Freitag 16.04.21, 13:55 Uhr
Die Aktion muss verschoben werden!

Take Back the Night 4


Die Aktion muss verschoben werden!

In der Programmvorschau der feministischen Aktionswochen war bereits angekündigt worden:“Wir FLINT Personen holen uns in einer ausgelassenen, kraftvollen und solidarischen Aktion die Nacht zurück!“ Das Motto „Take back the Night“. Das Netzwerk „Stadt für alle“ teilt jetzt Einzelheiten mit: »Wann?: 24.04., ab 20.35 Uhr. Wo?: in der ganzen Bochumer Innenstadt; wir haben zusätzlich 3 Anlaufstationen (den Parkplatz an der Herrmannshöhe (am Sprühtunnel), im Bermudadreieck (Konrad- Adenauer- Platz vor dem Mandragoora), Hans- Schalla- Platz am Schauspielhaus.

Wie?

  • ihr bewegt euch mit euren Lieblings- FLINTA*s in kleinen Gruppen durch die Stadt (natürlich corona- konform mit Maske und Abstand) 
  • ihr seid ausgestattet mit allem, was euch einfällt, um eure Botschaften in die Nacht zu tragen oder auch Orte  der Stadt zu markieren (Plakate, Transpis, Schlachtrufe, Kreide, Pappaufsteller,…)
  • ihr seid angezogen, wie ihr wollt- ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen
  • ihr geht an die Orte, die ihr zurückerobern oder markieren wollt und hinterlasst eure Botschaft
  • ihr haltet Ausschau nach weiteren Gruppen, die unterwegs sind und feiert euch gegenseitig
  • auf eurem Weg durch die Straßen kommt ihr zwischendurch an unseren Stationen vorbei, um: 
    • In der Unterführung an der Hermannshöhe (Hbf), um eure Botschaft zu hinterlassen
    • im Bermudadreieck an unserer offenen Diskussion zur Rückeroberung von Orten teilzunehmen
    • euch am Schauspielhaus am FLINTA* only Kiosk ein Aktionskit abzuholen
  • die Stationen werden bis 22.30 Uhr besetzt sein

Wer?: FLINTA* only! (mehr zur Begriffsklärung: https://frauenseiten.bremen.de/blog/was-ist-eigentlich-flinta/)
Liebe Cis-Männer: heute Nacht wollen wir unter uns bleiben – trotzdem freuen wir uns über Allies. Guckt doch mal hier:
https://guidetoallyship.com/https://www.york.ac.uk/media/abouttheuniversity/equality/documents/LGBTFoundation-GuidetoBeingaTransAlly.pdfStay at home, Call a friend und diskutiert darüber, was ihr tun könnt, um FLINT*A- Allies zu sein: Wie seid ihr so in Clubs und draußen unterwegs? Wie könnt ihr dazu beitragen, dass Räume für Alle angstfrei sind- wenn ihr allein oder auch in einer cis-Männer Gruppe im Dunkeln unterwegs seid? Bringt ihr euren Freund sofort nach Hause, wenn er sich daneben benimmt oder versucht ihr doch, Entschuldigungen zu finden? Wie könnt ihr FLINTA*’s unterstützen, wenn ihr einen Übergriff mitbekommt? Verhaltet ihr euch anders in Gruppen mit oder ohne FLINTA*s? Schon „Sei kein Mann“ gelesen? Auf welchen Homepages holt ihr euch Input, wenn ihr nicht weiter wisst und euch bilden wollt? Habt ihr schonmal „ironisch“ cross gedressed (also nicht als Beleidigung, sondern weil ihr es schön findet „weibliche“ Kleidung getragen)? Aber würdet es euch im Alltag nicht trauen? Wann habt ihr zuletzt eine Freundin oder Familienangehörige im Stich gelassen? Ihr habt als cis-Männer Zugang zu Gruppen und Dynamiken, zu denen keine von uns Zugang hat. Der Kampf gegen das Patriarchat findet überall statt. Let’s end this oppression together.

Warum?:“So spät noch alleine unterwegs? Das ist doch viel zu gefährlich!“ Geh nicht durch den Park! Wer weiß wer da unterwegs ist!“ Du nimmst die Unterführung an der Hermannshöhe? Aber das ist nicht sicher!“ Sag Bescheid, wenn du zuhause bist.
Allen wird von klein auf erklärt, dass die Nacht gefährlich für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre und trans Personen ist. Jede*r lernt das. Aber einen Effekt darausspüren und erfahren nur wir FLINTA* – Personen. Die Konsequenz ist die Einschränkung unserer Bewegungsfreiheit, unserer Körper, unserer Wege, aber auch unser Denken. Wir wurden dazu programmiert uns von Orten und Zeiten fern zu halten. Die Selbstbeschränkung ist so normal, dass sie von niemandem hinterfragt wird. 
Doch damit nicht genug, FLINTA*’s wird nach einem sexuellen Übergriff oft die (Teil-)schuld gegeben, weil sie eben nachts an einem Ort waren, bestimmte Kleidung getragen haben, etc. 
„…ja der Rock war aber auch zu kurz, das lädt ja dazu ein..“
„…sie war ja auch betrunken, da darf sie sich nicht wundern“
„Warum bist du auch alleine im Bermuda3eck unterwegs?“

Es reicht! Diese Verantwortung weisen wir zurück. Unsere Mobilität darf nicht in Frage gestellt werden. Wir wehren uns und holen uns die Nacht zurück!   Pfiffe, Kommentare oder Blicke sorgen dafür, dass FLINTA*s sich an bestimmten öffentlichen Orten unwohl fühlen. Einen Umgang damit müssen sie für sich selbst finden. Als “Lösung“ wird meist nur vorgeschlagen, sich fernzuhalten, drinnen zu bleiben.
Als ob es “drinnen“ sicher wäre?! 
85 Prozent aller Übergriffe, Vergewaltigungen und Morde, Femizide finden in Nahbeziehungen, also in genau diesem “drinnen“ statt. Medial ist diese sehr reale Gefahr nicht repräsentiert und schlecht verwertbar. Nachrichten stellen sensationsheischende Berichte zu gewalttätigen Verbrechen von “Fremden“ an FLINTA*’s ins Zentrum der Öffentlichkeit. Der “Fremde“ ist gefährlich und wenn doch von Gewaltverbrechen durch Partner und Familienangehörigen berichtet wird, spielt schnell die “ethnische Zugehörigkeit“ die Hauptrolle im “Familiendram“. Hier geben sich Rassismus und Sexismus die Hand.  Und in der fiktiven Welt? In einem Großteil der Crime Serien geht es um schreckliche Gewaltverbrechen an FLINTA*’s, die von fremden Männern verübt werden. Queere und trans* Personen werden als Opfer gezeigt, die ständig um ihre körperliche Unversehrtheit bangen müssen. Wir lernen, die Gefahr lauert an jeder dunklen Ecke, sieh dich vor! 
So werden patriarchale Strukturen, wie die Kleinfamilie und heterosexuelle Partnerschaften gestärkt. FLINTA*’s scheinen nur hier sicher zu sein. Das sind Konstrukte und Erzählungen, denen wir nicht länger folgen werden. Die erlernte Angst erfüllt eine soziale Funktion und soll uns an unseren Platz verweisen.  Dieser Platz soll im privaten Raum sein, wo wir am besten ungefährliche Reproduktionsarbeit machen: Kochen, Kinder ins Bett bringen, für Gemütlichkeit sorgen. CIS Männer sind Begünstigte dieses Konstrukts.  
Es reicht! Wir begreifen die Stadt- auch nachts- als unseren Ort und lassen uns nicht verdrängen! Wir werden uns Orte aneignen! Wir werden die sozialen und politischen Verhältnisse angreifen! Wer uns eingrenzt, muss mit Widerstand rechnen!
Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen, lasst uns zusammen die bisherigen Verhältnisse über Bord werfen! Wir sind solidarisch, wir sind entschlossen, wir werden zusammen ausgelassene, freie, wilde Nächte verbringen. Fangen wir an und nehmen uns die Orte zurück!«


4 Gedanken zu “Take Back the Night

  • Jasmina Kuhnke

    Wie ist das Konzept
    wenn es am 24.04. ein Ausgangsverbot ab 21:00 Uhr geben sollte ?
    Bisher
    konnte ich immer FLINT* lesen.
    Jetzt steht hier FLINTA*.
    Wofür steht das A ?

    • Andreas (m)

      Also lt. Glossar der Seite „Kritische Männlichkeit“ (https://kritische-maennlichkeit.de/glossar/flint-lgbtiqa-usw/) steht es entweder für „Asexuelle Personen“ , „Aromantische Personen“ und/oder „Agender“.
      Im aktuellen „Philosophie Magazin“ ist übrigens ein Artikel von Steffen Mau erschienen, der sich Identitätspolitik und u.a. mit der Problematik der Anschlussfähigkeit „inklusiver Sprache“ auseinander setzt:
      https://www.philomag.de/artikel/steffen-mau-wut-kann-impulse-setzen-aber-keine-probleme-bearbeiten

      • Clara Zetkin (d)

        Herzlichen Dank für den Hinweis zum Artikel.
        Muss man:frau sich idealerweise 3x durchlesen um alles zu verstehen / zu „verinnerlichen“.
        Was aus meiner Sicht auffällt:
        Die Indentitäts- und Genderpolitik unter den sog. Linken wirkt teilweise in ihrer inhaltlichen Strukturierung substanzlos!
        Wenig gegründet und an einigen Punkten nicht nachvollziehbar.
        Definitionen beziehen sich sehr stark auf Ab- und Ausgrenzung, statt nach Gemeinsamkeiten zu suchen.
        Das wirkt irgendwie elitär!

  • Bettie Serveert

    Volkmar Sigusch, die Koryphäe unter den Sexualforscher*innen, geht davon aus das wir alle Transsexuell sind.
    Es reicht jedoch nicht aus irgendwelche Internetseiten zu diesem „Thema“ zu lesen (!)
    Man*frau muss ein Buch in die Hand nehmen:

    Neosexualitäten: Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion, Volkmar Sigusch, Campus Verlag, 2005, 225 Seiten

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