Montag 26.10.20, 20:36 Uhr
Kundgebung am 26. 10. 2020: Solidarität mit den Protestierenden gegen das Abtreibungsverbot in Polen!

Redebeitrag der Jusos


Ich will eine Sache festhalten, die zum Glück hier nicht zur Debatte steht. Ein Schwangerschaftsabbruch ist ein Menschenrecht und gehört zur Grundversorgung, ohne wenn und aber! Noch vor ein paar einigen Wochen fand am 28. September der Safe Abortion Day genau unter dem Motto statt und es tut weh, dass man immer noch darauf aufmerksam machen muss.
Und es hat Gründe wieso Jahr für Jahr genau darauf aufmerksam gemacht werden muss.
Es ist leider immer noch enorm wichtig sich genau dafür einzusetzen, denn Zustände hier in Deutschland, wie z.B. die Strafbarkeit von sogenannten Abtreibungswerbungen und das Festhalten, dass ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich strafbar ist, es sei denn man erfüllt Rechtfertigungen, wie aber auch Entwicklungen auf der Welt bestätigen leider immer und immer wieder, dass eine solche Grundversorgung immer noch nicht Selbstverständlichkeit ist.
Heute stehen wir hier um einen Blick nach Polen zu werfen. Dort hat vor einigen Tagen der höchste Gerichtshof entschieden, dass das Abtreibungsgesetz verfassungswidrig ist. Bis dahin durften Frauen* nur bei Gefahr für das Leben der Mutter, bei Vergewaltigung, Inzest oder bei der Fehlbildung des Fötus abtreiben. Allein im Jahre 2019 begründete die letzte Kategorie 98 % der Abtreibungen. Diese schon sehr restriktive Gesetzeslage wurde durch die Entscheidung des Gerichtshofs sogar fast unbrauchbar gemacht. Das Gericht sendete damit das Signal, dass die Selbstbestimmung der Frau* über ihren eigenen Körper keine Rolle spielt.

Es spielt nur eine Rolle, welche konservativen ideologischen Vorstellungen auf die Frau* projiziert werden. Rechte Kräfte und Fundamentalist*innen definieren maßgeblich die frauenfeindliche und nationalkonservative Agenda in Polen. Sie beleidigen, verängstigen, locken Frauen*, die illegal abtreiben müssen, in Fallen und stellen sie moralisch an den Pranger und bedrohen sie. Dadurch, dass das Abtreibungsesetz nun für verfassungswidrig erklärt wurde, sind die wenigen legalen Abtreibungen inzwischen de facto auch illegal. Damit gesteht das Gericht ein, dass eben jene Nationalist*innen und Fundamentalist*innen die Deutungshoheit über das Leben der Frau* haben.

Die Lage wird nun dazu führen, dass Frauen keinen Zugang mehr zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen haben. Schon heute kommen viele Frauen aus Polen nach Deutschland, um einen sicheren Schwangerschaftsabbruch in Anspruch zu nehmen oder gehen mit ihrem Vorhaben in den Untergrund.  Allein letztes Jahr mussten 200.000 Frauen aus Polen für ihre Schwangerschaftsabbrüche in Nachbarländer ausweichen und diese Situation wird sich nur verschärfen. Spätestens durch die Entscheidung des Gerichtshofes werden so viele Frauen*leben in Gefahr gebracht, und das nur weil nationalkonservative Ansichten den Frauen* den Zugang zu legalen Abtreibungen rauben. Das nur, weil Männer immer noch nicht aufhören können sich in den Uterus der Frau* einzumischen!

Wir sind der Meinung, dass der legale Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zur gesundheitlichen Grundversorgung gehört und ein Menschenrecht ist. Egal wo, wer und warum!  Wir solidarisieren uns daher mit allen Frauen* in Polen in ihrem Kampf für Frauenrechte und die Abschaffung des Verbots und verurteilen die Tränengaseinsätze gegen jene Demonstrant*innen! Wir wissen, dass der Kampf gegen das Patriarchat immer ein internationaler Kampf ist und stehen in diesem Kampf an ihrer Seite.

Für uns ist und bleibt klar: Nieder mit dem Patriarchat, my body – my choice und hoch die internationale Solidarität!