Mittwoch 24.06.20, 19:53 Uhr

Und warum es besser ist, auch unter Corona-Zeiten nicht arm zu sein


Die Sozialberatung Ruhr schreibt: »Deutschland ächzt unter Corona-Maßnahmen. Schulen und Kindertagesstätten sind geschlossen, Museumsbesuche und öffentliche Veranstaltungen sind nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Restaurantbesuche, Treffen mit Freunden und Bekannten in Gaststätten fallen weitestgehend aus. Diese Maßnahmen treffen alle, unabhängig von ihren wirtschaftlichen Verhältnissen. So jedenfalls wird es von der Politik suggeriert. Insofern müsse man sich primär darauf konzentrieren, dass bis zum Antritt des Sommerurlaubs wieder „normale“ Verhältnisse eintreten, so dass die Menschen in Urlaub fahren können und die Normalität wieder hergestellt ist. Insofern könnte der Eindruck entstehen, Corona sei der große Gleichmacher. Dies ist jedoch falsch.

Haushalte, die von SGB II, SGB III oder SGB XII leben müssen, sind besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um Haushalte mit Kindern handelt, da bei diesen dann die Verköstigung in der Kita bzw. in der Schule wegfällt. Ebenfalls fällt in weiten Bereichen die Versorgung mit Lebensmitteln über die Tafeln weg.

Aufgrund der sehr restriktiven Vorgehensweise der Kommunen bei der Bestimmung der gerade noch angemessenen Unterkunftskosten wohnen diese Haushalte meistens in relativ beengten Verhältnissen, was die Möglichkeit zum Streit und zum Stress deutlich erhöht.
Ferner muss berücksichtigt werden, dass eine gewisse Stresskompensation durch den Partner bzw. die Partnerin erfolgen könnte. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass knapp die Hälfte aller Grundsicherungsempfängerinnen und –empfänger ohne Partner bzw. Partnerin leben.
Weiterhin sind Grundsicherungsempfänger häufiger krank als Menschen, die in wirtschaftlich besseren Verhältnissen leben.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Menschen in der Grundsicherung von der CoronaPandemie deutlich ärger betroffen sind als Menschen in besseren wirtschaftlichen Verhältnissen. Dies betrifft sowohl die technische Ausstattung des Haushalts als auch die Wohnungsgröße als auch die Integration in soziale Strukturen (Kollegen, Vereine etc.).

Die Politik hat auf diese aufgeworfenen Fragen keinerlei Antworten gegeben. Wir fördern mit einem beispiellosen finanziellen Engagement Firmen und schützen deren Anteilseigner vor dem Verfall ihres Vermögens. Zugleich werden die Banken geschützt, die diesen Firmen Darlehen gewährt haben.

Nicht geschützt gegen die Folgen der Corona-Pandemie sind die Armen. Um dies wenigstens ein wenig auszugleichen halten wir eine Erhöhung sowohl der akzeptierten Kosten der Unterkunft je nach Ort um mindestens 10 % und darüber hinaus eine Erhöhung der Regelleistung auf mindestens € 600,00 für notwendig.

Wenn weltweit Menschen auf die Straße gehen unter dem Motto „Black lives matter“, so schließen wir uns dieser Aussage an. Genauso richtig ist es allerdings, dass auch das Leben armer Menschen zählt.«