Dienstag 12.01.21, 19:01 Uhr
Flüchtlingsrat NRW begrüßt Wahl zum Unwort des Jahres 2020

Flüchtlingsschutz statt „Rückführungspatenschaften“


„Rückführungspatenschaften“ wurde zu einem von zwei Unwörtern des Jahres 2020 gekürt. Das gab die Jury der Sprachkritischen Aktion am 12.01.2021 bekannt. Der positive Begriff der Patenschaft stünde eigentlich für die Unterstützung und Verantwortungsübernahme für Hilfsbedürftige. Die Bezeichnung „Rückführungspatenschaften“ sei daher zynisch und beschönigend, begründeten die Sprachwissenschaftlerinnen ihre Wahl. Der Flüchtlingsrat NRW schließt sich dieser Einschätzung vollends an. Die Wortschöpfung stammt aus dem Vorschlag zum New Pact on Asylum and Migration, den die EU-Kommission am 23.09.2020 vorgestellt hat. Demnach sollen Mitgliedstaaten in Zukunft wählen dürfen, ob sie Schutzsuchende aufnehmen oder sich stattdessen für die Abschiebung von abgelehnten Asylsuchenden aus anderen Mitgliedsstaaten verantwortlich zeichnen. Beispielsweise könnten Asylsuchende, die in Griechenland einen negativen Bescheid erhalten, durch von Ungarn bezahlte und organisierte Kräfte abgeschoben werden.

Die Vorschläge des New Pacts bedürfen allerdings der Zustimmung des EU-Parlaments.„Die sogenannten Rückführungspatenschaften sind eine Bankrotterklärung für eine solidarische europäische Flüchtlingspolitik“, sagt Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW. „Sich durchAbschiebungen vom Flüchtlingsschutz „freikaufen“ zu können, ist mehr als schäbig.“Auch die praktische Umsetzbarkeit dieses Vorschlags ist völlig unklar – ebenso wie die Frage, was passiert, wenn die Zahl der „Rückführungspaten“ die Zahl der aufnahmewilligen Mitgliedsstaaten übersteigt. „Flüchtlinge werden auch sprachlich in vielerlei Hinsicht stigmatisiert“, so Birgit Naujoks weiter. „Deshalb ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die politische Wortwahl durch die Kür zum Unwort des Jahres deutlich gebrandmarkt wird.“«