Mittwoch 18.10.17, 15:18 Uhr

75 Prozent für Sevim Dagdelen 5


Sevim Dagdelen ist auf der Klausurtagung der Linksfraktion mit 75 Prozent der Stimmen zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt worden. Das war überfällig. Für Bochumer Abgeordnete ist das eine Selbstverständlichkeit. Die Bochumer Abgeordneten Axel Schäfer (SPD) und Frithjof Schmid (Grüne) bekleiden diese Funktion schon seit vielen Jahren in ihren Fraktion. Während Axel Schäfer bundespolitisch kaum in Erscheinung tritt und eher die Hinterbänkler im Bundestag vertritt, ist Frithjof Schmidt eine einflussreiche Persönlichkeit in seiner Fraktion. Sevim Dagdelen war schon in der vergangenen Jahren ohne die Funktion in der Fraktionsführung eine Politikerin, die das Bild der Linken bundesweit in der Öffentlichkeit prägte. Wahrscheinlich wird sie jetzt noch häufiger zu Talkshows oder Interviews eingeladen. Ihre Linke Basis in Bochum freut sich: „Mit einem tollen Ergebnis von 75,4 Prozent wurde Sevim Dagdelen gestern als stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Deutschen Bundestag gewählt. Darüber freuen wir uns sehr und schicken herzliche Grüße nach Potsdam, wo die Fraktionsklausur tagt. Sevim Dagdelen gehört zu den profiliertesten Außenpolitikern im Deutschen Bundestag und ist das Gesicht der Linken in der Integrations- und Migrationspolitik.“


5 Gedanken zu “75 Prozent für Sevim Dagdelen

  • Ralf Feldmann

    Der Bochumer Kreissprecher der Linken Amid Rabieh freut sich, dass Sevim Dagdelen mit einer Mehrheit von 75 % zur stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt worden sei. Auch halbe Nachrichten können Fehlinformationen sein. Denn im ersten Wahlgang ließ die Fraktion sie mit 45% durchfallen und erst eine erneute Drohung Sahra Wagenknechts, sie werde hinschmeißen, wenn die Fraktion nicht pariere, führte im zweiten Wahlgang zur nun im Bochum bejubelten Mehrheit. Was für ein Demokratieverständnis der Kampfgenossinnen Wagenknecht/Dagdelen: wenn die Mehrheit in freier Wahl nicht reicht, wird sie erpresst!

    Sevim Dagdelen sei, so Amid Rabieh in der oben zitierten Presseerklärung, „das Gesicht der Linken in der Migrationspolitik“. Welches Gesicht? Das Zwillingsgesicht von Sahra Wagenknecht, als deren Vertraute und Freundin sie sich fühlt? Also kein „refugees welcome“ mehr, sondern eine Begrenzung der Flüchtlingsmigration? Offene Grenzen „naiv“? Nur noch begrenzte Solidarität durch Finanzhilfen für heimatnahe Flüchtlingslager in Libanon und Jordanien? Keine Wege zu uns für die verzweifelten Menschen, die in den Flüchtlings-KZs Libyens zusammengepfercht sind? Von der Fraktionsklausur in Potsdam wäre ein klares Bekenntnis zur Beschlusslage der Partei zu erwarten gewesen, von der namentlich Sahra Wagenknecht seit langem vor und nach der Wahl wieder fortgesetzt abweicht.
    Statt inhaltlicher Klarheit Machtpoker mit Erpressung. „Affentheater“ nannte das Petra Pau, die Bundestagsvizepräsidentin der Linken. „Das Gesicht der Linken in der Migrationspolitik“ schweigt dazu, versichert sich der Unterstützung ihrer Mentorin und bezeichnet deren Auftreten in Potsdam als „souverän“.

    Sevim Dagdelen, so Amid Rabieh weiter, gehöre „zu den profiliertesten Außenpolitikern im Deutschen Bundestag“. Welches Profil meint er? Das einer Menschenrechtsfreundin, die im Sommer dieses Jahres freudig den
    „Menschenrechts“-Preis eines ostdeutschen Stasi- und NVA-Vereins entgegen genommen und sich dabei stolz in eine Preisträgerriege mit höchst zweifelhaften Vorgängern eingereiht hat. Etwa mit Heinz Kessler, dem ehemaligen DDR-Verteidigungsminister, der für seine Mitverantwortung für das DDR-Grenzregime wegen vielfachen Totschlags zu siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Oder mit Arnold Schölzel, der zunächst als Stasi-Denunziant regimekritische Studenten verriet, um später dann als hauptverantwortlicher Organisator der „Jungen Welt“ einem breiten sich als links verstehenden Spektrum eine mediales Forum zur Propagierung des wahren Sozialismus zu schaffen. Ich möchte mir nicht vorstellen, dass die Linksfraktion aus solchem „Profil“ eine glaubwürdige, an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten orientierte Außenpolitik entwickeln will. Wie zum Beispiel will „die profilierte Außenpolitikerin“ Sevim Dagdelen als Freundin und Preisträgerin von DDR-Repressionsveteranen den Despoten Erdogan glaubwürdig kritisieren und bekämpfen?

    Ralf Feldmann

  • Andreas

    Ralf Feldmann schreibt:“ Auch halbe Nachrichten können Fehlinformationen sein.“ Nun bedient er sich aber selbst dieses von ihm kritisierten Informationsstils. Der an Sevim Dagdelen verliehene Menschenrechts-Preis wird von der BüSGM, dem Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde e. V. aus WEST-Berlin verliehen und ist weder ein „Stasi“ noch „NVA“-Verein. Das Bündnis wurde im Jahr 2005 von Gewerkschafts-mitgliedern aus GEW, ver.di und IG BAU initiiert und 2006 als gemeinnütziger Verein gegründet. Preisträger waren u.a. auch die Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V., der Liedermacher Konstantin Wecker und die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano. Aber diese Informationen verschweigt Ralf Feldmann lieber, weil es nicht in sein Konzept der Diskreditierung von Sevim Dagdelen passt.

  • Ralf Feldmann

    Ach Andreas, einen Verein, der seine Menschenrechtspreise neben Heinz Kessler und Arnold Schölzel auch verliehen hat an Hans Bauer, den ehemaligen stellvertretenden DDR-Generalstaatsanwalt, den DDR-Topspion Rainer Rupp („Topas“) und Wolfgang Schmidt, den Vorsitzenden der Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe der DDR (ISOR), den soll ich nicht kurz und knapp Stasi- und NVA-Verein nennen dürfen, weil er 2005 im westlichen Teil von Berlin gegründet worden sei? Zumal das BüSGM dem Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden angehört, wo nun wirklich alle Vereine ehemaliger DDR-Repressionsveteranen ein gemeinsames Dach über dem Kopf haben. Wer mag kann das alles im Internet nachrecherchieren. Auch die wechselseitigen Beweihräucherungen der oft schon betagten Akteure bei den verschiedenen Preisverleihungen.

    Dass Konstantin Wecker, Esther Bejarano und die Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora ebenso wie Sevim Dagdelen keine Bedenken hatten, sich bei diesen Preisträgern einzureihen, kennzeichnet ihr politisches Urteilsvermögen und ihre Position in Sachen Menschenrechte. Antifaschismus allein
    – das zeigt die Geschichte der DDR – ist eben keine Garantie für Menschenrechte.

    Warum wohl haben Sevim Dagdelen und ihre politischen Freunde in Bochum die Preisverleihung an sie verschwiegen, obwohl sie sonst zu jeder Klein- und Großtat eine Presseerklärung herausgeben? Weil ihnen das vielleicht doch ein bisschen peinlich war?

    Ja, mit der Entgegennahme des Preises diskreditiert sich die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion. Sie zeigt, wo sie sich politisch heimisch fühlt.

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