Montag 18.11.19, 18:47 Uhr

Spot on: Syrische Dokumentarfilme


Foto: Guevara Namer

Am Mittwoch dieser Woche startet das 27. blicke – Filmfestival des Ruhrgebietes. Bis Sonntag findet ein umfangreiches Programm statt. „Spot on“ heißt es am Donnerstag von 19 bis 22 Uhr. Dann werden syrische Dokumentarfilme nach 2011 gezeigt. Die Ankündigung: »Seit den landesweiten Demonstrationen im Jahr 2011 herrscht Krieg in Syrien. Längst dominiert der Konflikt sämtliche Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens. Unabhängige Berichterstattung und freie Meinungsäußerung werden unterdrückt. Es ist zu einem Akt des Widerstands geworden, die Repressionen und alltägliche Gewalt zu dokumentieren.

Menschen ohne Vorkenntnisse in Kamera- und Tontechnik werden in dieser Situation plötzlich zu Journalisten und Kulturschaffenden, die der Propaganda der Kriegsparteien andere Bilder entgegensetzen. Im Verbund mit professionellen Filmemacher*innen, Aktivist*innen und Produktionsinitiativen entstehen weiterhin dokumentarische Filmprojekte in und über Syrien. Doch es müssen alternative Wege gefunden werden, diese Filme zu drehen, zu schneiden und zu veröffentlichen.

blicke zeigt eine Auswahl syrischer Filme, die mit unterschiedlichen Verfahren und Vertriebswegen den Krieg und die anhaltende Gewalt zu dokumentieren versuchen.

Morning Fears, Night Chants (2012, 26:57min) von Diana El Jeiroudi und Guevara Namer zeigt eine junge Frau, die gegen den Willen ihrer Eltern an den Demonstrationen gegen das Regime teilnehmen will. Gesang und Musik werden für sie zu Ausdrucksformen des Protests, während sie ihre Rolle als Frau innerhalb der Protestbewegung zu hinterfragen beginnt.

Citizen with a Movie Camera ist ein Projekt der Filminitiative Dox Box, die Videoclips aus Syrien gesammelt, thematisch geordnet und zu mittellangen Dokumentarfilmen montiert hat. Die Folge „In Search for Truth“ (22:50min) zeigt mit Aufnahmen von 2012 bis 2013 die immer brutaleren Reaktionen auf die anhaltenden Demonstrationen.

Tuj (2013, 02:09min) von Khaled Abdulwahed ist eine experimentelle Auseinandersetzung mit Krieg, der zunehmend Alltag wird. Der Filmemacher und Videokünstler musste Syrien verlassen und realisiert seine Arbeiten mittlerweile in Deutschland.

Letters to S. (2015, 11:50min) wurde von einer anonymen Regisseurin gemeinsam mit Schweizer Filmstudierenden produziert. Der Film folgt der Perspektive einer syrischen Künstlerin, die während einer Art Residency in Zürich halb belustigt, halb resigniert den Umgang der Schweiz mit Geflüchteten beobachtet.

One Day in Aleppo (2017, 24:46min) von Ali Al Ibrahim dokumentiert einen Tagesablauf in der umkämpften Stadt Aleppo. Die Szenen wurden zwischen 2016 und 2017 aufgenommen. Drei Protagonisten kamen während dieser Zeit in der belagerten Stadt ums Leben.

Im Anschluss an das Filmprogramm findet eine Podiumsdiskussion statt, die sich dem aktuellen syrischen Dokumentarfilmschaffen aus unterschiedlichen Perspektiven nähert.

Teilnehmer*innen:
Guevara Namer ist eine syrisch-kurdische Fotografin und Dokumentarfilmemacherin. Ihr Film „Morning Fears, Night Chants“ feiert 2012 auf dem International Documentary Film Festival Amsterdam Premiere. 2014 war sie Mitinitiatorin der Neugründung des syrischen Dokumentarfilmfestivals „Dox Box“ als Verein in Berlin. Ihr erster dokumentarischer Langfilm „The Other Side of the River“ erscheint 2020. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Irit Neidhardt betreibt die internationale Verleih- und Vertriebsfirma mec film. Sie ist Koproduzentin mehrerer preisgekrönter arabischer Dokumentarfilme, kuratiert Filmprogramme und publiziert regelmäßig zum Themengebiet Kino und arabische Welt.
Ali Al Ibrahim ist Dokumentarfilmemacher und Journalist. 2018 erhielt er für seinen Film „One Day in Aleppo“ den „Young Journalist Award“ der BBC. Er ist TED-Fellow 2019 und leitet Bildungsangebote für syrische Medienschaffende in den Bereichen investigativer Journalismus und fact checking. Er lebt in Jönköping, Schweden.
Das Podium wird moderiert von Larissa Bender. Sie ist Dozentin, Literaturübersetzerin aus dem Arabischen und Journalistin mit Schwerpunkt Syrien und arabische Literatur. Sie hat zwei Anthologien über Syrien herausgegeben und zahlreiche syrische Autor*innen übersetzt. 2018 erhielt sie für ihr Engagement als Brückenbauerin in die arabische Welt das Bundesverdienstkreuz.

Die Filme werden in OmU gezeigt, die Podiumsdiskussion findet auf Deutsch und Arabisch statt. Übersetzung: Hussein Gaafar.
Wir bitten um eine Anmeldung unter info@blicke.org.«