Dienstag 27.10.15, 12:43 Uhr
Mieterverein rechnet mit wachsenden Problemen

Engpässe bei preiswerten Wohnungen


Unter tatkräftiger Mithilfe des Mietervereins Bochum hat der Deutsche Mieterbund NRW Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik im Ruhrgebiet näher untersucht. Die Ergebnisse, die jetzt als Broschüre erschienen sind, zeigen ein differenziertes Bild einer Region, deren Wohnungsmärkte noch bis vor Kurzem allgemein als entspannt galten. Hintergrund ist vor allem, dass die Bevölkerungszahlen sich anders entwickeln, als in der Vergangenheit vorhergesagt – und das nicht erst seit der jüngsten Flüchtlingszuwanderung. Die letzten Prognosen sagen weniger Schrumpfung, Stabilisierung oder gar ein Wachstum voraus. Darauf sind die Wohnungsmärkte aber nicht vorbereitet.
Besondere Probleme werden Menschen bekommen, die aufgrund geringen Einkommens auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind. Davon gibt es immer weniger, nicht nur, aber auch wegen der seit Jahrzehnten abnehmenden Zahl an Sozialwohnungen. In Bochum hat sich deren Zahl in den letzten zehn Jahren auf nur noch 14.000 mehr als halbiert, Tendenz weiter fallend. Und ein Neubau findet praktisch nicht statt. Schon jetzt berichten Mitglieder in den Sprechstunden des Vereins von zunehmenden Schwierigkeiten, insbesondere kleine, preiswerte Wohnungen zu finden.
„Verschärft wird das Problem dadurch, dass immer mehr preiswerter Wohnraum in teureren verwandelt wird, sei es durch Modernisierung, sei es durch Abriss und Neubau“, sagt Martin Krämer, Mitautor der Studie. „Die Bautätigkeit geht hier komplett am Bedarf vorbei. Während Mieter keine Probleme haben in Bochum gut ausgestattete Wohnungen zu finden, verschärft sich dadurch die schon bestehende Wohnungsnot für Mieter mit weniger Geld.“
Dabei wächst der Bedarf nach preiswertem Wohnraum. Die Armutsquote steigt, so hat die Studie ergeben kontinuierlich. Fast 30.000 Haushalte leben in Bochum von Transferleistungen – ALG II, Sozialhilfe oder Grundsicherung. Vor allem im Bereich Hartz IV gibt es einen steten Wandel: Ständig neue Arbeitslose beantragen erstmals ALG II, andere finden wieder einen Job, bleiben aber in ihren preiswerten Wohnungen, weil die Stellen oft befristet oder teizeit sind. So steigt der Bedarf nach Wohnungen  mit „Hartz-IV-kompatiblen Mieten“ ständig an.
Michael Wenzel, Geschäftsführer des Mietervereins: „Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten das Gespräch mit Kommunalpolitik und Marktakteuren suchen, wie man die vorhersehbaren Probleme am besten lösen kann. Das aktuelle Ausmaß an Zuwanderung war zum Zeitpunkt unserer Untersuchung so noch nicht absehbar. Fest steht aber, dass sich die Nachfrage nach preiswerten Wohnraum weiter erhöhen und absehbar zu einem Engpass in diesem Segment führen wird. Das ist für uns als Mieterverein nicht akzeptabel!“
Die Broschüre „Wohnungspolitik in den Kommunen des Rurgebiets“ (40 Seiten) als PDF.