Freitag 15.03.19, 20:16 Uhr

For Future 6


Die heutige Fridays For Future Demo war unter verschiedenen Aspekten äußerst beeindruckend. Trotz äußerst miesem Wetter nahmen mehr als 2000 nicht nur SchülerInnen teil. Ganze Schulen und Klassen anderer Schulen haben geschlossen an der Demo teilgenommen. Die OrganisatorInnen haben deutlich gemacht, dass sie was zu sagen haben. Christian Lindner war die Witzfigur des Tages.
Er hatte den SchülerInnen in einem Interview den nötigen Sachverstand abgesprochen. Sie verwiesen ganz cool darauf, wie viel Tausend WissenschaftlerInnen inzwischen ihre Forderungen unterstützen. Ein Ausmaß an Unterstützung, von dem der FDP-Politiker nur träumen kann. Die RednerInnen der Demo machten deutlich, dass sie nur deshalb so viel öffentliche Resonanz finden, weil sie den Unterricht boykottieren. Über eine Demo nach der Schule hätten die Medien kaum nennenswert berichtet. Auch inhaltlich zeigten die SchülerInnen, wie fit sie inzwischen sind. Sie listeten auf, wofür alles Geld verschwendet wird und wie lächerlich das Argument sei, dass Maßnahmen zum Klimawandel nicht finanzierbar seien. Sie appellierten schließlich an sich selbst, bewusster mit den Ressourcen des Planeten umzugehen und erinnerten sehr eindringlich daran, dass die Hauptbetroffenen der Klimakatastrophe die Menschen in den weniger industrialisierten Ländern leben. Einige Altlinke standen am Rande und fragten sich, warum sie nicht vor Jahrzehnten in der Lage waren, einen ähnlichen Protest auf die Straße zu tragen.  Bilder von Fridays for Future am 15. März 2019


6 Gedanken zu “For Future

  • Silberrücken e.V.

    Nice, but who the fuck cares … !

    2007 fuhr ich im Auto zu meiner Arbeit in einer medizinischen Einrichtung. Im Radio lief ein Beitrag zu den aktuellen Protesten zu Heiligendamm gegen den G8. Mir war seltsam zu Mute. Ich war seit 1988 (IWF in Berlin) auf Protesten gegen IWF, EU-, G7-, G8-Gipfel im In- und Ausland, als Demonstrant, als Organisator, Reporter, etc.. Zum ersten Mal war ich 2007 anderweit und beruflich so eingebunden, dass ich fern von allem war. Das merkte ich – das all der Protest, die Emotionen, Diskussionen und Aktionen so fern meiner Selbst waren. Ich nahm mir ein Experiment vor. Den ganzen Tag wollte ich in meiner REHA-Einrichtung darauf achten, wer über Heiligendamm, die Proteste und die Inhalte sprach. Ich hatte 20 PatientInnen, führte rund 15 Gespräche mit KollegInnen, saß in der Kantine unter 60 Personen und auf den Fluren – auf den stummen Monitoren der Fernseher liefen die Bilder der Polizeieinsätze. Niemand sprach über Heiligendamm und die Proteste. Die ungefähr 150 Personen, die ich an diesem Tag mitbekam waren ein ganz normaler Querschnitt aus der Bevölkerung.
    Abends auf einer Veranstaltung zu dem Polizeivorgehen war es gegenläufig – 50 aufgebrachte Mit-20iger diskutierten wild durcheinander.
    Heiligendamm war, wie ich es seit Ende der 80iger Jahre kannte. Temporäre Aufregung anlässlich einer Zusammenkunft der geballten Raffgier und Brutalität der Welt – danach nichts mehr. Wie immer waren es nur die Allerwenigsten, die sich den Themen verpflichtet sahen und weiter arbeiteten. Die Rettung des Planeten und der Spezies Mensch, die Verteilungsgerechtigkeit und Würde Aller, war und ist vielen ein Hobby, ein Weg der Gewissensberuhigung und Selbstdarstellung, für den Habitus in ihren Kleinstgrüppchen, für die Politkarriere in Parteien, Gewerkschaften und Verbänden. Den Menschen schien und scheint nur eine kurze Zeitspanne ihres Lebens wert, sich um existenziellen Bedingungen und Grundlagen unseres Lebens und Sterbens zu kümmern. Dieses Ritual und „Gipfelhopping“ konnte ich seit 20 Jahren beobachten.
    Und ihre Aktionen waren – ob friedlich oder militant – so voraussehbar in ihren Formen und Wirkungen, wie sie einplanbar und kalkulierbar waren durch die Repressionsapparate, wie die Vorlagen zur Diskreditierung dieser Proteste schon in den Schubladen der Medienredaktionen lagen.

    Ähnlich geht es mir heute. Jeden Freitag ziehen Schüler*innen durch die Städte und demonstrieren zu dem sich vollziehenden Klimawechsel, bzw. -katastrophe, von dem mittlerweile auch den Letzten schwant, das es hier keinen „Point of Return“ gibt. Ähnlich „unerfasst“ nehme ich die Proteste wahr, die einsetzende Ritualisierung auf Zeit, Ort und Aktionsform, der gewohnheitsmäßige auf Medien zugeschnittene Straßenprotest, die sich standardisierenden Bilder der Selbstdarstellungen und Motive (Frames), die verwalt-, plan- und kalkulierbaren Bewegungen einiger tausend Menschen im Straßenverkehr am Freitag Nachmittag, die einsetzenden und abzusehenden medialen Diskurse, die Produktion und Präsenz von Bewegungsmanager*innen und angeblichen Alpha-Schüler*innen aus den Reihen der Jugendlichen (Intrinsisch aus sich selbst, da sie sich dies von den kapitalistischen Vorreiter*innen abgucken. Extrinsisch, da Politik, Verwaltung, Medien und herrschaftsorientierte Zivilgesellschaft, dies an sie herantragen, bzw. produzieren.) Auf den Bildern dieser Demonstrationen sind dann auch immer mehr und öfters Parteienvertreter*innen, Manager*innen von Jugendverbänden und betroffene ältere Menschen zu sehen, die seit Angedenken auf jeden politischen Zug aufspringen, um im Graubereich der pseudo-alternativen Restbestände ihr politisch-finanzielles Auskommen zu fristen.
    Ich mach mein eigenes Ding, mit anderen zusammen unser Ding. Der Klimaschutz ist es nicht. Von außen betrachtet sag ich zu den Freitags-Protesten. Nicht nur ein verändertes Leben in ökologischer Hinsicht ist notwendig. Auch veränderte Aktionsformen, um dies in der Gesellschaft durchzusetzen. Als Jugendliche ist es sicherlich stink-langweilig, aber schaut euch die Geschichte der oppositionellen Bewegungen an. Wer hat wie und wo gekämpft, was war daran richtig und was falsch, wie und was könnt ihr daraus lernen. Und don`t believe the hype. Die Bewegungsmanager diverser Fraktionen schlurfen schon jetzt um eure Demos herum, um sich Jugendliche für ihre Programme und ohnmächtigen Politiken abzugreifen.

    Don`t believe the hype!

    The future is unwritten!

    Silberrücken e.V.

  • Ralf Feldmann

    Wem, ach Silberrücken, nützt jetzt dieses quälerisch-depressive Geraune?

    Ich freue mich an den Bildern, dem Kampfgeist und der Kreativität der jungen Leute.
    Haltet stand, wenn die Profis die Repressionsschrauben einsetzen!

  • orbasan

    meinegüte, was für ein schwülstiges geschwafel! @ silberrücken: ich mach meine unbewältigten probleme mit mir selber aus. alte besserwisser sind das letzte, was diese generation braucht. lass sie kämpfen! dass wir verloren haben, beweist nicht, dass sie auch verlieren werden.

  • train of hope

    Ad Silberrücken

    Die etablierte linke Szene besteht zu einem großen Teil aus Menschen, die nicht in Beziehung stehen zum alltäglichen Leben der vielen Menschen. Ihren Lebensunterhalt beziehen sie aus dem, was von Staats wegen der Szene zugeteilt wird – „Stellen abgreifen“ ist das Zauberwort. Politik ist erklärtermaßen ihr „Hobby“, sie erfreuen sich „an den Bildern, dem Kampfgeist und der Kreativität der jungen Leute.“

    Nachhaltige, geduldige, systematische strategische Arbeit ist nur für wenige ein Thema. Über Jahre und gar Jahrzehnte entwickelte Kompetenz, Organisierung, Interventions- und Widerstandsfähigkeit ist die sehr seltene Ausnahme.

    In diesem Sinne kann ich dir in weiten Teilen zustimmen.

    Bei der „Klimabewegung“ mag es aber besser aussehen: der „Hambacher Forst“ ist bald sieben Jahren besetzt, ähnliche Aktivitäten gibt es überall auf der Welt. Es hat sich eine solide Infrastruktur entwickelt – lokal, regional, bundesweit, weltweit. Sie schulen skills und tools, und gehen hinaus und halten Vorträge überall. Sie sind keine „Naturschützer*innen“, sie wollen eine ganz andere Welt.

    Das ist auch Hintergrund und Vorarbeit für „Fridays for future“. Auch dadurch inspiriert arbeiten Arbeitsgruppen schon länger am Thema. Es kann gut sein dass sich daraus eine nachhaltige grundsätzliche praktische Kritik an Kapitalismus, Imperialismus und herrschender Oligarchie entwickelt. Die Polithobbyprofis lassen sie hoffentlich abblitzen.

  • Andreas

    Ich hab keinen Bock mich hier mit alten (?), frustrierten Besserwisser*innen, die sich für die einzig wahren, aufrechten Kämpfer*innen halten auseinanderzusetzen.

    Die Sicht auf „die etablierte linke Szene“ (wer soll das sein?), in der Menschen aktiv seien, die „ihren Lebensunterhalt beziehen aus dem, was von Staats wegen der Szene zugeteilt wird“ um dort im „Graubereich der pseudo-alternativen Restbestände“ als „Bewegungsmanager“ ihr „politisch-finanzielles Auskommen“ zu fristen“, spricht Bände.

    In Bochum ist gerade soviel in Bewegung, wie lange nicht mehr. Aber das entspricht wohl alles nicht den Qualitätskriterien von „Silberrücken“ und Co.

    Vielleicht sollte aber mal „In Würde altern in linken Kontexten“ ein Thema werden.

  • Silberrücken e.V.

    Getroffene Hunde bellen …

    Der/die Einzige, die die strukturelle Kritik an politischen Strukturen, selektives Engagement und gespaltener Identität im Kapitalismus, Kampagnenpolitik und Agenda-Hopping, oppositionellen Bewegungen an sich verstanden hat, ist hier der/die Schreiber*in von „train of hope“.

    Der Rest? Naja, Psychologisierung, Beschimpfung, Abwertung, das Übliche halt, wenn man – ohne genannt zu sein – sich aber angesprochen fühlt. Und da scheinen sich Einige angesprochen zu fühlen. Aber statt sich rationale Gegenargumente auf die Kritik auszudenken, werden die Jugendliche paternalistisch in Schutz genommen. Dabei gilt die Kritik doch den Strukturen und ihren (alten) Träger*innen, nicht den Jugendlichen. Wie durchsichtig sind doch diese Repliken.

    An den Schüler*innen wird in meinem Beitrag nichts kritisiert, statt dessen werden sie auf die vielen Fehler hingewiesen, die in der Vergangenheit gemacht wurden. Mein Tip war und ist es, sich selbst ein Bild zu machen und sich nicht vereinnahmen zu lassen. Wie berechtigt dieser Verweis ist, zeigt das verzweifelte Aufheulen einiger Strukturträger*innen.

    Noch was zum Alter. „Alter“ bzw. „altern“ ist einerseits ein biologischer Prozess. Man kann aber auch „altern“ und dabei über Lern- und Erkenntnisprozesse wacher werden und klarer sehen. Da reift der Körper und der Geist.

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