Dienstag 12.05.20, 12:54 Uhr

Neonazis und Anhänger*innen von Verschwörungsmythen spazieren durch Bochum 4


Antifaschistische Linke Bochum schreibt auf dem Infoportal Antifaschistischer Gruppen aus Bochum: »Am gestrigen Montag, den 11.05., versammelten sich ab 19:00 Uhr ca. 30 Personen aus dem Spektrum der Impfgegner*innen und Anhänger*innen von Verschwörungsmythen vor dem Bochumer Rathaus. In einer lokalen Telegramm Gruppe verabredeten sich diese, um gegen eine vermeintliche “Coronapanikmache” auf die Straße zu gehen. Unter die Teilnehmenden mischten sich von Anfang an auch die örtlichen Neonazis des Kreisverbands der NPD. Marco vom Brocke, Shauna-Charis Seidel und Claus Cremer nahmen an dem Spaziergang teil. Offensichtlich wurde bereits die Telegramm-Gruppe von der NPD unterwandert, so dass die Info des eigentlich geheimen Spaziergangs bei den Nazis bekannt war. Nach rund 100 Metern wurde den Spaziergänger*innen mitgeteilt, dass sich bekannte NPD-Nazis unter ihnen befänden. Während einige erstaunt reagierten, reagierten andere Teilnehmer*innen wenig beeindruckt. Entscheidend ist jedoch, dass die gesamte Gruppe trotz dieser Information ihren Marsch mit den NPD Kadern durch die Bochumer Innenstadt fortsetzte. In einer regen Diskussion zwischen Kritiker*innen und Teilnehmenden im Nachgang des verschwörungstheorischen “Spaziergangs” wurde behauptet, nichts von der politischen Ausrichtung von Cremer und Co. gewusst zu haben.
Unter den Anwesenden waren zudem viele Personen, die bereits am Samstag der Kundgebung “für den Erhalt der Grundrechte” besuchten, welche auch dem verschwörungstheoretischen Spektrum zuzuordnen war. Bereits am Samstag nahm mit Bernhard Schreiber ein bekannter Reichsbürger aus Gelsenkirchen an der Kundgebung teil. Auch Narrative, die der Neuen Rechten entstammen wurden auf der Kundgebung reproduziert.
Der Spaziergang am heutigen Tag war nicht angemeldet und wurde weder von der Polizei noch vom Ordnungsamt begleitet. So war es den Teilnehmenden möglich, einmal durch die komplette Bochumer Innenstadt zu laufen. Das von Nazis und Anhänger*innen von Verschwörungsmythen eine reale Gefahr ausgeht, ist spätestens seit dem Anschlag in Halle und dem Mord an Arkan Hussein Khalaf in Celle bekannt. So kam es auch heute aus diesem Spektrum zu Gewalt. Gegen Ende der Kundgebung versuchten zwei Teilnehmende, die offenbar Sympathien für die NPD haben und kurz zuvor Werbeflyer von Claus Cremer entgegennahmen, kritische Beobachter*innen anzugehen.
Wir gehen weiterhin davon aus, dass in den nächsten Tagen und Wochen Veranstaltungen und Spaziergänge aus diesem Spektrum geplant sind. Die Inhalte, die auf solchen Veranstaltungen reproduziert werden, dürfen nicht widerspruchsfrei bleiben. D.h. auch dass antifaschistischer Protest und Beobachtung von Nöten ist. Wenn verschiedene Bochumer Initiativen und Parteien zum Wahlkampf proklamieren, dass sie sich der AfD und der NPD entgegenstellen wollen, dann müssen sie sich konsequenterweise nun auch gegen Verschwörungsmythen auf die Straße begeben. Wir rufen alle antifaschistischen Kräfte in Bochum dazu auf, Proteste zu organisieren und Verschwörungsmythen nicht widerspruchsfrei zu zulassen.«


4 Gedanken zu “Neonazis und Anhänger*innen von Verschwörungsmythen spazieren durch Bochum

  • Pussycat

    Die Neonazi-Szene in der Region um NPD, ebenso AfD und Steeler Jungs agiert teilweise ganz offen. Am 07.03.2020, Frauendemonstration in Bochum , standen mehrere Nazis am Straßenrand und schauten sich die vorbeiziehende Demonstration an.

    • Peter

      The Times They Are a-Changin’

      „… Paul: Ja. Kurz vorher. Wir wollten genau solche Bedrohungen und Angriffe wie auf der Schülerdemo und in Wattenscheid nicht auf unserer Demo erleben. Alle DemonstrantInnen sollten sich sicher fühlen, ohne Angst demonstrieren können. Das hieß wir machten zur Demo eine Sicherheitsgruppe, die auflaufenden Nazis eine Ansage erteilen und wenn nötig vertreiben sollten. Ich war für die Gruppe verantwortlich. Kurz vor der Demo trudelten Typen der Oi-Bois und aus dem Umfeld der FAP ein. Ich war wegen all der letzten Vorfälle auf 180, wartete erst gar nicht ab, bis die Gruppe da war und saugte die an. Dass sie sich lieber vom Acker machen sollten, sie würden heute so was auf die Schnauze kriegen, dass ihre Mutter sie nicht wiedererkennen würde. Sie verzogen sich.

      Azzoncao: Das klingt jetzt aber doch nach dicker Hose.

      Paul: Ich würde eher sagen, dass klingt nach mir. Lange Zeit ruhig bleiben, schlucken, die Klappe halten und dann Explodieren.
      Die Demo verlief mit 800 Leuten ziemlich erfolgreich. Auf der Höhe der Hauptpost an der Wittenerstraße nahm ich aus 100 Meter Entfernung vier Nazis auf dem Bürgersteig war, die den Arm nicht unten lassen konnten, den Hitlergruß zur Demo hin machten. Bevor wir aber noch da waren, hatte sich eine andere Combo aus der Demo gelöst. Das ging ruck zuck, da lagen die schon. Am Eingangbereich, ca. 30 Meter weiter, schien sich das Gleiche, nur viel gröber, abgespielt zu haben. Die Demo war ruhig weiter gegangen. Fast beiläufig wurde die ruppige Antwort auf die Provokation gutiert, Parolen gerufen und weiter gezogen. Im Grunde genommen vorbildlich. Die Polizei hatte Nichts mitbekommen. Da die nächsten Wannen 100 Meter weiter standen und die
      Straße sich zu ihnen etwas absenkte, konnten sie gar nicht mitbekommen was passiert war und sahen nur eine ruhig dahinziehende Demo. Perfekt.
      Ein paar Tage später sah ich einen der Nazis aus dem Eingangsbereich der Post. Er hatte beide Arme eingegipst und lief so durch die Stadt. Nach dieser Demo hat sich in Bochum kein Nazi mehr getraut eine Antifademo anzugreifen. Das eine Bochumer Demo wieder mit Hitlergruß und rechtsradikalen Parolen provoziert wurde, dauerte fast 10 Jahre….“
      (Quelle: https://linksunten.archive.indymedia.org/node/118284/index.html)

      Das war 1988. Heute bedrohen die Mitglieder Bochumer Antifa-Gruppen lieber andere Antifas und Linke als gegen Nazis vorzugehen. The Times They Are a-Changin’.

  • Thomas

    Ich bin jetzt auch in dieser Telegram-Gruppe und demnach ist für heute um 18 Uhr ein Spaziergang der o.g. Gruppen auf dem Friedensplatz in Dortmund angekündigt.

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