Freitag 10.01.20, 21:13 Uhr

Gender-Geisterbahn am Schwanenmarkt 4


Matthias Schamp, Inhaber einer kleinen gutgehenden Sinnsucherei teilt mit: »Die Arbeit am Schwanenmarkt 1 schreitet voran. Nach der fulminanten Eröffnung unter dem Motto „Die Mauer muss weg!“ Ende letzten Jahres gibt es jetzt am Samstag, 11. Januar 2020, 19 Uhr eine: Gender-Geisterbahn. Der Schwanenmarkt 1 ist ein Labor für Kunst & soziale Recherche. Das Projekt wurde von mir gemeinsam mit Helene Skladny und Stephan Strsembski ins Leben gerufen. Sechs Seminare der Evangelischen Hochschule RWL sind involviert. Über 100 Studierende. An der Gender-Geisterbahn zudem Gilbert Geister.

Die fulminante Eröffnungs-Veranstaltung von Schwanenmarkt 1 fand übrigens am selben Tag statt, an dem unser Bundespräsident in seiner 30-Jahre-Mauerfall-Rede die Bevölkerung aufrief – O-Ton – „neue Mauern einzureißen“. Und während die Worte noch nachklangen, waren wir mit unseren Vorschlaghämmern längst am Werke. In der Mauer, die den ehemaligen Kioskraum von den ehemaligen Toilettenräumen trennte, prangt jetzt ein Loch. Ein paar Fotos habe ich angehängt. Am Samstag folgt mit der Gender-Geisterbahn nun der 2. Streich. «
Fotos von Bernd Beuscher, Claudia Heinrich und Daniel Sadrowski


4 Gedanken zu “Gender-Geisterbahn am Schwanenmarkt

  • Ronny

    Schade auch, das die Ex-Trinkhalle nicht an die gegangen ist, die sie am notwendigsten haben. An die Ultras, die einen eigenen, unabhängigen Treffpunkt brauchen und für die dieser Ort zum VFL-Stadium wie geschaffen ist. Stattdessen mal wieder ein basisfernes Kunstprojekt, dass von oben erdacht der Gentrifizierung der Innenstadt Vorschub leistet.
    Kein Wunder das hier das Ok der Stadt kam.

    • Petra

      Hallo Ronny, ich war am Samstag den 11.01.2020 auf der Gender-Geisterbahn Kunstaktion in der Trinkhalle / Toilettenhaus. Die sind weder basisfern und auch nicht abstrakt, sondern veranstalteten eine bevölkerungsfreundliche Kunstaktion. Die Veranstalter waren zahlreiche Studierende der EVH. Bevölkerungsnahe Kunst braucht öffentliche Räume ! Natürlich die Ultras wahrscheinlich ebenso. Um das zu erreichen solltet ihr euch möglicherweise das nehmen was ihr braucht. ! Also besetzt ein Gebäude das der Stadt oder dem Land NRW gehört und stellt Forderungen ! Wie müssen uns nehmen was wir brauchen !

  • Bernd

    @Ronny
    So etwas kann nur jemand schreiben, der sich total mit Gentrifizierung auskennt, aber weder das Klohäuschen noch die Ultras kennst. Die Ultras hätten sich bedankt, wenn man ihnen ein Scheißhaus angeboten hätte. Das ist wirklich nur etwas für Leute, die kein Zuhause sondern ein Kristalisationspunkt für spektakuläre Events suchen. Wenn die Ultras nach der Winterpause da wieder vorbeiziehen, kannst Du ihnen das ja zeigen und fragen, ob sie das haben wollen. Sie werden Dich auslachen

  • Matthias Schamp

    Danke unbekannterweise an @Bernd und @Petra für ihre zutreffenden Kommentare.
    Was die Äußerung von @Ronny anbelangt, möchte ich hier doch etwas Richtigstellen:
    1. Das Projekt „Schwanenmarkt 1“ wurde nicht von oben erdacht. Sondern es ist an der Basis entstanden. Das haben sich nämlich Stephan Strsembski, Helene Sladny und ich gemeinsam ausgedacht. Und wir gehören genauso zur Basis dieser Stadt wie die Ultras.
    Wir sind dann mit unserer Idee erst an die EVH und dann an die Stadt herangetreten. Und haben in beiden Fällen offene Türen eingerannt.
    Auch die circa 100 Studierenden, die sich in das Projekt mit unglaublich viel Power und Freude einbringen, sind alles andere als basisfern. Die meisten jobben neben dem Studium. U. a. Sozialarbeit auf dem Straßenstrich, ambulante Drogenhilfe, Altenpflege… Ich staune oft selber über die Lebenserfahrung dieser Studierenden.
    Die Zusammenarbeit mit der Stadt lief bisher auf allen Ebenen sehr gut und auch erstaunlich unbürokratisch. Ob es z. B. darum ging mit einem Statiker der Stadt den „Mauerfall“ zu besprechen. Oder darum, den Müllberg, den wir bei der Reinigung des angrenzenden Brachgrundstücks zusammengetragen hatten, abzutransportieren.
    2. Das Gebäude ist nicht einfach mal so an uns „gegangen“. Sondern wir erarbeiten uns das hart. Allein ich habe schon ein paar hundert Stunden ehrenamtliche (also unbezahlte) Arbeit in das Projekt gesteckt. Arbeiten auf dem Dach, Mauer-einreißen, historische Recherche etc.. Wenn wir die Arbeit von allen, also auch der Studierenden zusammen rechnen, kommen wir jetzt schon auf weit über tausend Stunden..
    3. Es handelt sich mitnichten um ein basisfernes Kunstprojekt. Sondern „Schwanenmarkt 1“ ist ein Labor für Kunst und soziale Recherche. Wer zur Gendergeisterbahn gekommen ist, hat die Basis gesehen (und war Teil davon). Sicher nicht die ganze Basis, denn es steht ja wohl zu hoffen, dass dazu mehr als 150 Personen gehören. Aber doch eines repräsentativen Teils.
    In der Vergangeneit haben wir an anderen Orten – vor allem dem Kunstmuseum – immer wieder Projekte zur Alltagskultur realisiert (u. a. im letzten Jahr die Ausstellung „Das Haustierprojekt – zum Verhältnis von Mensch und Tier“, eine Ausstellung „Sammeln Sammeln Sammeln“, zur Frage was und warum Leute sammeln, oder ein Projekt mit Demenzkranken, bei dem es u. a. darum ging, wie diese Bilder sehen). Die Ausstellungen wurden von vielen tausend Bewohnern dieser Stadt besucht. Und das obwohl sie „Low Budget“ hart an der Grenze zu „No Budget“ waren.
    Für die Zukunft erhoffen wir uns eine Zusammenarbeit mit den Institutionen der Castroper Straße. Natürlich auch dem Stadion. Ein erstes Projekt zur Fussballkultur ist schon geplant. Wenn es in diesem Zusammenhang auch zu einer Kooperation mit den Ultras kommt, würde uns das sehr freuen.
    (Übrigens: Wer die Zeichen zu lesen versteht, dem ist vielleicht aufgefallen, dass wir bei der Reinigung und dem Anstrich der Fassade das Signum der Ultras stehen gelassen haben. Was ausdrücklich auch als Statement zu verstehen ist.)
    4. Den Ultras ist ein Treffpunkt von Herzen zu gönnen.
    Was dieses Bauwerk anbelangt: Das skizziert @Bernd sehr gut. Dem Schreiber @Ronny ist offenkundig gar nicht klar, in welchem Zustand das Gebäude ist: Kein Wasser, kein Strom, keine Toiletten, keine Heizung (und nicht einfach nur nicht angeschlossen, sondern die Zuleitungen gekappt) und etliche Scheiben raus. Dazu an der Rückseite mehrere Quadratmeter offenes Dach mit angefaulten (und teils auch weggefaulten) Balken. Wenn wir uns der Sache nicht angenommen hätten, wäre das Dach in Kürze eingestürzt. Und dann hätte sowieso niemand mehr mit dem Gebäude was anfangen können.
    Wir arbeiten jetzt mit Baustrom, was schon ein riesiger Fortschritt ist (vorher Stromgenerator) und das Wasser holen wir mit Kanistern vom Museum.
    Dieses Gebäude war 15 Jahre dem Verfall preisgegeben. Ich finde es verwunderlich, wie jemand reflexhaft Einwände formuliert, wenn endlich damit was geschieht. In einer Zeit, in denen sogar über Wegwerfbecher diskutiert wird, sollte es Wegwerfarchitektur doch noch viel weniger geben.

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