Samstag 13.06.20, 21:55 Uhr

Gegen Rassismus und Polizeigewalt 5


Heute Nachmittag fand eine ziemlich spontan angemeldete Demonstration zum Thema „Gegen Rassismus und Polizeigewalt“ statt. (Fotos der Demo) Der Auftakt war vor dem Hauptbahnhof. Die Demonstration war offensichtlich privat, d. h. ohne erkennbaren Organisationshintergrund, für 50 Personen angemeldet und erst gestern behördlich mit Auflagen bestätigt worden. Die ca. 75 Teilnehmenden wurden von einem beachtlichen Polizeiaufgebot, zu dem auch Beamte der Bochumer Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft (Besi) gehörten, begleitet.

Die Demonstration ging mit Rufen gegen Faschismus und Rassismus vom Hauptbahnhof über die Viktoriastraße ins Bermudadreieick, um dann an der KAP-Bühne zu enden. In den Reden wurde über persönliche Erfahrungen mit Polizeigewalt berichtetet. Aufgrund der Aktualität des Themas und der Brisanz besprachen einige der anwesenden Bochumer Aktivist*Innen am Ende der Demonstration ein Bündnis ins Leben zu rufen, das sich mit der Planung einer größeren Demonstration zu den Themen befasst. Da am kommenden Wochenende eine Demo in Essen angekündigt ist, soll erst einmal dafür mobilisiert werden. Die nächste Demo in Bochum folgt dann danach.

Die Einleitungsrede des Anmelders im Wortlaut:

»“Ich kann nicht atmen“ sagte George Floyd mehrmals vor seinem Tod, als er mit dem Knie des Polizisten im Genick auf dem Boden lag. Er wurde ermordet. Ein weiterer rassistischer Polizeimord in den USA, ein weiteres Opfer auf der ellenlangen Liste.

George Floyd war der Funke, der in den USA das Feuer entfacht hat. Zurecht sind die unterdrückten Massen auf die Straßen geströmt, um gegen den in der Gesellschaft und im Staatsapparat tief verwurzelten Rassismus Widerstand zu leisten. Warum Widerstand? Weil AfroamerikanerInnen, LateinamerikanerInnen und allen anderen Menschen mit Migrationshintergrund keine Wahl blieb. Wenn sie von der Polizei unterdrückt werden – WEN sollen sie dann zur Hilfe rufen? Nur organisiert und solidarisch können wir uns helfen.

Und jetzt stürzen sich die Medien auf die Gewalt in den Protesten gegen Rassismus? Das ist eine bewusste Ablenkung vom eigentlichen Problem und macht die Medien mitschuldig. Außerdem: Von welcher Gewalt sprecht ihr eigentlich, wenn die mächtigen Staaten dieser Welt tagtäglich blutige Kriege führen, denen Millionen Menschen zum Opfer fallen? Von welcher Gewalt sprecht ihr, wenn ihr tagtäglich Menschen anderer Haut- und Haarfarbe niederknüppelt? Von welcher Gewalt sprecht ihr, wenn in euren Ländern Faschisten und Rassisten durch eure Rückendeckung schon unzählige Menschen ermordet haben?

Das ist nichts als Heuchelei und auch kein Problem, was nur in den USA existiert. In Deutschland ist dieses Problem aktueller denn je. Hier dürfen die geistigen Brandstifter unter dem Namen der Demokratie ihre menschenfeindliche Hasspropaganda verbreiten. Die Ergebnisse sind deutlich: NSU Morde, brennende Flüchtlingsheime, Solingen, Mölln, Halle, Hanau und und und

Schluss mit dieser Menschenfeindlichkeit! Wir kämpfen weiter, bis wir eine Gesellschaft erreicht haben, in der kein Mensch mehr unterdrückt wird!«


5 Gedanken zu “Gegen Rassismus und Polizeigewalt

  • Ulla Rothe

    Gut, dass in Bochum überhaupt etwas organisiert wurde … Ich war mit drei Freund*innen aus Guinea am Bochumer HBF, und sie waren die einzigen „Schwarzen“. Wenn wir das Gedenken an George Floyd und BLACK LIVES MATTER ernst nehmen wollen, dann müssen wir „Schwarzen“ eine Stimme geben. Sie machen auch in Bochum viele rassistische Erfahrungen, die weh tun und wütend machen. Denkt bitte darüber nach!

  • Andreas

    Hmmm, wir müssen „Schwarzen“ eine Stimme geben? Wir?
    Also Ulla als „alte weiße Frau“ und ich als „alter weißer Mann“?

    Ich war am vorletzten Sonntag mit 5000 anderen Menschen bei der „Migrantifa“-Demo in Köln. Alle Redner*innen auf der Auftaktveranstaltung waren „schwarze“ Frauen (?).

    Wir müssen „Schwarzen“ keine Stimme geben. Diese Stimmen gibt es schon. Laut, kämpferisch und kreativ. Und ja, diese Stimmen sind überwiegend akademisch geprägt und erreichen nicht unbedingt alle geflüchteten Menschen. Aber diesen Mechanismus kennen wir als „weiße“ deutsche Linke ja auch.

    Ich sehe es eher als einen unserer Jobs als „weiße“ Linke über die Reproduktion von rassistischen Stereotypen in unserer Szene zu diskutieren, die manchmal auch im Gewand von „wir nutzen unsere weißen Privilegien zur Unterstützung von „Schwarzen“ Menschen“ daherkommt und doch wieder die alte Paternalismuskarte spielt.

    Nein, dies ist kein Aufruf sich nur mit sich selbst zu beschäftigen und darüber zu vergessen, dass z.B. racial profiling und Polizeiübergriffe wie letzten Monat in Wanne-Eickel unser Handeln erfordern. Aber das eine ohne das andere geht nicht.

    • Ulla Rothe

      Du hast ja Recht, Andreas, die Stimmen sind da – klar und deutlich -, und wir sollten dazu beitragen, dass sie gehört werden. Und miteinander reden, was wir gemeinsam tun können – dabei können wir „weisse Alte“ auch neue Erfahrungen machen und uns reflektieren …

  • Andreas

    Hatte ich noch vergessen:

    Eine Doku zur Demo „Weil wir schwarz sind – Black-Lives-Matter-Demo in Düsseldorf“ am 6.6.
    http://www.youtube.com/watch?v=IxVWW7OvuGQ

    und

    der aktuelle Podcast der „Kanackischen Welle“ zu Polizeigewalt & Racial Profiling gegen Schwarze in Deutschland:
    kanackischewelle.podigee.io

  • aichard

    Ich habe in einem Dokumentarfilm mal einen schwarzen US-Amerikaner sagen hören, dass er sich von dem Begriff „Afroamerikaner“ diskriminiert fühle, denn er habe mit Afrika nichts zu tun – seine Vorfahren lebten seit 5 Generationen in den USA. Ich fand das überzeugend, zumindest, solange man weiße US-Amerikaner nicht Euro-Amerikaner nennt. Oder ist es richtig, einen sprachlichen Unterschied zu machen zwischen denen, die seit 5, und denen, die seit 10 Generationen im Indianerland leben?

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