Am Mittwoch, 11.05. lädt das Offene Antifa-Café ins Soziale Zentrum ein: »Ab 18.30 Uhr könnt ihr im Café andere Antifaschist_innen treffen und euch bei Bier, Limo, Mate und Cocktails austauschen. Um 19 Uhr wird ein Mobi-Vortrag für die Gegenaktionen zum „Tag der deutschen Zukunft“ gehalten. Das Café findet in Kooperation mit dem HappaHappa-Syndikat statt, das ab 20 Uhr gegen Spende leckere, vegane VoKü serviert.
„Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund? Gemeinsam blockieren, sabotieren, verhindern!
Am 4. Juni 2016 soll der jährliche „Tag der deutschen Zukunft“ („TddZ“) in Dortmund stattfinden. Die Dortmunder Neonazis um die Partei „Die Rechte“, ehemals „Nationaler Widerstand Dortmund“ (NWDO), möchten der bundesweiten Naziszene in der Dortmunder Nordstadt eine Negativvision der Zukunft Deutschlands darbieten. Wir sind angetreten, um dies zu verhindern.
Der „Tag der deutschen Zukunft“ – Nazi-Phantasien auf Wanderschaft
Gegründet von der “Initiative gegen Überfremdung†fand der „Tag der deutschen Zukunft“ erstmals 2009 in Schleswig-Holstein statt und wird seitdem jedes Jahr von Stadt zu Stadt weitergereicht. Bisher beschränkten sich die Veranstaltungsorte auf Nord- und Ostdeutschland. Dortmund – seit Jahren wegen seiner aggressiven und gewalttätigen Neonaziszene bekannt – soll nun der nächste Austragungsort dieses Großevents werden, zu dem Neonazis aus ganz Deutschland und anderen europäischen Ländern erwartet werden.
Den Dortmunder Neonazis und der von ihnen mobilisierten Naziszene soll dabei in diesem Jahr die Nordstadt als Kulisse für eine herbeiphantasierte „Überfremdung“ und Zerstörung der „deutschen Volksgemeinschaft“ dienen, in der sich Deutschlands Zukunft jetzt schon exemplarisch zeige. Der proletarisch und migrantisch geprägte Stadteil nördlich der Dortmunder Innenstadt zählt seit seiner Gründung vor knapp 170 Jahren zu einem der Migrationshäfen des Ruhrgebiets – und ist es bis heute: arm, „dreckig“ und direkt. Wer es schafft, zieht in der Regel weiter. Vermutlich ist Deutschland nirgendwo mehr Einwanderungsland als im Ruhrgebiet. Daher wirkt es geradezu absurd, dass im Aufruf der Faschist*innen von einer „mehrtausendjährigen Geschichte“, einer „natürlichen Schicksalsgemeinschaft“ und deren „natürlichen Grenzen“ schwadroniert wird: Wer sich überzeugen mag, schaue sich einmal die Nachnamen der Mitglieder von „Die Rechte“ an.
Auch wenn es so scheint, als hätte sich rassistische Mobilisierung auf eine „Überfremdung“ durch Geflüchtete eingeschossen, kommt ohne eine Prise Antisemitismus kein „echter“ Naziaufruf aus: Die Vernichtung der „Volksgemeinschaft“ würde von verschwörerischen Kräften geplant betrieben und sei eine fremdgesteuerte Arbeit gegen das deutsche Volk, mit dem Ziel, eine „willenlose, lethargische Masse verschiedenster ethnischer Herkünfte“ zu schaffen, die ebenjenen Kräften dazu dienen würde, Kontrolle über das „wehrhafte deutsche Volk“ ausüben zu können. Dass diese dunklen Kräfte in Israel und an der Ostküste Nordamerikas sitzen, versteht sich bei einem antisemitischen Weltbild scheinbar von selbst. So sehen sich die selbsternannten historischen Nachfahren der Nationalsozialist*innen auch im 21. Jahrhundert als Opfer von „offenkundiger Fremdsteuerung“ im heroischen Kampf um die Reinheit des Volkskörpers, die 365 Tage im Jahr in einer Welt kämpfen müssen, wo „Deutsche schon Menschen zweiter Klasse“ seien.
Die Dortmunder Nazis – Vom NWDO zur Partei „Die Rechte“
Die Tätigkeit der Partei „Die Rechte“ besteht im Wesentlichen aus einer Dauerbeschallung mit Immergleichem auf Straßen und in Medien. In ihren medialen Veröffentlichungen werden beispielsweise jegliche Nachrichten über (angeblich) von Migrant*innen ausgeübte Kriminalität notorisch benutzt, um die Stadt zum „Angstraum für Deutsche“ zu stilisieren. Dazu kommen gelegentlich inszenierte Provokationen. All dies soll dazu dienen, aufgeschlossene Alltagsrassist*innen an das geschlossene Weltbild der Nazis heranzuführen: Denn die Vorstellung, dass Sicherheit durch „ethnische/kulturelle Homogenität“ herzustellen sei, ist „besorgten Bürger*innen“ wie Neonazis gemein. Eine solche Politik bedeutet immer eines: Gewalt, Ausgrenzung und Rassismus.
In Dortmund sind im letzten Jahr im gesamten Stadtgebiet eine zweistellige Anzahl von Unterkünften für Geflüchtete entstanden. Begleitend fanden nahezu wöchentlich Naziaufmärsche mit dem Ziel statt, breitflächig eine rassistische Stimmung anzuheizen. Der Nachfolgeorganisation des verbotenen „NWDO“ gelang es trotz hohen Aufwands jedoch nicht, Anschluss an „besorgte Bürger*innen“ zu finden. Die extreme Rechte ist seit den 80er Jahren auf der Suche nach der „nationalrevolutionären“ Massenbasis. An Orten wie Heidenau scheint das dieser Tage zu gelingen, in Dortmund allerdings sind die Nazis politisch isoliert und durch staatliche Repression in die Organisation als Partei gedrängt worden. Neonazi sein in Dortmund heißt, die eigene bürgerliche Identität abzugeben und in einer von Medien, Polizei oder Antifa durchleuchteten Parallelgesellschaft zu leben. Es ist bekannt, wo sie arbeiten und studieren, wo sie wohnen, mit wem sie zusammenleben. Es bleibt weiterhin Aufgabe von Antifa und Zivilgesellschaft, die Isolation der Neonazis zu betreiben, damit Nazi zu werden mit hohen Hürden und persönlichen Risiken verbunden bleibt.
Times are changin’…
Seit den letzten Großaufmärschen der Neonazis hat sich in Dortmund einiges getan. Trotz der notorischen Aktivitäten der Neonaziszene mit 60–80 Kundgebungen und Aufmärschen pro Jahr gelingt es Dortmunder Antifaschist*innen, kontinuierlich gegenzuhalten. Dortmunds radikale Linke hat sich in den letzten fünf Jahren stark weiterentwickelt und ist im öffentlichen Raum in diversen Themenfeldern präsent. Mit BlockaDO gibt es mittlerweile ein übergreifendes Blockadebündnis, das auch außerhalb des linksradikalen Spektrums mobilisiert. Im für Dortmund überaus wichtigen Bereich des Fußballs, beim BVB, werden faschistische Aktivitäten im Stadion und im Umfeld des Vereins konsequent verfolgt. In Kooperation mit antirassistischen Fangruppen wurde den Nazis damit ein wichtiger Agitationsraum genommen.
Auch im bürgerlichen Lager hat ein gewisses Umdenken stattgefunden: Von der langjährigen und wenig erfolgreichen Taktik, Nazis zu ignorieren, wurde sich teilweise abgewandt. Vom „Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus“ (DGB und Evangelische Kirche) und von „Dortmund Nazifrei“, einem Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften und Einzelpersonen, gab es punktuell Versuche, gegen Aufmärsche zu mobilisieren und Blockaden zu simulieren. Allerdings blieben die bisherigen Versuche im Hinblick auf die Zahl der Mobilisierten sehr überschaubar.
Konsequenz all dieser Veränderungen ist es, dass es vor allem seit eineinhalb Jahren immer wieder gelingt, den Dortmunder Faschist*innen um „Die Rechte“ den öffentlichen Raum streitbar zu machen.
Spätestens die militanten Angriffe auf die Neonazis im September, als diese gegen die in Dortmund ankommenden Geflüchteten demonstrieren wollten, haben gezeigt: Niemand vergießt hier eine Träne, wenn sie eine Abreibung bekommen. Im Gegenteil empfinden es viele Menschen als Befreiung, wenn den Neonazis auf der Straße Grenzen gesetzt werden. Die Bereitschaft, den Nazis ungestört die Straße zu überlassen, weil auch sie das Recht hätten, ihre „Meinung“ öffentlich kundzutun, ist rapide zurückgegangen.
Wie zu Zeiten der „Antikriegstage“ des damaligen NWDO wird im Juni seitens der Polizei mit einer großflächigen Absperrung des Aufmarschgebiets zu rechnen sein. Das Leben im betroffenen Stadteil wird ausgesetzt und mehrstufige Sperrringe installiert. Die Polizei verheimlicht mittlerweile immer bis zur letzten Minute die Route der Nazis, um Widerstand dagegen zu erschweren. Die flankierenden Klagen der Polizei haben öfters dazu geführt, dass von den Gerichten Naziaufmärsche auf Standkungebungen beschränkt wurden. Mit einem Verbot ist allerdings eher nicht zu rechnen.
Was wir wollen
Widerstand gegen die Neonazis ist insbesondere dann erfolgreich, wenn militantes Vorgehen und Blockaden ineinanderspielen. Die Räume für Blockaden werden oftmals erst frei, wenn durch militante Taktiken der Polizeieinsatz destabilisiert und ins Schwimmen gebracht werden konnte. Militanz kann dabei vieles sein: Wir hierarchisieren nicht zwischen der sprichwörtlichen „brennenden Mülltonne“ und zivilem Ungehorsam in Form von Blockaden. Wir sind mit allen solidarisch, die mit sinnvollen und zielgerichteten Mitteln gegen den Naziaufmarsch agieren.
Die Mobilisierung für die Gegenaktivitäten zum „Tag der deutschen Zukunft“ läuft in der Stadt auf breiter Basis. Wir stehen im solidarischen Austausch mit allen anderen, die sich aktiv gegen den Aufmarsch stellen und rufen bundesweit dazu auf, nach Dortmund zu kommen, um eines der letzten großen Nazievents in Deutschland zu verhindern.
Keine Zukunft für Nazis – nirgendwo, nirgendwann
Warum ist es wichtig, im Juni nach Dortmund zu kommen? Auch wenn die diesjährigen Ausrichter des „TddZ“ in der städtischen Situation isoliert sind, gilt es dennoch, Neonazis überall und immer das Leben schwer zu machen. Sie bewegen sich derzeit im Fahrwasser eines gesellschaftlichen Rassismus, der so stark ist wie seit 20 Jahren nicht mehr. Es ist wichtig, neben Pegida und AfD auch die „klassischen“ Neonazis anzugehen, da auch diese bundesweit zur Zeit immer mehr Raum bekommen. Das Event „TddZ“ soll insbesondere dem Austausch zwischen verschiedenen Neonazispektren dienen, bei dem sich „Die Rechte“ Dortmund bundesweit in Szene setzen und an die Großmobilisierungen zum Antikriegstag anschließen möchte. Nicht zuletzt kann der nächste „Tddz“ auch in eurer Stadt sein – kommt nach Dortmund, um heute den Naziaufmarsch von morgen zu verhindern. «