Freitag 27.09.19, 19:15 Uhr

Das Bildungs- und Teilhabepäckchen für Kinder in Bochum 1


Bochum prekär schreibt: »Pünktlich zum 30. Juli hatte die Stadt Bochum eine Presseinformation veröffentlicht zu ihrem geplanten Umgang mit den Neuregelungen des Bildungs- und Teilhabepäckchens für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende in den Rechtskreisen SGB II, SGB XII, AsylbLG, Wohngeldgesetz und BKKG (Kinderzuschlag). Die „Nationale Armutskonferenz“ gemeinsam mit dem Bündnis „AufRecht bestehen“ ((vd. Erwerbsloseninitiativen) hatten zuvor angemahnt: „Das Geld muss bei den Kindern ankommen!„. Denn in der Vergangenheit ist das Geld aus dem Bildungspaket – das es seit 2011 gibt – wegen absurder bürokratischer Hürden selten bei den Kindern angekommen. Bochum lag bei der Bildungsförderung im schlechten Mittelfeld, bei Teilhabeleistungen unten. Auf Nachfrage teilte das in Bochum federführende Jugendamt nun mit: „Bildung und Teilhabe ist ein „Rucksack-Paket“. Soll heißen: ein Anspruch auf BuT-Leistungen ist gegeben, wenn eine bewilligte Sozialleistung – sei es SGB II, Wohngeld, Kinderzuschlag, SGB XII oder Asylleistungen – vorliegt. … Sobald es aber einen Bescheid über diese Leistungen gibt, hat der Leistungsempfänger auch Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen. Um diese in Anspruch zu nehmen, muss er bei der BuT-Stelle lediglich den Leistungsnachweis vorlegen sowie den Nachweis über die gewünschte Leistung. … „

Zur Teilhabe-Pauschale i.H.v. 15 Euro monatlich: „Talentschmiede im Ruhrgebiet“

“ … wir zahlen pauschal 15,00 Euro monatlich, auch wenn durch die Aktivität weniger Kosten entstehen. Einen Antrag in dem Sinne benötigen wir im SGB II nicht, da dieser ja schon mit der Beantragung der Hauptleistung gestellt worden ist. Im Wohngeld und Kinderzuschlagsbereich ist weiterhin ein Antrag notwendig. Einen Nachweis bzw. eine Absichtserklärung ist für die Bewilligung notwendig … .

Der letzte Teil sagt aus, dass wir bei einem entsprechenden Nachweis bzw. Absichtserklärung nicht nur einen Monat bezahlen, sondern die komplette Summe über den vorliegenden Leistungsbescheid. Das bedeutet, dass bei einem Bewilligungsbescheid über 12 Monaten mit einer Aktivität von auch nur einem Cent, die Gesamtsumme von 180,00 Euro bezahlt wird. … Nach § 29 Abs. 5 SGB II bin ich allerdings angehalten im Einzelfall den Nachweis / die Absichtserklärung zu prüfen.“

Das mag alles recht wohlwollend klingen, die bürokratischen Hürden sind aber nicht geringer geworden: Statt der bisherigen formalen Anträge sind nun Anträge zu stellen, die aber diese Bezeichnung nicht tragen sollen. Sozialrechtlich wären sie aber durchaus als Anträge zu werten (falls erforderlich). Dazu wird ein neues Formular entwickelt, sozusagen ein „Nicht-Antrag“.

Bis jetzt also nichts als Seifenblasen seitens der Stadt Bochum. Die Betroffenen sind unzureichend informiert, der Bürokratieaufwand schreckt ab, die Unsicherheit bleibt bestehen, die Pauschalierung wird hinfällig, wenn bürokratisch die Verwendung geprüft wird und ggf. die Bewilligung widerrufen wird. Dabei kann generell davon ausgegangen werden, dass Kinder IMMER Interesse an sozialem Miteinander haben, allerdings nicht immer an organisierten Gruppenangeboten. Eine Förderung beispielsweise für die beliebten Kino-, Theater-, Museums-, Zoobesuche oder auch selbst verwaltete Räumlichkeiten im nahen Sozialraum einschließlich einer obligatorischen kleinen Pizza etc. sieht das Bildungs- und Teilhabepaket aber nicht vor. Hier sollte im Sinne einer Förderung der sozialen Teilhabe die Dispositionsfreiheit der Betroffenen gefördert werden.«


Ein Gedanke zu “Das Bildungs- und Teilhabepäckchen für Kinder in Bochum

  • Norbert Hermann

    Schulbuchkosten
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    Mit Urteilen vom 08.05.2019 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ein zusätzlicher Anspruch auf Übernahme von Schulbuchkosten besteht, wenn diese nicht nach landesrechtlichen Bestimmungen übernommen werden oder es dafür keine Befreiung gibt (B 14 AS 6/18 R und B 14 AS 13/18 R). Dieser Übernahmeanspruch besteht trotz der Änderungen beim Bildungs- und Teilhabepaket zum 1. August 2019. Rechtsgrundlage ist die Härtefallklausel nach § 21 Abs. 6 SGB II.
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    Diese Urteile sind verbindliches Recht und müssen von den Jobcentern angewendet werden. Kein Jobcenter hat hier mehr Ermessen. Sie können auch nicht darauf verweisen, dass solche Kosten in manchen Fällen von Schulpflegschaften oder Fördervereinen getragen werden.
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    Sowohl das MAGS NRW wie auch die Bundesagentur f. Arbeit haben entsprechende Miteilungen versandt.
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    Vorbildhaft hat das Jobcenter Euskirchen die Schulleitungen der örtlichen Schulen angeschrieben und bittet um Hinweis an etwaig hilfebedürftige Eltern auf den Übernahmeanspruch für Schulbuchkosten durch das Jobcenter: https://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Harald_2019/Gute_Verwaltungspraxis_JC_Euskirchen.pdf Das Sozialamt der Stadt Leipzig hat SÄMTLICHE Haushalte in der Stadt angeschrieben und über die Neuerungen zum BuT informiert: https://tacheles-sozialhilfe.de/fa/redakteur/Harald_2019/Gute_Verwaltungspraxis_Leipzig_zum_BuT.pdf
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    Die Stadt Bochum bzw. das Jugendamt als federführende Institution sollte dahinter nicht zurückstehen.
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    Zum Zwecke einer rechtssicheren Gewährung der Pauschale i.H.v. 15 Euro für soziale Teilhabe sollte eine einfache Möglichkeit geschaffen werden. Vorgeschlagen wurden z.B. Mitgliedschaften zu einem Minibeitrag in Schul-AGs, AGs der „Offenen Türen“, oder einem einzurichtenden städtischen Info-Netzwerk des Kulturbüros und des Sportreferates. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Ziel: Ein Euro Mitgliedsbeitrag im Jahr = 15 Euro Pauschale im Monat zur freien Disposition.

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