Sonntag 27.06.21, 10:09 Uhr
Update. Pressemitteilung des Radentscheid

Unterschriftensammlung für den Radendscheid gestartet 3


Die Stadt Bochum hat es geschafft, mehr als 100 Tage darauf zu verwenden, um die gesetzlich vorgeschriebene Kostenplanung für den Radentscheid anzufertigen. Die Organisator:innen des Radentscheids würdigten am gestrigen Samstag diesen Rekord bei ihrer Auftaktveranstaltung und stifteten die „Goldene Schnecke“ für die Stadtverwaltung. Wobei gestern überlegt wurde, die Schnecke nur als Leihgabe zu übergeben. Wahrscheinlich wird es auch in Zukunft weitere Gelegenheiten geben, sie zu verleihen. Großartiges Wetter, der Eiswagen von Kugelpudel und ein buntes Bühnenprogramm sorgten für eine fast überschwängliche Stimmung auf dem Rathausvorplatz. Aus verschiedenen Perspektiven erzählten Befürworter:innen einer anderen Verkehrspolitik, warum der Radentscheid für sie wichtig ist.

Immer wieder wurde betont, dass Radfahren in Bochum angstfrei möglich werden muss. Christina Reinhardt, Radfahrerin und Kanzlerin der Ruhr-Uni, nannte den Campus ein klassisches Beispiel dafür, wie Verkehrspolitik in der Vergangenheit aussah. Radfahren zur Uni oder auf dem Uni-Gelände war überhaupt nicht vorgesehen. Inzwischen gibt es immerhin einen Radweg an der Uni-Straße. An der RUB gibt es erste Maßnahmen, die Autofahrerinnen zwingen, vorsichtiger zu fahren. Der Ausbau einer Radwegstruktur auf dem Campus werde ein gewaltige Aufgabe sein.
Eine Schülerin berichtete, wie froh sie sei, in der Pandemie nicht mit dem überfüllten Schulbus fahren zu müssen. Jeden Tag gibt es mehrere gefährliche Passagen, die sie als Radfahrerin hinter sich bringen muss. Sie versteht, dass Eltern von jüngeren Schüler:innen ihre Kindern lieber mit dem Auto zur Schule bringen. Ein Hartz-IV-Abhängiger schilderte, dass für ihn der ÖPNV nicht bezahlbar ist. Mobilität sei für ihn nur mit dem Fahrrad zu organisieren. Es fehlen aber sichere Verkehrswege.
Auch aus Arbeitgebersicht wurde die Notwendigkeit einer vernünftigen Radverkehrsführung beschrieben. Radfahren ist gesund, benötigt viel weniger Platz für Parkplätze und sorgt für motivierte Beschäftigte. Aus Essen war eine Gruppe von Radfahrer:innen gekommen, die mit ihrer Initiative im letzten Jahr einen erfolgreichen Radentscheid organisiert hatte. Ein Vorbild für Bochum.
Autor, Slammer und Radfahrer Sebastian 23 unterstützt den Radentscheid in Bochum. Mit „In der Blüte der Quadrate“ las er einen Text, der die Zuhörer:innen zum Einmischen agitierte: „Wenn wir die [Scheu-]Klappen nicht aufmachen, dann ist schon heute das Ende von Morgen. Also wollt ihr was ändern, dann lasst euch nicht länger sagen, dass ihr nichts machen dürft.“
Die Aktiven des Radentscheids sind am heutigen Sonntag von 12 – 16 Uhr an drei Infoständen mit Unterschriftenlisten zu finden:

  • an der Kreuzung Springorum Radweg / Querenburger Straße
  • an der Mündung der Erzbahntrasse im Westpark
  • an der Kreuzung Radweg Rheinischer Esel / Dürener Straße

Auf der Webseite des Radentscheids sind bereits mehr als 50 Stellen aufgeführt, wo jetzt und in den nächsten Wochen Unterstützungsunterschriften abgegeben werden können.


Pressemitteilung des Radentscheid:
»RadEntscheid Bochum erfolgreich gestartet

Der RadEntscheid Bochum hat am Samstag mit einer großen Auftaktveranstaltung vor dem Rathaus die Unterschriftensammlung eingeleitet. Kernpunkt war die Vorstellung der sieben Forderungen der Bürgerinitiative. Benedikt Edeler, Vertreter des RadEntscheid Bochum betonte dabei, dass mehr Radwege nicht nur zu mehr Radverkehr führen, sondern sichere Radwege auch die Konflikte zwischen Autofahrer:innen, Radfahrer:innen und Fußgänger:innen reduzieren würden. Insgesamt spiele der Radverkehr eine entscheidende Rolle bei einer sozialen, ökonomischen und ökologischen Verkehrsplanung.

RUB-Kanzlerin mit Vision für bessere Radinfrastruktur

 Christina Reinhardt, Kanzlerin der Ruhr-Universität, forderte in ihrem Redebeitrag eine gute Anbindung für Radfahrer:innen von Mark 51°7 an die Innenstadt. Die Konzepte dazu seien vorhanden und müssten nur umgesetzt werden. Dies werde erhebliche Anstrengungen erfordern, sei aber nötig, damit Bochum eine sichere, attraktive Stadt mit hoher Lebensqualität werde.Mit Björn Ahaus berichtete ein Vertreter aus Essen von dem erfolgreichen Radentscheid aus der Nachbarstadt, der letztes Jahr vom Rat der Stadt Essen angenommen wurde und nun in die Umsetzungsphase tritt. Weitere Redebeiträge wurden stellvertretend für Menschen mit geringen Einkommen, Arbeitgeber*innen, Schüler*innen und Studierende und Eltern gehalten.In einem waren sich alle einig: in Bochum muss einiges getan werden in Sachen Radinfrastruktur.Das Programm wurde durch Kulturbeiträge von Poetry-Slammer Sebastian23 und Sänger Jason Bartsch abgerundet.

„Ab jetzt heisst es sammeln, sammeln, sammeln“

 Am Ende der Veranstaltung wurden die ersten Unterschriftenlisten stellvertretend an einige der knapp 100 verschiedenen Sammelorte im gesamten Stadtgebiet  ausgeliefert. Unterschreiben können alle Wahlberechtigten Bochumer*innen ab 16 Jahren, z.B. in Bäckereien, Restaurants, Kultureinrichtungen, Fahrradläden und sozialen Einrichtungen in ganz Bochum.

„Ab jetzt heisst es sammeln, sammeln, sammeln“ so Benedikt Edeler vom Radentscheid, denn etwa 12.000 Unterschriften sind nötig, damit das Bürgerbegehren erfolgreich ist.

800 Unterschriften am ersten Wochenende

Am ersten Wochende wurden bereits mehr als 800 Unterschriften für den RadEntscheid gesammelt. Neben der Auftaktveranstaltung gab es am Sonntag an den beliebten Freizeittrassen Infostände. So wurden an der Erzbahntrasse, am Springorumweg sowie dem Rheinischen Esel Unterschriften gesammelt und über die Ziele des Radentscheid informiert.

„Wir hätten noch mehr Unterschriften sammeln können, aber leider kamen viele Interessierte aus Dortmund, Herne oder Witten, und durften nicht unterschreiben, obwohl sie sich über unsere Initiative gefreut haben“ berichtet Benedikt Edeler vom Infostand am Rheinischen Esel.«


3 Gedanken zu “Unterschriftensammlung für den Radendscheid gestartet

  • Herman van Veen singt "Kleiner Fratz" 1975

    100 Tage

    Ein Quartal beträgt 90 Tage
    Ein übl -ich er Entscheidungszeitraum
    für betriebswirtschaftliche Entscheidungen
    Städte werden wie kapitalistisch orientierte Unternehmungen geführt
    Politik und Verwaltung müssen ja auch einen Erfolg des Entscheids
    und seine mittel- bis langfristigen betriebswirtschlaftlichen Konsequenzen kalkulativ erfassen

    Die sich nicht mit diesem Verfahren anfreunden können,

    Gründet eine Fahrradguerilla !
    Seit wild und unausstehlich!
    Live fast – die young
    ;-)

    Freiheit für alle

    Fahrradfahrer*innen !
    Und die es werden wollen!
    ;-)

  • Livingston

    Ich stimme Hermans Beitrag im Großen und Ganzen zu. Aber möglicherweise hat sich ein kleiner Fehler in seinem Kommentar reingeschlichen. Soll es nicht statt „Live fast, die young“ richtigerweise „Live fast, die old“ heißen? Ich dachte immer, darum geht im weiteren Sinne.

  • Mona Lisa - Leonardo da Vinci, lacht sie mich an oder aus?

    In Spanien gibt es deutlich weniger Radwege und auch Fahrradfahrer*innen, z.B. auch auf den Balearen.
    Die Autofahrer*innen fahren jedoch erstaunlich zuvorkommend und mit Bedacht wenn sie Radelnde und Gehende sehen.
    Apropo Sehen, nachts mit dem Rad ohne Licht zu fahren scheint auf den Balearen der „normale“ Zustand.
    Ich lieh mir ein Rad auf Ibiza und fragte nach einer Beleuchtung. Der Verleiher schaut mich erstaunt an und sagte sinngemäß auf spanisch: Sie sind der erste Kunde der danach fragt ;-))).
    Am Abend fuhr ich in Ibiza-Stadt ständig ohne Licht und nicht selten entgegengesetzt zur Fahrrichtung, auch um im Barrio Wegzeiten zu sparen. Obwohl mir gefühlt mehrere Dutzend Polizeifahrzeuge, Policia -municipal – national u. -gurdia zivil, innerhalb einer Woche begegneten, bin ich weder angehalten oder ermahnt worden.
    Trotz des häufigen Fahrens auf dem Trottoir und absolut chaotischen Fahrstil is nix passiert.
    Ich lebte ca. 1 Jahr in den Niederlanden. Selbstredend konnte ich auch dort nichts von der Deutschen Sturrheit im Straßenverkehr entdecken.

    Was ich ausdrücken will:
    Verkehr ist a u c h ein Mentalitätsgeschehen, eine psychologische Anforderung.
    Wie „begegnen“ die Radinitiativen in der Bundesrepublik diesen Anforderungen?
    Bisher konnte ich dazu wenig hören und lesen.
    Aus meiner Sicht arbeitet man*frau sich viel zu viel an Forderungen nach einem ausgebauten Radwegenetz ab und lässt anderes ohne Beachtung.
    Während zwischenmenschlicher Interaktionen sind neben Regeln und (Verkehrs-)wegen ebenso die Sozialnormative von Bedeutung.
    Und eins ist wohl ´mal klar, die Automobile Gesellschaft wird uns noch lange begleiten, möglicherweise bis der letzt Tropfen Rohoel aus der Erde geholt wurde.
    Das Verkehrsproblem bedarf psychologischer Widmung, nicht nur neuer Verkehrswege und massiver Rohstoffeinsparung.

    Postskriptum
    Meine Lieblingslocation auf Ibiza ist die Bar Mona Lisa.
    Die Cocktails sind gut, leider wie auf dem Rest der Insel teuer.
    Eine Straße vom Mona Lisa entfernt wird cannabishaltiges etwas überteuert angeboten.
    Beim Besuch der Bar und ihres Außenbereichs wird man(*frau) von 2 Transvestiten begrüsst.
    Die Bar ist LGBTI-friendly.

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