Dienstag 28.07.20, 11:45 Uhr

Shirt bleibt an – alle haben fun! 13


In den vergangenen Tagen tauchten in den Bochumer Grünanlagen Schilder auf, die Parkbesucher aufforderten, nicht Oberkörper frei herumzulaufen.

F:antifa schreibt: »Die Bochumer Parkbesucher werden im Stadtpark via Hinweisschild darum gebeten, ihr Shirt anzubehalten. Begründung: Solidarität für Frauen und Personen anderen Geschlechts, die ihr Shirt nicht einfach ausziehen können, ohne Blicken oder sogar Übergriffigkeiten ausgesetzt zu sein. Eine super Aktion vom Gleichstellungsbüro der Bochumer Parkanlagen, das hier ein Thema anspricht, was für viele FLINT* ein Problem darstellt und von Männern meist abgetan wird. „Sollen doch einfach alle ihr T-Shirt ausziehen!“ heißt es immer wieder…

Doch die Blicke, Sprüche oder im schlimmsten Fall Übergriffe, die oberkörperfreie FLINT in der Öffentlichkeit erleben müssen, werden dabei ignoriert. Sie werden zum Sexualobjekt, wenn sie ihr Shirt ausziehen, für Männer hingegen stellt oberkörperfrei sein meist kein Problem dar. Wir fordern, wie das Gleichstellungsbüro der Bochumer Parkanlagen, die Solidarität der männlich gelesen Menschen! Bleibt angezogen und kämpft mit uns gegen Patriarchat, Macker und Sexualisierung von FLINT!«

*FLINT – Frauen / Lesben / Inter / nicht-binär / Trans.


13 Gedanken zu “Shirt bleibt an – alle haben fun!

  • D*e*

    Mich erinnert vorgeschrieben Prüderie immer so an vergangene Jahrzehnte und Jahrhunderte. Nacktheit als Scham war über große Teile der Menschheitsgeschichte ein Unterdrückungsinstrument herrschender Klassen und Kleriker. Das wieder zu etablieren, völlig egal wieso, ist eine ganz miese Idee. Überall.

  • Erich Mühsam

    Ich finde, das ist der falsche Ansatz, um gegen Sexualisierung vorzugehen. Man kann doch nicht Leuten verbieten, sich frei auszuleben – in diesem Fall oben ohne rumzulaufen oder sich zu sonnen – weil andere das wegen Misständen in der Gesellschaft nicht können. Dann sollte man besonders Männer eher stärker dafür sensibilisieren, FLINTs eben nicht zu sexualisieren und anzugeifern, wenn diese sich oben ohne im Park bewegen wollen. Wir sollten dafür kämpfen, dass alle die gleichen Privilegien bekommen und nicht jenen mit mehr Privilegien diese wegnehmen, um Gleichheit zu schaffen. Das ist der falsche Weg, ganz zu schweige davon, ob sich überhaupt jmd an die Regeln hält.

  • Ulla

    Schlimm !
    Früher hat sich die Linke für die Befreiung der Menschen enigesetzt,
    heute setzt sie sich für möglichst deuliche Restriktionen und eine Verspießung der gesellschaftlichen Realität ein.
    Nein zum Moralbild der Linken das von Doppelmoral tief durchdrungen ist !
    Nacktheit als Scham, Pfui !

  • Peter

    Hier ist wohl die Genderpolizei am Werk !
    Eine Unterdrückung durch eine andere ersetzen.
    Buh !!!

  • Carsten

    Ihr habt Sie ja nicht mehr alle! Ist Orwell wieder auferstanden? Verbote als Zeichen von Freiheit?!

    • Iwana

      Das ist auch das Grundproblem solcher Bewegungen wie „Fridays-for-Future“: V e r b o t e. Auf Vorbereitungstreffen in Dortmund dürfen nur Menschen bis zum 29 Lebensjahr teilnehmen (!!!) Alle Menschen die älter sind werden nicht in die Vorbereitungsveranstaltung hinein gelassen. Da ich kurz vor der 60zig bin habe ich diese Situationen in Dortmund insgesamt 3x erlebt, kein Einlass für ältere Menschen.
      Auch in Bochum werden ältere Menschen systematisch rausgemobbt und / oder ihnen wird sehr häufig das Wort entzogen! Das wirkt sehr befremdlich und ist eine eindeutige Form der Altersphobie. In Bochum nehmen deswegen kaum noch ältere Menschen an der Vorbereitung teil, das ist doch eindeutig, wer setzt sich schon gerne mit „seinen“ Diskriminierern an einen Tisch.
      Auf Demonstrationen von „Fridays-for-Future“ sind Fahnen von Parteien v e r b o t en. Das ist eine Einschränkung der bürgerlichen Grundrechte.
      Anscheinend wächst gerade eine Generation von Menschen heran die nicht bis zur Alterszahl dreißig denken. Im ersten Moment wirkt das belustigend, deutet pädagogisch betrachtet aber auf mangelnde Abstraktionsfähigkeiten hin.

      Was hat das alles mit dem Verbot unbekleiderter Oberkörper zu tun ?
      Es ist eine gesellschaftliche Stimmung die immer stärker zum Tragen kommt: V e r b o t e. Die führen auf Dauer zu vorauseilenden Gehorsam, man(*frau) will ja alles richtig machen und macht real betrachtet vieles verkehrt.
      Ich habe diese Schilder bereits 2x abgerissen, wenn ich mit meinem Enkelkind auf den Spielplatz gehe.
      Warum soll mein 20 Monate altes Enkelkind n i c h t mit freien Oberkörper, oder komplett entkleidet herumlaufen, das wirkt auf mich krank, Leute die so etwas fordern.

      Wehren wir uns gegen die neue Prüderie !

  • ulrike

    das kann doch nicht der richtige ansatz sein. setzen wir uns doch lieber für die authentischen rechte und gegen die diskriminierung unserer
    mitmenschen ein. ich möchte so nicht reglementiert werden. das ist genauso unsinnig, wenn nicht verletzend, wie sich ein *wir* durch
    marketingkampagnen herfabulieren zu wollen.

  • Werner Müller

    Ich kenn euch Kommentator*innen ja nicht näher, aber gesellschaftspolitische Inhalte scheinen euch wenig zu interessieren. Kein Wort zum Hintergrund der plakativen Intervention. Ob die Schilder vom Sprachduktus gelungen sind, können wir gerne diskutieren.

    Dennoch wird eine Frage gestellt, die ich nicht so einfach mit ja oder nein beantworten kann. Wir leben in einer männlich geprägten Gesellschaft, in der doch wohl niemand bestreiten wird, dass es anders wahrgenommen wird, wenn eine Frau oder ein Mann oben ohne durch die Stadt geht. Welchen tieferen Sinn es haben soll, wenn junge Männer sich das T-Shirt beim Sport vom Leib reißen, ist mir nicht ganz klar. Sieht ein bisschen nach Posertum aus. Oder ist ein „ätsch ihr Frauen könnt das nicht“? Oder ein indirekter Aufruf „Ausziehen Ausziehen!“ an Frauen. Alles nicht wirklich symphathisch. Wenn darauf Menschen unter dem ironischen Namen Gleichstellungsbüro der Bochumer Parkanlagen Plakate aufhängen und zum Überdenken der Praxis auffordern, ist das sicher keine Polizei, kein Verbot oder gar Unterdrückung.

    Einem Ideal einer herrschaftsfreien Gesellschaft anzustreben, in der jede und jeder sich an- und ausziehen kann, wie er oder sie will und das keine unangenehmen Folgen hat, kann ich verstehen. Nur sind wir davon bekanntermassen weit entfernt. So stehen wir wie so häufig vor einer widersprüchlichen Situation, sich realen Problemen zu stellen und dennoch die Utopie nicht zu vergessen. Ein Widerspruch aber ist sicher nicht in einem einfachen gut und nur böse Schema aufzulösen. Darum ein bisschen weniger Schaum vor dem Mund und mehr gemeinsam Nachdenken, kann bestimmt nicht schaden.

    Das Parteifahnen bei Fridays Demos nicht gewünscht sind, finde ich übrigens sehr befreiend.

  • Mehr Nacktheit für Alle

    Sehe ich genau so wie meine Vorposter*innen. Es kann nicht der richtige Ansatz sein, das Gesamtmaß an Freiheit einzuschränken um ein Gleichgewicht zu schaffen. Arbeiten wir lieber daran, das geringere Freiheitsniveau anzuheben um alle gleichsam mit mehr Freiheit auszustatten. Will sagen: Runter mit den Klamotten, allesamt! Und wer mackert und dumm guckt kriegt aufs Maul und zwar von Hinz und Kunz weil wir alle dafür verantwortlich sind dafür zu sorgen, dass man sich wohlfühlen kann.

  • Martin Budich Autor des Beitrags

    Ich bin etwas überrascht über die Wahrnehmung der Aktion. Ich fand es sehr originell, sich ein „Gleichstellungsbüro der Bochumer Parkanlagen“ auszudenken, das ein in Form und Sprache sehr gelungen den städtischen Regulierungshinweisen in den Parkanlagen ähnelndes Schild aufstellen lässt. Hier wird auch überhaupt nichts verboten. Die „lieben Parkbesucher*innen“ werden auf eine von ganz vielen kleinen Diskriminierungen hingewiesen. Die Formulierung „Bitte nutzen Sie Ihr „Oberkörperfrei-Privileg“ nicht aus!“ finde ich einfach Klasse. Ich wünsche mir in Bochum viel mehr Spaßguerilla.

    Die undifferenzierte Betrachtung von Verboten finde ich erschreckend. Es ist gut, dass Mord und Vergewaltigung verboten sind und ich habe eine große Wunschliste, was noch verboten werden sollte. Das reicht vom Verbot der Herstellung und dem Besitz von Atomwaffen bis zum Verbot, in der Stadt schneller als 30 zu fahren.

    Ich bin 70 Jahre alt und bei meinen Besuchen bei Fridays for Future immer herzlich aufgenommen worden. Dass sie sich evtl. gegen alte Klugscheisser*innen wehren, kann ich mir gut vorstellen. Dass Fridays for Future die Versuche der MLPD leid ist, ihre Bewegung zu instrumentalisieren und deshalb Parteifahnen auf ihren Demonstrationen nicht duldet, finde ich vorbildlich.

  • Wolfgang vom Ubu

    Der Oberkörper-frei-Beitrag wurde nun als angebliche Spassguerilla Aktion geoutet.
    Der Chef von bo-alternativ ist der Täter dieser blöden Idee. Er erweist den Regenbogenmenschen damit einen Bärendienst.
    Und es ist gut, dass so viele in gutem Glauben protestiert haben. Ich danke den Schreibenden dafür.
    Heisst es nicht immer wieder auch : Wehret den Anfängen ! ?
    Dass es seit einiger Zeit unter verschiedenen Vorwänden heftige Angriffe gegen erkämpfte Freiheiten und Freizügigkeiten gibt
    ist offensichtlich. In der Regel kommen diese Angriffe aus konservativer, faschistoider Richtung . Dass sich eine f:antifa
    zu dieser Aktion einspannen liess, spricht nicht gerade für diese Gruppe. Oder ist sie etwa auch fake , eine Erfindung von Martin Budich ?

  • Martina NS

    Sehr gelungene Aktion, bis ins Detail schön gestaltet und durchdacht. Ein bisschen muss man halt nachdenken, dann wird es sogar witzig. Ein großes Like für die Macherinnen und Macher!

  • Robert

    Die vielseitigen Reaktionen und die durchaus berechtigten Kritiken zeigen auf, dass die Aktion missraten war Da helfen jetzt auch keine Selbstbeweihräucherungen.

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