Samstag 29.05.21, 12:27 Uhr
Ein Theatersrück zum Oury Jalloh Komplex

The most unsatified town 1


Die Theatergruppe nonegatif zeigt am Donnerstag, den 3. Juni um 19:30 Uhr und am Samstag, den 5. Juni um 18:30 Uhr als Stream auf vimeo.com ein bemerkenswertes Stück zu Rassismus, Community und Polizeigewalt. Die Ankündigung: »Ein Jahr ist vergangen seit der Ermordung George Floyds. Während Rassismus seitdem zumindest breiter in der Öffentlichkeit besprochen wird, weisen die Auseinandersetzungen erschreckend große blinde Flecken auf.

Mit The most unsatified town greift nonegatif einen Fall auf, der als Paradebeispiel für die zahlreichen Verstrickungen von Polizei, Behörden, Öffentlichkeit und Gesellschaft in Bezug auf die Auswirkungen von Rassismus gilt: die mutmaßliche Ermordung Oury Jallohs in einer Polizeizelle mitten in Deutschland.

Seit 2013 lotet die im Bahnhof Langendreer ansässige Theater-Gruppe in ihrer Beschäftigung mit Rassismus, Identität und Entmenschlichung die Verletzlichkeit des Politischen aus. Im Kern stehen besonders Fragen nach Gerechtigkeit und der Kraft, die uns immer wieder aufstehen lässt. „Eigentlich hatten wir geplant, diesmal etwas mit mehr Leichtigkeit zu machen. Doch dann wurde George Floyd bei Tageslicht mitten auf der Straße von Polizisten getötet. Das hat auch bei uns einiges aufgewühlt.“, erinnert sich Aissatou Baldé, eine Teilnehmerin des Projekts und Co-Regie der Inszenierung.

Auch wenn der Aufschrei zunächst groß gewesen sei und erste Demonstrationen in Deutschland Aufmerksamkeit auf sich zogen, zeigten sich in privaten und öffentlichen Unterhaltungen dann doch die immergleichen alten Abwehrmechanismen der weißen Dominanzgesellschaft, fährt Danny Friedrich fort. Er leitet das Projekt. In der Öffentlichkeit wurden vor allem rassistische Strukturen in den USA thematisiert, während ein Blick vor die eigene Haustür erheblich schwerer schien. So wurde in Talkshows – vornehmlich unter weißen Gästen – diskutiert, ob Rassismus in Deutschland überhaupt ein ernstzunehmendes Problem sei.

So fiel die Entscheidung, doch ein Stück zu inszenieren, das der kollektiven Verdrängung etwas entgegenhält: Amy Evans The most unsatified town. Das Stück nimmt die Geschehnisse um die mutmaßliche Ermordung Oury Jallohs in Dessau als Grundlage, um von rassistischer Polizeigewalt, aber auch von Identität, Community und Sichtbarkeit innerhalb weißer Strukturen zu erzählen. Neun Monate lang probten die Teilnehmenden, zunächst live, dann per Zoom, um schließlich – coronakonform – einzeln auf der Bühne zu stehen, zu spielen und abgefilmt zu werden. So entstand ein spannendes Theater-Film-Projekt, das sich momentan in den letzten Zügen der Post Production befindet und Anfang Juni per Stream zu sehen sein wird.

Zum Inhalt:

Seit er Asyl beantragt hat, hat sich Laurence auf sein Leben in Deutschland eingestellt. Er fügt sich den ausgesprochenen und unausgesprochenen Regeln, gründet eine Familie und hofft, mit seinem eigenen Internetcafé endgültig Fuß zu fassen. Auch wenn seine Kinder in der Schule beleidigt werden und ihm die Bedienung verweigert wird:

Er glaubt, wenn er sich nur genug anstrengt und nicht zu sehr auffällt, wird er irgendwann akzeptiert – dem Spott seiner Freunde zum Trotz.

Doch dann verschwindet sein Freund Rahim. Als kurze Zeit später nur noch verkohlte Überreste von ihm aus einer ausgebrannten Ausnüchterungszelle wiederauftauchen, stellt sich sein bis hierhin gelebtes Erfolgsrezept als gefährlicher Trugschluss heraus und es beginnt ein unermüdlicher Kampf für die Aufklärung des Mordes an seinem Freund. Je mehr Fakten ans Licht kommen, umso mehr fragt er sich, wie viel Vertrauen in die Polizei und die staatlichen Institutionen überhaupt gerechtfertigt ist und bis wohin wir zu gehen bereit sind, um uns für wahre Gerechtigkeit einzusetzen. Wen schützt dieses System? Und auf wessen Kosten?

Über nonegatif:

Mit The most unsatified town zeigt nonegatif nun ihre fünfte Produktion – diesmal als gefilmter Stream auf Vimeo. Die Arbeiten von nonegatif entstammen den Biografien ihrer Teilnehmenden, widerständiger Poesie, der dramatischen Verarbeitung des Zeitgeschehens und in diesem Fall der Stückvorlage von Amy Evans. Zwischen multimedialen Performances, Bühnentheater und Spoken Word Poetry loten sie immer wieder die Verletzlichkeit des Politischen aus.«

Termine:

Die Streaming-Premiere findet statt am Donnerstag, den 3. Juni um 19:30 Uhr
[Link zum Premieren-Stream: https://vimeo.com/ondemand/tmut]

Zweite Aufführung am Samstag, den 5. Juni um 18:30 Uhr
[Link zum Stream: https://vimeo.com/ondemand/tmut2]

5,- Euro pro Ticket – abrufbar für 24 Stunden


Ein Gedanke zu “The most unsatified town

  • Assata Olugbala Shakur

    Zitat:“ In der Öffentlichkeit wurden vor allem rassistische Strukturen in den USA thematisiert, während ein Blick vor die eigene Haustür erheblich schwerer schien. So wurde in Talkshows – vornehmlich unter weißen Gästen – diskutiert, ob Rassismus in Deutschland überhaupt ein ernstzunehmendes Problem sei. “

    Ich fand es sehr kurios, am 25.05.2021 gab es eine „Gedenk-Denmonstration“ zum Tod von George Floyd in Bochum.
    Das Kuriose, unter den ca. 250 Teilnehmer:innen war kein einziger Mensch mit dunkeler Hautfarbe.
    Das obwohl in der Stadt Bochum zahlreiche dunkelhäutige Menschen und PoC leben.
    Nach einiger Zeit gab es auf der Demonstration einen Redebeitrag eines Aktivisten mit dunkeler Hautfarbe aus Dortmund. Der war mit einem Freund „verspätet“ zur Demo gekommen, der ebenfalls die selbe Hautfarbe hat.
    Ist dass das Anti-Rassimus-Verständnis der sog. Linken in Bochum ?

    Meine bisherigen Eindrücke der Bochumer „“Linken Szene““ nachdem ich jetzt etwa 1,5 Jahre hier wohne, Andersdenkende und anders Aussehende werden mit größter Sorgfalt und Genauigkeit aus politischen Zusammenhängen rausgemobbt.
    LGBTI*s in diesen politischen Zusammenhängen ?
    Fehlanzeige, die sind anscheinend nicht erwünscht, ist meine Meinung.
    Frauengruppen in dieser Szene ? Fehlanzeige, die könnten den in der Regel weißen männlichen „Lokal Heros“ ja den „Rang“ nehmen.
    Innerhalb der sog. „Linken Szene“ in Bochum sind Frauen eine maginalisierte Minderheit !
    Sog. Behinderte / Menschen mit Beeinträchtigungen ?
    Fehlanzeige, die müssen wir ja dann mit dem Rollstuhl durch die Gegend schieben.
    Menschen mit Kindern ?
    Fehlanzeige, Kinder machen ja nur Krach und stören den eigenen „Selbstverwirklichungsprozess“.

    Diese Aufzählung lässt sich fortsetzen.
    Die „Linke Bochumer Szene“ ist primär weiß, männlich und entspricht den heteronormativen Vorstellungen dieser Szene und den gesellschaftlichen Normativen.
    Diese Szene hat es in den vergangenen 40zig Jahren nicht geschafft sog. Minderheiten auch nur ansatzweise politisch und sozial zu „integrieren“.
    Der Sprachgebrauch z.B. ist fast schon erschreckend: Ich war auf insgesamt 3 Treffen der Initiative Radwende. Dort wurde MEHRFACH von „“Ausländischen Mitbürgern““ gesprochen. Ein antiquierter Sprachgebrauch der deutlich auf Abgrenzung zielt.
    Mir war dieses Grüppchen einfach zu emigrant:innenfeindlich, deswegen bin ich dort nicht mehr hingegangen.

    Auf mich wirkt dass so: Man will doch lieber unter sich bleiben, also alle rauseckeln die nicht in dieses Menschenbild passen.

    Ich stelle mir nur die Frage: Wie wollt ihr Solidarisierung erreichen, wenn ihr euch doch so ablehnend gegenüber Andersdenkenden und anders Aussehenden verhaltet ?
    Anscheinend hatte diese Szene schon längst jede Vorstellung auf Veränderung aufgegeben, ihre Politik ist von Moralin durchtränkte Symbolpolitik die kaum Wirkung hat.

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