Sonntag 04.07.21, 11:36 Uhr
Demonstration am 3. 7. 2021: Solidarisch und entschlossen gegen „Querdenken“, Antisemitismus und Nazis!

Redebeitrag des Revolutionären Jugendbundes


[So. Ich hoffe ihr hört mich alle gut – ich hoffe, dass auch die Leute auf dem Kirmesplatz weit die Ohren spitzen und sich frei machen für fundierte und sachgerechte Kritik statt den längst überführten und widerlegten Ammenmärchen weiter Glauben zu schenken, die euch auch heute auf eurer Bühne wieder präsentiert werden und grundlegend zur Gefährdung von wissenschaftlichem Konsens und anerkannten Fakten führen.] Als Revolutionärer Jugendbund nehmen auch wir die Polarisierung und Gefahr der bundesweit vorhandenen und heute auch hier wieder in Erscheinung tretendenen Querdenker-Szene wahr. Wir verurteilen ihre aktive Stärkung von rechtsextremen Netzwerken, von dem sie selbst integraler Bestandteil sind, aufs schärfste.

Die leitenden Funktionäre der Querdenker sowie letztlich all ihre Mitglieder tragen mit zur aktiven Spaltung der Gesellschaft bei – und das gewollt. Auch knapp anderthalb Jahre später wird die Querdenker-Bewegung noch immer als ein Sammelbecken von verschiedensten Menschen betrachtet und verstanden – Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Reichsbürger, Rechtsextreme, Esoteriker und viele mehr. Was hier aber immer noch nicht ganz klar zu sein scheint – ist die Taktik, die alle Leute dort miteinander verbindet, vereint und letztenendes so gefährlich macht. Was nach Außen hin mehrheitlich wie indivualistische Demokratiefeindlichkeit wirken mag, kann ganz klar und offen als sogenannte Querfront-Strategie bezeichnet und auf alle Mitglieder dort übertragen werden. Diese Querfront-Taktik ist dabei jedoch alles andere als neu oder selten – mit dem Bestreben, eine breite gesellschaftliche Akzeptanz zu erzielen, wird heute wie z.B. auch schon damals nach der Novemberrevolution 1918 ganz gezielt versucht, breite Bündnisse aus offen rechten und linken Strukturen zu bilden. Das eigentlich gegensätzliche wird so vor dem Hintergrund eines gemeinsam erklärten Feindbildes versucht zu vereinen. So wie es auch in einer 2019 erschienenen Denkschrift der CDU heißt: „Man verbinde also das Nationale mit dem Sozialen.“ Was da wohl bei heraus kommt? – Ein kurzer Blick in die Geschichte sollte uns lehren und aufsässig werden lassen!

Bei den Querdenkern ist das Feindbild nach außen hin das Corona-Management und der Kapitalismus. Substanziell tritt deren scheinbare Kapitalismuskritik jedoch durch unwissenschaftliche und wilde Hetze als antisemitische Dolchstoßlegende zahlreich v.a. auf Homepages und den sozialen Netzwerken in Erscheinung. Wie haltbar ihr scheinbares Interesse an der Bevölkerung wirklich ist wird auch dadurch deutlich, wie Sie mit der berechtigten Kritik der Massen gegenüber dem Krisenmanagement der Bundesregierung umgeht. So heißt es in der von Sebastian Friebel unter dem Titel „Wie soll es weitergehen?“ veröffentlichten Broschüre: „Ich schreibe diesen Bericht in aufrichtiger Sorge um die Sicherheit, die Freiheit sowie den Wohlstand von uns allen“. Es sei zu erwähnen, dass Friebel kein unbeschriebenes Blatt in der Querdenken- Bewegung ist, zugleich ist er inoffizieller Mitarbeiter der AfD. Wer ist hier mit Sicherheit, Freiheit und Wohlstand wohl gemeint? Es sind sicher nicht die ArbeiterInnen und Werktätigen, sondern diese Worte richten sich ganz klar an die liberale Unternehmerklasse! Diese Querfront-Strategie speist sich in vollstem Umfang vor allem aus Täuschung und Tarnung.

Welche Tragweite die Querfront inzwischen hat, lässt sich auch anhand der AfD messen. Als ohnehin bekannter und bekennender Wegbereiter des Faschismus sind zahlreiche Mitglieder und Vorsitzende der AfD nicht nur regelmäßiger Bestandteil auf Veranstaltungen wie der heutigen, sie sind auch fest in der Bewegung von Querdenken und bei den Corona-Rebellen verankert und tragen ganz maßgeblich mit zur bisherigen und künftigen Dynamik dieser Querfront bei. Somit ist die Alternative für Deutschland nicht einfach nur Beiwerk, nein, sie ist parteipolitischer und parlamentarischer Arm der Querdenker.

Es zeigt sich, dass die neofaschistische Querfront-Strategie umfangreichen Zuspruch erhält, nicht umsonst bedient sich z.B. auch die AfD bereits seit Jahren an ihr. Als Bewegung, die sich mit dem Pandemiemanagement auseinandersetzt, sollte das auch nicht weiter verwunderlich sein. Was sollten wir daraus schließen? Wenn wir wirklich wollen, dass Querdenken und Co. der Garaus gemacht wird, dann sollten wir aus unserer in den Alltag hineingetragenen Filterblase herauskommen und einen umfassenden Blick in die Massen werfen – und lernen, sie zu verstehen. Kein Tag vergeht, an dem man nicht die Unzufriedenheit der Bürger zu spüren bekommt – und das, obwohl die Pandemie seit nunmehr anderthalb Jahren anhält. Aber anstelle den Problemen und Sorgen der Menschen Gehör zu verschaffen, pochen wir am Ende doch eher wieder darauf, dass sich alle zu besinnen und zu arrangieren haben. Dabei kommt der Frust und die Unzufriedenheit in den Massen nicht von ungefähr – denn letztenendes sind wir es alle, auf die die Regierung ihre Krisenlasten abwälzt, um dem Profitinteresse der Monopole und der vergleichsweise kleinen Zahl an Kapitalisten gerecht zu werden und damit einhergehend weitere ausbeuterische Freiheiten ermöglicht. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hatte bereits vor einem Jahr dem BDI und dem BDA versichert, die „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ zu erhalten – der Tod von inzwischen über 90 000 Menschen bundesweit ist offenbar ein zu akzeptierendes, unglückliches Beiwerk. Um diesem Versprechen Folge leisten zu können, wurde und wird schon lange im Voraus geplant – nicht umsonst soll das Renteneintrittsalter auf 68 oder 70 erhöht werden, die Inflationsrate bis auf 4 % bis zum Ende dieses Jahres steigen, dogmatisches Festhalten am Patentrecht fortgesetzt und die Ignoranz gegenüber der Kinder und Jugendlichen auf ganzer Linie beibehalten werden – um nur einige Auswirkungen zu nennen.

Auch das kommende NRW-Versammlungsgesetz und der Drohung von Niedersachsens SPD-Innenminister Boris Pistorius, letztlich alle antifaschistischen Organisationen zu verbieten, wird aktiv als Strategie zur Etablierung und Unterordnung eines jeden Bürgers gegenüber dem Systemkonformismus genutzt, um den Neoliberalismus und die Neoklassik als Staatsräson weiter zu erzwingen und zu etablieren. Um das zu erreichen, wird mit den inzwischen als Freiheiten bezeichneten Grundrechten der arbeitenden Klasse immer wieder gefeilscht, um Kritik und Protest ganz gezielt in Schach zu halten – denn mit Impfung und Urlaub sind die Probleme ja aus der Welt. Die Pandemie darf nicht einzig für sich betrachtet werden, sondern sie muss ganz bewusst als ein Umstand verstanden werden, den der staatliche Monopolkapitalismus so für sich zu nutzen versucht, um auch hier weitere Profite zu schlagen. Oder um es mit den Worten von Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft zu sagen: „Deshalb müssen wir ein gewisses Gesundheitsrisiko und leider auch eine gewisse Sterblichkeit hinnehmen, um dauerhaft zur Normalität zurückkehren zu können.“

Es sollte klar sein, dass an diesem Punkt eine Zero Covid-Strategie nicht die Probleme lösen kann, die wir z.B. auch dort drüben erkennen können. Wir müssen verstehen, dass wir sowohl eine neofaschistische Querfront-Strategie wie bei den Querdenkern, einem gescheiterten Krisenmanagement der Bundesregierung sowie der weiteren Rechtsentwicklung in Richtung eines autoritären Staates nur ein Ende bereiten können, wenn wir es zu unserer gemeinsamen Aufgabe machen und endlich beginnen, antikapitalistische Systemkritik auf die Straßen zu bringen.

A-Anti-Anticapitalista! A-A-Anticapitalista!