Brigade Epp durch das Revier (Hamm, Dortmund, Bochum). Hakenkreuze auf Häuserwänden, Schaufenstern und auf den Eckpfeilern am Eingang der Synagoge; Verteilung antisemitischer Flugblätter, Prügeleien in Lokalen mit jüdisch aussehenden Gästen, ein Offizier erscheint in der Redaktion des liberalen Lokalblatts und ohrfeigt einen Redakteur; zu einem späteren Zeitpunkt rote Hakenkreuze auf jüdischen Grabsteinen und das Auftauchen von Gerüchten über Ritualmorde der Juden…Soldaten äußern, es sei ihnen verboten, bei Juden zu kaufen und ihre Aufgabe hier sei, Kommunisten und Juden, was dasselbe bedeute, „auszurotten“.
Diese Truppe probte bereits 1920 eine Form der Reichspogromnacht.

Acht Monate nach dem Massenmord von Pelkum und den antisemitischen Ausschreitungen im Ruhrgebiet sorgte Epp als Kapp-Putschist und Präfaschist dafür, dass die NSDAP und Hitler in München ihre erste eigene Zeitung am 16. Dezember 1920 bekamen. Nach 1933 ernannte Hitler Epp zum Reichsstatthalter von Bayern.

1939 erschien im Zentralverlag der NSDAP eine Biographie über Epp mit dem Titel „Ein Leben für Deutschland“. Dort liest man über den sogenannten „Befreier des Ruhrgebiets“ Folgendes:

„…Für den Kauf des Völkischen Beobachters musste eine hohe Summe aufgebracht werden, es waren nicht weniger als 120.000 Mark. Da die Partei über derartige Summe nicht verfügte, mussten gute Freunde helfen. In später Nachtstunde des 16. Dezembers 1920 fasste Adolf Hitler den Entschluss zum Kauf, und der erste, der ihm hier bei helfend zur Seite trat, war General Franz Ritter von Epp. Der bekannte Kommandeur, der seine ruhmreiche Truppe unversehrt von der Revolution in die Heimat zurückgeführt hatte, der im Mai 1919 mit seinem Freikorps die Münchener Räterepublik niederschlug und der 1920 wieder mit seinem Freikorps ins Ruhrgebiet zog, um auch dort die rote Flut einzudämmen, hatte die junge Bewegung Adolf Hitlers von Anfang an als eine Zukunftshoffnung und Adolf Hitler selbst als den kommenden Führer erkannt.“

Über 80 Prozent des Militärs, das die Regierung im Ruhrgebiet gegen die Rote Ruhr-Armee einsetzte, waren Kapp-Putsch-Truppen, gegen die die Rote Ruhr-Armee die verfassungsmäßige Regierung unter Friedrich Ebert gerettet hatte. Die Hauptforderung der vereinten Arbeiterschaft im Ruhrgebiet war die Entwaffnung des reaktionären Militärs, die Ausrottung des Militarismus und die Entlassung der Putschtruppen.

Als junger Mann hatte ich die Gelegenheit den ehemaligen Instrukteur der KPD des Widerstands im Raum Gelsenkirchen/Wanne-Eickel von 1935 zu interviewen. Nebenbei erzählte er von einer Anekdote vom Zentrumspolitiker Joseph Wirth. Dieser berichtete, dass Wirth bereits 1922 vom Reichspräsidenten Ebert mit Hilfe des legendären Artikels 48 zum Reichskanzler bestimmt wurde.

Konkret: Vom 1. April 1919 bis zum 17. Juni 1920 – fast 15 Monate – herrschte im Ruhrgebiet zum Beginn der Weimarer Demokratie der Belagerungszustand. Ab dem 11. Januar 1920 nach der Verabschiedung der Weimarer Verfassung der Ausnahmezustand nach Artikel 48 wegen eines Eisenbahnerstreiks. Vorher bezog sich die Verhängung des Belagerungszustandes auf ein uraltes Gesetz von Preußen aus dem Jahr 1851. Die Folge der Verhängung des Belagerungszustandes bzw. Ausnahmezustand war die Außerkraftsetzung der demokratischen Grundrechte.

Dieser Vorgang vollzog sich unter dem sozialdemokratischen Reichspräsidenten Ebert und der SPD-geführten Reichsregierung bis zur Reichstagswahl am 6. Juni 1920 nicht nur im Ruhrgebiet. Insgesamt verhängte Friedrich Ebert 133 Mal den Belagerungs-/Ausnahmezustand mit dem Aussetzen der demokratischen Grundrechte und beim verschärften Ausnahmezustand mit der Einsetzung von militärischen Standgerichten und der Verhängung der Todesstrafe durch Erschießen.

Ein Beispiel für ein Todesurteils eines Standgerichts des Sturm-Bataillons unter dem Kommando des Kriegsverbrechers Arnauld de la Perrière der Marinebrigade Loewenfeld in Bottrop vom 6. April 1920.

Ich zitiere: „G. ist durch eigenes Verständnis überführt, dass er zwischen dem 22. und 25. März eine, nach seiner Angabe noch waffenlose Abteilung, von etwa 20 Mann zur Gefechtsfront nach Dinslaken gebracht hat, und dass er mehrere Tage bei der Gefechtsleitung gewesen ist. Seine Aussage, dass er sich dort nur als Zuschauer aufgehalten habe, ist unglaubwürdig. Aus seiner Vergangenheit geht hervor, dass es nicht seine Gewohnheit ist, bei solchen Anlässen, die Rolle des Zuschauers zu spielen. Das Standgericht erkennt auf Todesstrafe.“

Das Standgericht bestand aus einem Offizier, einem Unteroffizier und einen Gefreiten. Zeugen und Beweismittel gab es nicht. Kriegsverbrecher und Bataillonskommandeur Perrière vermerkte handschriftlich: „Das Urteil ist sofort zu vollstrecken.“ Reichspräsident Ebert (SPD) bestätigte auch Todesurteile der Standgerichte, wo es angeordnet wurde. Für diesen Vorgang wurde Ebert aus der Gewerkschaft ausgeschlossen. Seit 1891 forderte die SPD im Erfurter Programm ein Verbot der Todesstrafe. Davon war nun keine Rede mehr.

Bei der Verhängung des Ausnahmezustandes nach Artikel 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung durch den „Ersatz-Kaiser“, dem Reichspräsidenten Ebert, ging die vollziehende politische Gewalt auf den Reichswehrminister über, der seinerseits die vollziehende Gewalt an den zuständigen Militäroberbefehlshaber weiter delegierte. Fürs Ruhrgebiet war das der General Freiherr von Watter vom Wehrbereichskommando VI in Münster, der ebenfalls beim Völkermord an den Herrero und Nama 1904 in Afrika beteiligt war.

Die Reichstagswahl am 6. Juni 1920 fand unter der Bedingung des Ausnahmezustandes statt. D.h. zu diesem Zeitpunkt waren Tausende von Arbeitern und Gewerkschaftern inhaftiert, mit und ohne Haftbefehl. Es gab bereits das faschistische Instrument der Schutzhaft. Wer nicht soviel Glück hatte, wurde kurzerhand an die Wand gestellt oder „auf der Flucht erschossen“.
Die USPD sprach angesichts dieser undemokratischen Zustände zum Beginn der Weimarer Republik von einer Militärdiktatur. Auch bürgerliche Juristen scheuen sich nicht, diesen hier in aller Kürze dargestellten Sachverhalt unter einer SPD-geführten Regierung zum Beginn der Weimarer Demokratie begrifflich so zu benennen, Militärdiktatur.

Der Einsatz der Freikorps gegen die gesamte politische Linke mit den Schießbefehlen eines Noskes und der Militärs bilden Meilensteine auf dem Weg in den Faschismus. Julian Borchardt, ein deutscher Sozialist, stellte in seiner Schrift „Kassandrarufe“ aus dem Jahr 1919 fest: „In vier Monaten (seit November 1918) hat die Revolutions-Regierung mehr auf das Volk schießen lassen als die Hohenzollern in vier Jahrhunderten!“

Liebe Freundinnen und Freunde,

diese hier in aller Kürze vorgetragenen historischen Tatsachen zeigen, dass es u.a. unsere vordringliche Aufgabe ist, die Bildung von faschistischen Netzwerken in der Bundeswehr und in den unterschiedlichen Polizeieinheiten genau zu beobachten und zu bekämpfen.
Die aktuellen Vorgänge um das Scheitern des NATO-Einsatzes in Afghanistan verdeutlichen, wie in diesem Land von Seiten der Herrschenden und den Trägern des modernen Militarismus gelogen und betrogen wird. Wir wissen schon lange, dass jeder Krieg und ich möchte ergänzen, jeder Militäreinsatz mit einer Lüge beginnt.
Hier an den Gräbern der Ermordeten bekennen wir, dass Faschismus, Militarismus und Krieg nicht wieder sein darf.
Mit unserer Anwesenheit ehren wir hier und heute folgende Widerstandskämpfer gegen den Faschismus und Krieg:
Johann Schmittfranz
Josef Langner
Wilhelm Thiesbürger
Moritz Pöppe
Friedrich Hämberg
Wilhelm Schpenk
Bernhard Nast
Erich Schröder

Ich bitte um eine Gedenkminute.

Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.