Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis stellt sich gegen die Abschiebung der Bochumer Familie Destanov. Die Familie ist 2015 aus Nordmazedonien geflohen, da sie als Roma im Herkunftsland vielfach diskriminiert werden. Der jüngste Sohn der Familie ist schwerkrank – trotzdem soll die Familie abgeschoben werden (siehe Artikel der WAZ Bochum, 21.05.2021).

In einer Erklärung fordern die Unterzeichnenden, darunter die SEEBRÜCKE Bochum, die Refugee Law Clinic Bochum e.V., die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V., der Worldbeatclub Tanzen e.V. sowie der Kinder- und Jugendring e.V., die Stadt Bochum dazu auf, alle Handlungsspielräume für ein Bleiberecht zum Schutz der Familie zu nutzen.
„Wir möchten uns gemeinsam mit der Familie Destanov für ihr Bleiberecht einsetzen. Deshalb fordern wir die Stadt Bochum auf, den Fall noch einmal genau zu überprüfen und alle Möglichkeiten für den Verbleib der Familie in Bochum auszuschöpfen. Der Fall der Familie Destanov steht exemplarisch für viele geduldete Bochumer Familien, die von Abschiebung bedroht sind und nachts nicht schlafen können“, erklärt Carla Scheytt von der SEEBRÜCKE Bochum. In Bochum leben laut Angabe der Verwaltung im Jahr 2019 1.072 Personen mit einem Duldungsstatus – darunter 455 Personen, welche eine mögliche Aufenthaltsdauer von mindestens fünf Jahren habe (Vergleich Antwort der Verwaltung, Nr: 20193903). „Deshalb ist es wichtig, dass die Stadt sich mit aller Kraft für die Etablierung eines Bleiberechtsmanagements für Geduldete einsetzt“, erklärt Carla Scheytt weiter. In den letzten Jahren hat die Stadt Bochum vorwiegend Menschen in die Westbalkanstaaten abgeschoben.
Erklärung gegen die drohende Abschiebung der Familie Destanov:
Die Bochumer Familie Destanov ist von Abschiebung bedroht. Wir, die Unterzeichnenden, stellen uns hinter die Familie und fordern die Stadt Bochum dazu auf, alle Möglichkeiten für ein Bleiberecht der Familie auszuschöpfen.
Die Familie Destanov lebt seit 2015 in Bochum. Sie ist aus ihrem Heimatland Nordmazedonien geflohen, da sie als Roma vielfach diskriminiert werden. Die vier Kinder der Familie gehen seit Jahren hier zu Schule. Der jüngste Sohn der Familie ist fünf Jahre alt und leidet an Apnoe-Attacken und an einem schweren Herzleiden. In einem Interview mit der WAZ erklärt der Familienvater Emran Destanov, dass ihr Sohn in Nordmazedonien nicht ausreichend medizinisch versorgt werden könne. Das kann im schlimmsten Fall bedeuten, dass dann das Kindeswohl akut gefährdet ist. Die Familie wird zurzeit nur geduldet und ist somit konkret von einer Abschiebung bedroht.
Die Situation von Roma in Nordmazedonien ist noch immer durch starke Diskriminierung geprägt. So werden Roma laut Amnesty International im Bildungssektor, im Gesundheitswesen und im Wohnungs- und Arbeitsmarkt ausgegrenzt. (https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/mazedonien-nordmazedonien-2019#section-15367957) Seit der Einordnung der Westbalkanstaaten 2014 als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ ist Geflüchteten der Zugang zum Schutzstatus in Deutschland erheblich erschwert worden – ungeachtet der prekären Lage von Sinti und Roma auf dem Balkan. Durch die Erklärung zu sicheren Herkunftsländern wird Asylsuchenden pauschal unterstellt, dass sie kein Anrecht auf Asyl haben. Ein Recht auf eine Einzelfallprüfung, die für ein faires Asylverfahren gerade in schwierigen Fällen essenziell ist, wird somit unterhöhlt.
Die Corona-Pandemie hat die Situation der Roma auf dem Westbalkan noch einmal verschärft. So berichtet der Zentralrat der Sinti und Roma von zusätzlichen Risiken durch Armut, Arbeitslosigkeit, Hungersnöte und rassistische Gewalt. (https://zentralrat.sintiundroma.de/roma-auf-dem-westbalkan-und-in-der-tuerkei-sind-durch-die-covid-19-pandemie-ernsthaft-bedroht/)
In Bochum wird auf die spezielle Lage der Menschen auf dem Balkan keine besondere Rücksicht genommen: Die Stadt schiebt seit Jahren schwerpunktmäßig Menschen in Westbalkanstaaten wie Nordmazedonien ab. Für uns Unterzeichnende ist jedoch klar: Für Roma gibt es nirgendwo auf der Welt ein sicheres Herkunftsland! Deutschland darf aufgrund seiner Geschichte keine Roma – egal wohin – abschieben!
Wir stellen uns deshalb hinter die Familie Destanov und fordern die Stadt Bochum und die Verantwortlichen in der Ausländerbehörde dazu auf, alle Handlungsspielräume für ein Bleiberecht zum Schutz der Familie zu nutzen!
Unterzeichnende:
- Seebrücke Bochum
- Treffpunkt Asyl Bochum
- Worldbeatclub Tanzen und Helfen e.V.
- Begegnungscafé Lysa
- Refugee Law Clinic e.V.
- Kinder- und Jugendring Bochum e.V.
- VVN-BdA Bochum
- F:Antifa Bochum
- offenes Antifa Café Bochum
- Solidarität International e.V. Regionalgruppe Bochum
- Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.
- Stadt für alle Bochum
- Die Partei Bochum
- RUB bekennt FarbeSoziales Zentrum Bochum / freiraum e.V.
- Non a parole – Antifaschistisches Kollektiv Bochum
- Grüne Jugend Bochum
- Jusos Bochum
- Atelier automatique
Das Bochumer Bündnis gegen Rechts unterstützt diese Erklärung ebenso.
Botopia e.V. unterstützt ebenfalls diese Erklärung.