Donnerstag 08.06.17, 18:10 Uhr
Michael Wenzel vom Mieterverein zur Hausbesetzung:

Die Stadt hat eine besondere Verantwortung


Der Geschäftsführer des Bochumer Mietervereins Michael Wenzel macht in einem Brief an den Oberbürgermeister Vorschläge, wie mit dem besetzten Haus umgegangen werden soll:» Natürlich stellt die Hausbesetzung in der Herner Straße 131 einen rechtswidrigen Akt dar und erfüllt den Tatbestand des Hausfriedensbruchs. Gleichwohl legt er unseres Erachtens aber auch den Finger in eine offene Wunde der Stadt Bochum.  Wir haben in der Vergangenheit immer wieder, auch im Gespräch mit Ihnen, darauf hingewiesen, dass ein Wohnungsleerstand von nach offiziellen Angaben immerhin 7.500 Wohnungen nicht akzeptabel ist. Erst recht nicht, wenn immer noch die Hälfte aller 2015 gekommenen Flüchtlinge in Notunterkünften lebt und die alteingesessene Bevölkerung, wenn sie auf preiswerten Wohnraum angewiesen ist, zunehmend Schwierigkeiten hat, eine bezahlbare Unterkunft zu finden.

Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass die Probleme erkannt sind und Sie dem Thema Wohnraumversorgung eine hohe Priorität einräumen. Ihre Neubauoffensive zeigt, dass Sie etwas bewegen wollen. Allerdings wird Neubau allein die Probleme nicht lösen. Wir können deshalb nicht nachvollziehen, dass ein so großes Potential im Bestand nicht entschlossen durch Politik und Verwaltung angegangen wird.
Die Herner Straße zeigt außerdem exemplarisch, warum dies lohnen würde:
Die Eigentümerin hat das Haus im schlimmsten Sinne des Wortes verkommen lassen. Sowohl die vorhandenen sechs Wohnungen, als auch die Ladenfläche im Erdgeschoss stehen seit Jahren leer.
Eine aktive Wohnungsaufsicht und die konsequente Anwendung einer Zweckentfremdungsverordnung hätte der Stadt schon frühzeitig das Instrumentarium an die Hand gegeben, ggf. auch im Einvernehmen mit der Eigentümerin, nach einer konstruktiven Lösung zu suchen, die Wohnraum wieder nutzbar macht.
Stattdessen betreibt die Stadt Bochum, die nach unserem Kenntnisstand Hauptgläubigerin ist, lediglich die Zwangsversteigerung des Objektes.
Wir denken, dass die Stadt hier ihrer besonderen Verantwortung nicht gerecht wurde und hoffen, dass Sie als Oberbürgermeister mithelfen, dies nunmehr ändern.
Ein erster Schritt wäre, die für den 22.06. angesetzte Zwangsversteigerung zunächst auszusetzen.
Wir möchten Sie ebenso herzlich wie dringend bitten, dies zu tun und den Hausbesetzern damit die Möglichkeit zu geben, ihre Ideen und Vorstellungen, was mit dem Haus, auch unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Eigentümerin, geschehen könnte, darzulegen und im besten Fall einer Realisierung näher zu bringen.
Bochum ist, beispielsweise mit dem Wohnbund und der GLS-Bank, außerdem in der glücklichen Lage, über Institutionen vor Ort zu verfügen, die über große Erfahrung in der Realisierung von Projekten jenseits des „Mainstream“ verfügen.
Wir als Mieterverein sind ebenfalls und jederzeit bereit, unseren Anteil zu einem guten Gelingen beizutragen.«