Mittwoch 29.04.20, 14:51 Uhr

DGB: Solidarisch ist man nicht alleine 1


Der Bochumer DGB schreibt: »„Solidarisch ist man nicht alleine.“  Das diesjährige 1. Mai-Motto trifft gerade in der aktuellen Krise den Kern. „Die Mehrheit der Menschen zeigt sich aktuell unglaublich solidarisch: Sie halten Abstandsgebote ein, verzichten auf viel und helfen sich untereinander. Und auch die großen Hilfsprogramme zeigen, wie wichtig ein starker und solidarischer Staat ist. Das macht Mut, aber jetzt müssen die Weichen weiter in Richtung Solidarität gestellt werden. Es darf nicht übersehen werden: Die Krise verschärft bestehende soziale Ungleichheiten“, sagt Bettina Gantenberg, Vorsitzende DGB Bochum. Schon vor einigen Wochen hat der DGB die Entscheidung getroffen, dass es keine Kundgebungen und Demonstrationen zum Tag der Arbeit geben wird. Auch für die Gewerkschaften gilt: Mit Anstand Abstand halten. „Deshalb bringt der DGB die Stärke der Gewerkschaften, die vor Ort und in den Betrieben wirksam wird, bundesweit in einem digitalen Programm zusammen“, so Gantenberg. „In Bochum haben wir einen kleinen Clip mit Statements zum 1. Mai erstellt, den man auf den Webseiten der Gewerkschaften ansehen kann.“

Höhepunkt wird die große, bundeszentrale Livesendung zum 1. Mai sein: Künstlerinnen und Künstler, Prominente, Talks, Mitmach-Aktionen und ein großer Rundblick durch die Bundesrepublik zeigen von 11-14 Uhr , wie bunt und vielfältig der 1. Mai in diesem Jahr trotz Corona ist. Dabei kommen alle Branchen, Gewerkschaften und Bundesländer zu Wort. Durch die Sendung wird u. a. Katrin Bauerfeind führen; Pop-Acts wie Mia, Konstantin Wecker oder die Singer-Songwriterin Sarah Lesch bringen den Tag der Arbeit zum Klingen. Alle Informationen hierzu unter – https://www.dgb.de/erster-mai-tag-der-arbeit

Der DGB fordert zum 1. Mai konsequenter gegen soziale Schieflagen vorzugehen: „Die Hauptlast tragen aktuell Menschen in Berufen, die nicht angemessen bezahlt werden und deren harte Arbeit kaum Wertschätzung erfährt. Lockerungen von Arbeitsschutzbestimmungen wie bei der Arbeitszeit sind ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen.“ Für die, die derzeit weniger oder nicht arbeiten, gelte es weiterhin, das Kurzarbeitergeld aufzustocken. Hier seien die Unternehmen gefordert, denn sonst landeten viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jobcenter mit Hartz IV. „Da muss auch die Landeregierung aus ihrem großen Hilfstopf mit einem „Sonderfond Kurzarbeitergeld Plus“ unterstützen“, betont die Gewerkschafterin und verweist auf weitere soziale Schieflagen, z. B. im Bildungsbereich. Die aktuelle Schulpolitik der Landesregierung verschärfe die entstandenen Ungleichheiten noch. Auch die Auszubildenden dürften jetzt nicht allein gelassen werden. Nötig sei ein Bündel an Maßnahmen, das beitrage, die soziale Lage der Azubis abzusichern, sicherstelle, dass die Ausbildung trotz Insolvenzen abgeschlossen werden könne und ausreichend Ausbildungskapazitäten für das neue Ausbildungsjahr erschließe. „Jeder investierte Euro in Ausbildung rechnet sich“, betont Gantenberg.

„Die Einführung von Kurzarbeit ist natürlich ein Schwerpunktthema in unseren Betrieben“, sagt Eva Kerkemeier, 1. Bevollmächtigte IG Metall Bochum-Herne. „Mittlerweile sind ca. 50 Prozent der Betriebe in unserem Organisationsbereich in Kurzarbeit – im Mai kommen weitere Betriebe dazu.“

Die geplanten Verbesserungen bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes sind sicherlich begrüßenswert, allerdings benötigen Beschäftigte in den unteren Entgeltgruppen bereits im ersten Monat von Kurzarbeit mehr als 60 Prozent ihres letzten Nettoverdienstes!

Ein wichtiges Thema für die IG Metall und ihre Betriebsräte ist jetzt das Thema Gesundheitsschutz: „Masken tragen ist auch in den Betrieben kein ausreichender Schutz für die Beschäftigten, sondern es müssen organisatorische und technische Voraussetzungen geschaffen werden, damit Gefährdungen vermieden werden können“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende des DGB Bochum. „Als IG Metall haben wir Handlungshilfen zum Gesundheitsschutz entwickelt, damit unsere Betriebsräte im Zweifelsfall auch ihr Initiativrecht durchsetzen können.“

„Solidarisch ist man nicht allein“, auch nicht in der betrieblichen Interessenvertretung. Deshalb steht die IG Metall auch weiterhin ihren Mitgliedern und Betriebsräten zur Seite.

Auch wir vom Stadtverband der GEW in Bochum wollen uns zu Wort melden, wenn auch nur digital. Wir wollen uns auch unter diesen erschwerten Bedingungen mit Vehemenz für die Interessen aller Beschäftigten im Bildungsbereich, von der Kita bis zur Hochschule einsetzen.

„Denn jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie zeigt es sich überdeutlich, was in den letzten Jahren alles versäumt wurde: Die verschleppte Digitalisierung, die maroden Gebäude, in denen die Einhaltung der Hygienevorgaben unmöglich ist, und vieles andere mehr.  Die vorhandene Chancenungleichheit wird in dieser Situation verschärft und führt zu noch mehr Bildungsungerechtigkeit. Es fehlen Ressourcen und Infrastruktur“, mahnt Doris Stiller, Mitglied des Leitungsteams der GEW Bochum.

Wir als Bildungsgewerkschaft sind in der Pflicht, auf die Probleme aufmerksam zu machen: Vernetzt mit weiteren Gewerkschaften und demokratischen Bewegungen, solidarisch, kraftvoll und kampfbereit, damit die Bildung in Deutschland alle erreicht und die Gesundheit aller Beteiligten nicht gefährdet wird.

Ob nur digital oder gemeinsam auf dem Rathausplatz, der 1. Mai ist sowohl ein wichtiger Tag um das Erreichte zu feiern als auch weiter Fortschritte zu fordern.

Gemeinsam stärker!

Zum ersten Mal seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes 1949 wird es 2020 keine Demos und Kundgebungen auf Straßen und Plätzen zum Tag der Arbeit am 1. Mai geben. Denn in Zeiten von Corona heißt Solidarität: mit Anstand Abstand halten.

Die Gewerkschaften können auf ihre Grundwerte bauen, Solidarität, für die Schwächeren da sein, helfen und gemeinsame für eine soziale und demokratische Gesellschaft kämpfen. Wir wollen mithelfen, die Krise zu überwinden. Wir erwarten aber, dass Beschäftigte geschützt werden, ihr Einsatz anerkannt wird. Ein ausdrückliches Dankeschön an diejenigen, die z.Zt. mehr leisten, oft ein hohes Risiko eingehen und die Gesellschaft zusammenhalten.

Bernd Dreisbusch, Geschäftsführer ver.di Mittleres Ruhrgebiet stellt aber klar: „Wir werden aus Worten Taten machen. Ein Dankeschön reicht nicht! Diejenigen die besonders jetzt, besonders hart malochen, müssen besonders honoriert werden.“   Trotz alledem stehen wir am Tag der Arbeit 2020 zusammen – digital, in den sozialen Netzwerken, mit einer Live-Sendung am 1. Mai. Wir sind da. Wir sind viele. Und wir demonstrieren online unser Maimotto: Solidarisch ist man nicht alleine!

Auf die Lage von Auszubildenden und Studierenden weist Philipp Siewert von der Gewerkschaftsjugend hin: „Wenn Ausbildungsbetriebe Kurzarbeit anmelden, besteht die Ausbildungspflicht weiter! Wir fordern die Betriebe und Kammern auf, alles für die Aufrechterhaltung der Ausbildungsziele zu tun.“ Allerdings müsse auch die Politik handeln: „Dringend geboten ist, die gemeinsame Ausbildung von Betrieben zu fördern, wenn Betriebe zur Zeit die Ausbildung nicht sicherstellen können. Die Landesregierung schläft.“ Gleichzeitig müsse die Politik auch den Blick nach vorne richten: „Es ist absehbar, dass die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze in diesem und nächstem Jahr drastisch sinkt. Die Politik muss hier ordnend eingreifen, z.B. könne Ausbildung ein Vergabekriterium für öffentliche Aufträge werden.“

Die Gewerkschaftsjugend mahnt auch, die soziale Situation von Studierenden nicht aus dem Augen zu verlieren: „Viele haben ihren Nebenjob verloren. Wer jetzt kein Bafög bekommt, kann sich oft kaum noch über Wasser halten. Schnelle und unbürokratische Lösungen müssen geschaffen werden, damit Studierende die Zeit überbrücken können.“«


Ein Gedanke zu “DGB: Solidarisch ist man nicht alleine

  • Ron

    Wow, diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen „Und auch die großen Hilfsprogramme zeigen, wie wichtig ein starker und solidarischer Staat ist.“
    Quintessenz: Es lebe der Staat. Der Staat muss stark sein. Der Staat ist solidarisch. Au Backe!
    Was liegt hier für ein autoritäres Staatsverständnis vor. Kennen diese Gewerkschaftler*innen eigentlich noch das Instrument der Klassenanalyse?

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