Samstag 01.04.17, 21:02 Uhr
Auf dem Platz des europäischen Versagens I

„Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“ 6


Am Mittwoch dieser Woche wollte ein Team des WDR-Fernsehens auf dem Platz des europäischen Versagens (direkt neben dem Rathaus vor dem Kirchengebäude) ein Gespräch mit dem AfD-Landesvorsitzenden Pretzell aufnehmen. Pretzell ist auch Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl. Antifaschistische DemonstrantInnen verhinderten die Aufnahmen. Sie rückten mit Transparenten an und skandierten: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda.“ Das WDR-Team rief die Polizei, um die DemonstrantInnen vertreiben zu lassen. Der verantwortliche Beamte, der dann auftauchte, enttäuschte die Fernsehleute. Er riet den DemonstrantInnen, eine Spontan-Demonstration anzumelden. Dann sei ihr Protest legal. Die DemonstrantInnen folgte gerade noch rechtzeitig dem Rat. Es rückte ein weiteres Polizei-Team an, das ganz offensichtlich den Auftrag und die Absicht hatte, gewaltsam den Protest abzuräumen. Nur mühsam konnte der Beamte, der Grundgesetz, Versammlungs- und Demonstrationrecht kannte und ernst nahm, seine KollegInnen dazu bringen, von ihrem Ansinnen abzulassen.
Über das WDR Projekt war zu erfahren, dass alle SpitzenkandidatInnen der Parteien, die Aussicht auf den Einzug in den nächsten NRW-Landtag haben, in einem Gespräch gefilmt werden sollen, in dem sie auf ÜberraschungsgegnerInnen treffen. In diesem Fall sollten Mitglieder der Jungen Europäischen Föderalisten ein Streitgespräch mit dem AFD-Mann führen. Dieser Plan war wenige Stunden vor dem beabsichtigten Drehbeginn in Bochum bekannt geworden. Ein genauer Zeitpunkt war aber nicht bekannt. Es gelang trotzdem, kurzfristig einen angemessenen Protest gegen das Auftretens des AFD-Funktiomärs zu organisieren. Ein ausführlicher Bericht über die Aktion ist bei Correktiv.Ruhr zu finden.
Der Platz, auf dem sich das Ganze abspielte, hieß ursprünglich Platz des europäischen Versprechens. Auf Grund der Ereignisse in Europa wurde im letzten Jahr aus dem Versprechen ein Versagen.

Umwidmung des „Platz des europäischen Versprechens“ in Bochum

6 Gedanken zu “„Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“

  • Roland

    Dreifaltigkeit: Sauberkeit – Reinheit – Ordnung

    Hat der Herr Pfarrer einmal darüber nachgedacht was so ein symbolisches Reinigen und Saubermachen bedeutet?
    https://www.youtube.com/watch?v=g2j12MndRZw
    Mich erinnert diese christliche Symbolpolitik eher an Menschenfeindlichkeit a la „Besen vor die Tür“ stellen http://antizig.blogsport.de/2011/04/27/antiziganistische-symbollehre-der-besen-vor-der-tuer als an linke Strukturfeindlichkeit.

  • Dora

    Frage an Roland: Was hätte er denn sonst machen sollen? Etwa einen Exorzismus durchführen? Manchen kann man bei all der uns umgebenden Symbolpolitik eben gar nichts recht machen!

  • Roland

    Hallo Dora,

    Assoziationen vom „Sauberen“ und „Reinen“ werden mit solchen Inszenierung bewusst angetriggert. Was solche sauber – schmutzig, wert -unwert Vorstellungen für Fehlschlüsse und tragische Folgen haben ist uns ja hoffentlich allen bewusst. Solch eine Rhetorik, solche Bilder und Metaphern zu nutzen verbietet sich als emanzipativer Mensch von selbst.
    Wenn einem also was besseres nicht einfällt, dann lässt man die Finger besser von solchen Aktionsformen.

    so long
    Roland

  • Tom

    Apropos „emanzipativer Mensch“, Roland:

    @Roland: Dir sollte als aufgeklärter Mensch klar sein, daß es einen Unterschied macht, ob man wegen anderer Menschen einen Besen vor die Tür stellt, oder selbst zum Besen greifen will. Ersteres ist Rassismus, zweiteres – in diesem Fall – ein politischer Reinheitsfimmel oder auch einfach nur: Voodoo-Kacke. Die haben ja wirklich geputzt und nicht einen Besen auf den Platz gestellt. Und wie du das mit „wert/unwert“ in Verbindung bringst, ist freie Assoziation und könnte man auch als Instrumentalisierung vergangener Schicksale interpretieren.
    Der einzige, der bis jetzt – sich dessen bewußt oder unbewußt? – hat triggern lassen, bist Du, Roland.

    @ Dora: die Aktion kommt einem Exorzismus schon ziemlich nahe. Für einen evangelische Pfarrer eher eine peinliche Aktion.

  • Roland

    @ Tom, merkst Du eigentlich was?
    Es gleicht einem Exorzismus, hat aber keinen Einordnungscharakter von gut/wert und böse/unwert.

    Aber schön, das du auch was zur Diskussion beigetragen hast.

  • Tom

    @ Roland
    OK, vielleicht nicht gerade strukturiert, mein Beitrag.
    Das mit dem Exorzismus hat gar nix mit Dir zu tun, sondern bezog sich auf Doras Frage.

    Du stellst eine Verbindung her zwischen „symbolisches Reinigen und Saubermachen“ und „Menschenfeindlichkeit a la ‚Besen vor die Tür‘ stellen“. Das kritisiere ich als frei assoziieren.
    Das „symbolisches Reinigen und Saubermachen“ von Pfarrer Wessel ist für mich in erster Linie Voodoo-Kacke.

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