Bei der Gedenkfeier der VVN an die Ermordung von Widerstandkämpfern gegen den Faschismus im Bochumer Polizeipräsidium sagte kürzlich der stellv. ver.di Geschäftsführer Norbert Arndt: „Es ist doch ein unerträglicher Skandal, dass das Andenken an Karl Springer im Griesenbruch durch geschichtsvergessene Gastronomen wie einem gewissen Herrn Niggemann derart besudelt wird, dass dieser auf dem Springer-Platz sein kommerzielles Treiben nach dem preußischen General und Blutsauger Helmuth-von-Moltke umbenennen kann. Wenn Erinnerung und Gedenken sich nicht in historisierenden und folgenlosen Betroffenheitsübungen erschöpfen sollen, dann ist nach den Wirkungen und Lehren für heute zu fragen. Historisches Gedenken muss zum Nachdenken anhalten und zum Handeln führen, sonst macht es keinen Sinn.“
Ergänzt werden kann an dieser Stelle: Völlig blamiert hat sich in diesem Zusammenhang die örtliche SPD. Sie schweigt zu diesem Skandal. Ehrenvorsitzender der Bochumer SPD ist Bernd Faulenbach, ein habilitierter Historiker, der seit vielen Jahren Vorsitzender der Historischen Kommission der SPD auf Bundesebene ist. Ratsmitglied der SPD ist Hans Hanke, der Vorsitzende der Kortumgesellschaft, die sich um die Stadtgeschichte kümmert. Oder auch die Sozialdemokraten im Institut für soziale Bewegungen, sie alle schweigen und kneifen vor dem Konflikt mit einem einflussreichen Geschäftsmann.
Ähnliche Peinlichkeiten zeichneten sich ab beim Umgang mit der Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Hindenburg. Die Stadt bzw die SPD hat sich mit ihren bisherigen Stellungnahmen nicht mit Ruhm bekleckert. Siehe: Die herrschende Rechtsmeinung?
Jetzt scheint eine Neuorientierung geplant zu sein. Das Stadt-Archiv lädt für den 18. November zu einem Symposium zum Thema „Bochumer Ehrenbürger im 20. Jahrhundert“ ein. Zwei Themen der Tagung lauten:“Ehrenbürger der NS-Zeit und der Umgang mit ihnen“ und „Der Fall Hindenburg“. Die Auswahl der ReferentInnen lässt hoffen, dass von dem Syposium ein Impuls ausgeht, den „Fall Hindenburg“ für Bochum abzuhaken.
Eine andere historische Baustelle stellt der Nordbahnhof dar. Auch hier hat die Stadt es Jahrzehnte lang versäumt, sich um eine angemessene Betrachtung und Behandlung des Gebäudes zu kümmern. Am 8. November findet auch zu diesem Komplex eine vielleicht wegweisende Veranstaltung im Stadtarchiv statt.
Hans Hanke, Hubert Schneider und Stefan Berger referieren und diskutieren zum Thema: „Zur Zukunft des Bochumer Nordbahnhofs – mit Gedenkort für die Opfer der Shoa?“
In der Einladung heißt es u. a.: »Nach heutiger Kenntnis wurden 517 jüdische Menschen aus Bochum und 87 aus Wattenscheid in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nationalsozialisten ermordet. Sammelstellen für die Deportationen in Bochum waren der Hauptbahnhof, der früher an der Viktoriastraße lag und im Krieg zerstört wurde, und der Nordbahnhof. Auch eine nicht bekannte Zahl von Sinti und Roma wurde vom Bahnhof Bochum-Nord aus deportiert. Dieser ist als einziger authentischer Ort von Deportationen in Bochumerhalten geblieben und wurde somit zum „Haftpunkt der kollektiven Erinnerung an die Deportationen in die Vernichtungslager“ (Hubert Schneider). Die Veranstaltung verbindet den Rückblick auf die Geschichte des Gebäudes mit Überlegungen zu seiner künftigen Nutzung.«
Der Titel der Veranstaltung, der den Nordbahnhof „mit“ und nicht „als“ Gedenkort für die Opfer der Shoa thematisiert, macht deutlich, dass noch erhebliche Anstrengungen notwendig sind, um hier einen würdigen „Haftpunkt der kollektiven Erinnerung“ zu verankern.
Montag 31.10.16, 15:42 Uhr
Geschichtsbewusstsein und Sozialdemokratie
Ja, so sind die Spdler, so waren sie und so werden sie bleiben.
Hoffentlich wird sich jetzt das SPD-Mitglied Norbert Arndt in seiner Partei für eine neue Geschichtsschreibung einsetzen.