Freitag 20.03.20, 17:14 Uhr

Anträge in Zeiten von Corona


Norbert Hermann von Bochum Prekär schreibt: »Als sei er hellsichtig hat Gabriel García Márquez bereits 1985 im Roman „Die Liebe in den Zeiten der Corona“ die heutige Situation beschrieben. Sehr empfehlenswert in diesen besinnlichen Zeiten.
Mehrere Millionen Anträge auf Kurzarbeit, Arbeitslosengeld, Hartz IV und Weiteres erwartet die Bundesagentur für Arbeit. Dabei bleiben seit Mittwoch alle Dienststellen geschlossen. Die Telefonnetze der Arbeitsagentur und des Jobcenters sind völlig überlastet. Anträge und Mitteilungen könne auch per mail, per „Gelber Post“ oder per Hauseinwurf eingereicht werden. Es ist damit zu rechnen, dass angesichts dieser Flut das Eine oder Andere verloren geht. Das haben wir in den ersten Jahren Hartz IV zur Genüge erlebt. Für eine Leistungsgewährung ist aber in aller Regel das Antragsdatum wichtig, auch bei bestimmten Mitteilungen, um einen Betrugsvorwurf zu vermeiden. Darum war es beim Jobcenter und bei der Arbeitsagentur bisher möglich, unmittelbar bei persönlicher Einreichung von Unterlagen eine Empfangsbestätigung zu erhalten. Diese Möglichkeit entfällt jetzt.

Welche Möglichkeiten gibt es bei einem Verlust der eingereichten Unterlagen die Einreichung glaubhaft zu machen (ggf. auch vor Gericht)?

  1. Die beste Methode ist der Einwurf unter Zeugen: zwei, besser drei Menschen, die möglichst nicht zur eigenen Familie gehören, sind beim kontrollierten Einwurf der Unterlagen anwesend und bestätigen auf der Rückseite einer Kopie mit ihrer Unterschrift unter Angabe von Ort, Datum und Uhrzeit den korrekten Einwurf. Handelt es sich um mehrere Seiten so ist ein Anschreiben hinzufügen mit einer Auflistung der eingereichten Unterlagen. Es genügt dann eine Unterschrift auf einer Kopie des Anschreibens.
  2. Zusendung per Einschreiben (mit Rückschein): Das kann hilfreich sein bei der Glaubhaftmachung. Es hat allerdings den Nachteil, dass aus der Postquittung nicht ersichtlich ist, was eingereicht worden ist.
  3. Einreichung per Fax mit „#qualifiziertem Fax-Sendebericht“: Hier wird ein Sendebericht ausgedruckt, der ein verkleinertes Faksimile der ersten gefaxten Seite enthält. Auch hier ist also ein Anschreiben mit Auflistung wichtig. Über solche Faxgeräte verfügen Anwaltskanzleien, manche Sozialberatungen und auch manche Copy-Shops. Es gibt auch PC-Software dazu und Online-Angebote.
  4. Anträge und Unterlagen müssen nicht persönlich eingereicht werden, dass kann auch wer anderes machen, wenn wir besser zuhause bleiben. Anträge können auch bei einer nicht zuständigen öffentlichen Einrichtung eingereicht werden (Polizei Feuerwehr, Finanzamt …, möglichst mit Empfangsbestätigung) oder an einem anderen Ort. Sie müssen unverzüglich an die zuständige Stelle weitergeleitet werden (§ 16 SGB I).

Für den Fall eines Verlustes (und überhaupt) sind von allen eingereichten Unterlagen Kopien anzufertigen und zurückzubehalten. Original-Unterlagen sollten eh nicht eingereicht werden. Im Anschreiben ist eine (formlose) umgehende Eingangsbestätigung zu erbitten. Handelt es sich um existenzsichernde Leistungen, so ist eine Bescheidung innerhalb von14 Tagen zu erwarten. Bei einem Ausbleiben sollte zügig nachgehakt werden. Nichts auf die lange Bank schieben, ein Verschleppen von Anträgen kann zu großen Nachteilen führen. Ist die Existenzsicherung unmittelbar gefährdet, so ist im Anschreiben darauf hinzuweisen und ggf. eine kurze Frist einzuräumen. Jobcenter und Arbeitsagenturen bieten auch Notfallmöglichkeiten an. Hilft alles nichts, so ist vom Eilrechtsschutz der Sozialgerichte Gebrauch zu machen.

Es gibt viele Menschen, die nicht über Möglichkeiten der modernen Telekommunikation und/oder einer schriftlichen Einreichung verfügen. Dazu zählen beispielsweise wohnungslose Menschen und Zugewanderte, insbesondere solche ohne sicheren Aufenthaltsstatus (sog. „Illegalisierte“). Manche Menschen können mit den Medien auch nicht umgehen. Wenn ich sie frage, wie sie an meine Telefonnummer gekommen sind, sagen sie: „Steht in meinem Handy“. Internet haben sie nicht, auch Google und WhatsApp „haben sie im Handy“. Allen diesen Menschen ist jetzt ganz besonders und ohne Einschränkungen die Existenzsicherung zu sichern und dafür niedrigschwellige und infektionssichere Kontaktmöglichkeiten einzurichten.


Adressen in Bochum:

http://www.jobcenter-bochum.de/home.html
In finanziellen Notsituationen ist der jeweils zuständige Standort während festgelegter Zeiten telefonisch direkt erreichbar (siehe dort Spalte rechts).

https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/bochum/startseite
Persönliche Vorsprachen sind aktuell leider nicht möglich (Ausnahme: Bargeldauszahlung im Notfall).

Faxservice Bochum: z.B. Copypoint, Wittener Str. 87, 44789 Bochum (geöffnet)

Sozialberatungsstellen:

Sozialberatung-Ruhr e.V. (Toni Hillebrand, Jurist); 44791 Bochum,Am Bergbaumuseum 37,
Mo. u. Do. 14.00 – 16.00 Uhr, Tel.: 0176 – 90 79 25 78; http://www.sozialberatung-ruhr.de/; mail: mail-an-beratung@gmx.de

Erwerbslosenberatung der Inneren Mission, Westring 26, 44787 Bochum, 3. Etage, R. 315 u. 316; Tel. 9133-155/6; täglich erreichbar, Mo. 9-13 u. Do. 13-15.30 ohne Anmeldung: http://www.diakonie-ruhr.de/rat_und_hilfe/erwerbslosigkeit

IG Metall – Erwerbslosenberatung, Alleestr. 80, 44793 Bochum Telefon:0234 – 96446-0 Mail: bochum-herne@igmetall.de; jeden Montag 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr; Rechtsberatung Arbeits- /Sozialrecht, nach Vereinbarung; Telefon: 0234-96446-25

Partei „Die Linke“ Bochum, Wahlkreisbüro Sevim Dagdelen;

44793 Bochum, Alleestr. 36, Tel.: 610 65 855/6; Do. 16.00 – 18.00

Unabhängige Sozialberatung; Beratungs- und Beschwerdestelle für Erwerbslose, Haus der Begegnung, Alsenstr. 19a, , 44789 Bochum,

Di.: 16.00 – 18.00, Tel.: 0157 – 36 44 20 58; http://www.sozialberatung-bochum.de/;

Beschwerdestelle/Kundenreaktionsmanagement Jobcenter Bochum; Herr Loges und Frau Rumpf: 0234 – 9363-1010; Pressesprecher Herr Rohleder: 9363-1040. Erst mit der Sachbearbeitung sprechen, dann nach der Teamleitung fragen.

 

Beratungsstellen bundesweit:

https://tacheles-sozialhilfe.de/beratung-und-hilfe/adressverzeichnis/

https://www.erwerbslos.de/adressen

http://www.verdi-erwerbslosenberatung.de/

http://www.verdi-aufstockerberatung.de/