Montag 09.11.15, 16:36 Uhr
Theater Gegendruck zeigt zwei frühe Stücke von Peter Handke

Kaspar und Selbstbezichtigung


Am Sonntag, 15. November 2015 um 20 Uhr gibt es im Bahnhof Langendreer ein Wiedersehen mit dem Theater Gegendruck. Das Ruhrgebiets-Ensemble mit Sitz in Recklinghausen ist längst Stammgast am Wallbaumweg und bürgt für künstlerische Überraschungen. Mit seinem Peter Handke – Doppelprojekt: Kaspar und Selbstbezichtigung ist dem künstlerischen Leiter und Regisseur Johannes Thorbecke wieder ein Coup gelungen. Erstmals an einem Abend sind zwei frühe Stücke des österreichischen Autors zu sehen: Kaspar und Selbstbezichtigung. Damit kehren sie wieder ins Ruhrgebiet zurück, wo sie vor rund fünfzig Jahren am Theater Oberhausen das Licht der Bühnenwelt erblickt hatten.
Johannes Thorbecke: „Die Stücke sind eine große Herausforderung, die sich gelohnt hat. Wir haben es mit zwei faszinierende Theatertexten von überraschender Aktualität zu tun.“
Kaspar und Selbstbezichtigung entstanden während der politisch bewegten 1960er Jahre und machten den Autor der Publikumsbeschimpfung über Nacht weltbekannt.
In der Selbstbezichtigung, mit dem der Peter Handke-Abend eröffnet wird, blickt ein Chor von Akteuren verschiedener Generationen zurück: „Ich bin auf die Welt gekommen. Ich bin geworden.“ Dieses kurze „Sprechstück“, das den Drive der Beatles und Rolling Stones auf die Theaterbühne transportiert, stellt dem Zuschauer brisante Fragen: Ist das Leben vielleicht doch mehr als das Befolgen von Regeln und Gesetzen?
Kaspar orientiert sich an der historisch dokumentierten Kaspar Hauser-Geschichte.  Er konfrontiert das Publikum mit einem Fremden, der plötzlich auf der Bühne steht und nur einen einzigen Satz spricht. Drei „Coaches“ – Handke nennt sie „Einsager“ – treiben Kaspar schmerzhaft „seinen“ Satz aus. Kaspar lernt zu sprechen und sich so in der Welt zurechtzufin-den. Aber ist der Anpassungsprozess erfolgreich? Sprache als Mittel der Selbstbestimmung – aber auch als Machtinstrument, um funktionsfähige Gesellschaftmitglieder heranzuziehen: Darum geht es in dieser spannenden Parabel, die auch in der digitalisierten Welt unserer Tage mit ihrem Selbstoptimierungs- und Überwachungswahn nichts von ihrer Brisanz verloren hat.
Neben dem Ensemble von Theater Gegendruck wirkt bei Selbstbezichtigung eine Gruppe von Jugendlichen aus Recklinghausen und Umgebung mit. Ebenfalls mit an Bord: Der Bildhauer und Szenograf Erich Füllgrabe als Bühnenbildner sowie der renommierte Percussionist Martin Blume, der regelmäßig im Kunstmuseum Bochum konzertiert, und der für die Bühnenmusik des Handke-Abends verantwortlich ist.