Das „Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung“ nimmt Stellung zu der vom 14.12.2020 bis zum 10.01.2021 abgehaltenen „Bürger-Befragung“ im Rahmenplanverfahren „Gerthe-West“. In einem Brief an die Verantwortlichen der mit der Durchführung beauftragten Firma „Plan-Lokal“, des Bochumer Planungsamtes und der Stadtentwicklungsagentur des Landes „NRW.Urban“ heißt es: »Nach Besuch der Präsenz-‚Beteiligung‘ unter Corona-Bedingungen mussten wir feststellen, dass tatsächlich noch weniger geht als bei anderen vergleichbaren Veranstaltungen. Wir waren durch die im Laufe des Jahres als Ersatz für Bürgerversammlungen in Bochum durchgeführten Informationsveranstaltungen ja schon einiges gewohnt – aber das, was den Bürger*innen im Amtshaus Gerthe geboten worden ist, hat dann doch alles den Bochumer*innen bis dahin Zugemutete weit übertroffen:
Teilnehmende fanden im 1. Obergeschoss des Amtshauses unmittelbar hinter dem Treppenaufgang acht Stellwände vor, auf denen zu Papier gebrachte erste planerische Grundideen der drei Planungsteams einzusehen sein sollten. Hier konnten zu den vorgefundenen Darstellungen dann Fragen und Antworten auf Zettel geschrieben und an die Stellwände geheftet werden.
Planungsamt, NRW.Urban und plan-lokal waren insgesamt mit fünf Personen vertreten – da blieb dann nach Eintrag in die Corona-Listen nur noch Platz für maximal zwei maskierte interessierte Bürger*innen gleichzeitig. Stimmung wollte da nicht so recht aufkommen – was nicht zuletzt auch daran gelegen haben dürfte, dass ein Austausch über die Planungsideen mit den Planungs- und Gutachterbüros nicht möglich war. Aber wo hätten weitere Personen auch noch Platz finden sollen. Und die Anwesenden vom Planungsamt und plan-lokal hatten die ersten zu Papier gebrachten Ideen nicht entwickelt – wie sollten sie da Fragen beantworten können. Der Vertreter des Planungsamts eröffnete einem Mitglied des Netzwerks auch noch, er selbst habe die Ideensammlung erstmals vor zwei Tagen gesehen.
Was blieb, war der Eindruck, dass alles schön grün werden soll – aber ist es das im Plangebiet „Gerthe-West“ nicht bereits jetzt? Was sich die Planungsbüros darüber hinaus gedacht haben mögen, war mangels Erläuterungen an den Stellwänden nicht erkennbar und mangels Anwesenheit der Planungsbüros auch nicht zu erfahren.
Fazit nach dem Auftakt im Amtshaus: Nicht einmal Informationen gab es hier!
Die ebenfalls stark kritisierten Info-Messen zur „Charlottenstraße“ und zur „Schloßstraße“ müssen da im Nachhinein noch als bunte und lebhafte Veranstaltungen mit hohem Informationswert erscheinen.
Aber es sollte ja noch eine Möglichkeit geben, sich bis heute online zu beteiligen.
Doch auch die Befassung mit der Online-‚Beteiligung‘ zum Bauverfahren Gerthe-West auf der Seite der Stadt Bochum lässt uns nachhaltig irritiert zurück: nicht nur, dass die Präsentationen z.T. kaum bis gar nicht nachvollziehbar sind – es fehlen wie bereits im Amtshaus jegliche Informationen, Legenden etc., anhand derer sich die Bürger*innen orientieren könnten, so zu den Gebäudearten oder der Anzahl der Wohneinheiten, die aus den jeweiligen Planideen resultieren würden. Außer einer Menge blumiger Architektenlyrik ohne klare Aussagen erfährt die interessierte Zuschauerschaft nicht viel.
Auf diese Weise werden die Präsentationen weitgehend wertlos – es zeigt sich einmal mehr in aller Klarheit, dass Ideen nur im Dialog und im direkten Austausch produktiv und zielführend verhandelt werden können. An dieser Stelle sind sich im übrigen das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung und die Bürgerinitiative „Gerthe West-so nicht!“ völlig einig.
Zudem wird bei der verbliebenen Möglichkeit der Rückmeldung deutlich:
Der Stadt Bochum fällt konkret in diesem Verfahren jetzt auf die Füße, dass die Verwaltung sich bisher nicht zu einem interaktiven Tool hat durchringen können. Die angebotene Form der Fragemöglichkeit bzw. Kommentierung per mail an plan-lokal ist umständlich und bedeutet außerdem, dass die im Offline-Verfahren noch garantierte Form des anonymen Kommentars nicht gewährleistet wird.
Es sollte Sie unter diesen Umständen also nicht wundern, wenn die Rückmeldungen bzw. die Beteiligung, wie wir vermuten, spärlich ausfallen dürfte. Daraus sollten Sie aber unter keinen Umständen schließen, dass die Bürger*innen sich nicht für das Bauverfahren interessieren.
Die jetzt vom Planungsamt, NRW.Urban und plan-lokal durchgeführte ‚Beteiligung‘ hat mit Bürgerbeteiligung eben einfach nicht das Geringste zu tun.
Wir hoffen, nachdem der Rat der Stadt Bochum in der letzten Sitzung im Dezember die Anregung des Netzwerks abgelehnt hat, eine Videokonferenz im Anschluss an die jetzt erfolgte ‚Beteiligung‘ durchzuführen, auf die Planungswerkstatt im Frühjahr. Falls auch diese mit dem Corona-Argument in dieser gestrigen Form durchgeführt wird, muss das Vorzeige-Beteiligungsprojekt „Gerthe West“ endgültig als gescheitert betrachtet werden.«