Donnerstag 26.02.15, 16:23 Uhr
Offener Brief an die WAZ

Ressentiments gegen Flüchtlinge 2


»Lieber Herr Rensinghoff, liebe WAZ-Redaktion,
als wir am Dienstag (24.02.) die WAZ aufgeschlagen und den Artikel zur Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Priesterseminar gelesen haben („Wachdienst für Studenten und Flüchtlinge“), waren wir erschrocken und empört: Über die Aussagen des Wohnheimsprechers, über die seltsam begründete Maßnahme des Akafö (Wachdienst wegen „unerlaubter“ Kontaktaufnahme mit den Flüchtlingen) aber vor allem über Ihre unreflektierte und gefährliche Berichterstattung: Völlig unkommentiert wurden hier die Aussagen des Wohnheimsprechers Eric Minte abgedruckt, der zusammengefasst sagt, für ein paar Wochen seien die Flüchtlinge in der Nachbarschaft in Ordnung, danach sollten sie aber bitteschön wieder weg sein, damit „Ruhe einkehrt“. Diese schon fragwürdige Aussage – Stichwort Willkommenskultur – wird aber noch übertroffen durch das Zitat am Ende des Artikels: „Es sind hier keine notleidenden Menschen untergebracht. Die meisten Flüchtlinge kommen aus dem Kosovo und haben bessere Handys als ich.“ Eine solche Aussage einfach so stehen zu lassen, heißt sie als legitim anzuerkennen und als solche einer breiten Leserschaft zu unterbreiten. Sie ist aber alles andere als legitim! Sie ist in jeder Hinsicht vorurteilsbehaftet, reproduziert und bekräftigt verbreitete Ressentiments gegen Flüchtlinge im Allgemeinen und Flüchtlinge aus Südosteuropa im Besonderen.
So lächerlich der Handy-Vergleich ist, was die Aussage transportiert, ist nichts anderes als die pauschale Unterstellung, die Menschen seien nicht aufgrund ihrer Notlage im Herkunftsland geflohen und ihnen ginge es gar nicht so schlecht. Bei den derzeitigen öffentlichen Debatten um Flüchtlinge aus Südosteuropa muss man keine große Fantasie haben, um zu vervollständigen, was unterschwellig noch gemeint ist (oder „mitschwingt“): Dass diese Menschen prinzipiell aus den „falschen“ Motiven hier sind, weil sie darauf „spekulieren“ am Wohlstand teilzuhaben. Für uns ist das selbstredend kein niederes Motiv – im Gegenteil. Doch Ressentiments lassen sich gut über Misstrauen und Neid – Pegida und Co. lassen grüßen – transportieren, Solidarität, Mitgefühl und Verständnis sind dabei fern. Durch diese unreflektierte Berichterstattung werden Ressentiments geschürt.
Wir erwarten von der WAZ, dass sie als einzige lokale Tageszeitung ihrer besonderen journalistischen Verantwortung nachkommt und es künftig unterlässt , vorurteilsbehaftete Plattitüden zu verbreiten und gefährliche Stimmung zu machen.«
Flüchtlingsrat NRW, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum, Treffpunkt Asyl, Hans Hudde (amnesty international Hochschulgruppe), Kristin Schwierz (Bahnhof Langendreer), Nina Selig (endstation.kino), Uwe Vorberg (Bahnhof Langendreer), Bernd Vössing (Netzwerk Wohlfahrtstraße)


2 Gedanken zu “Ressentiments gegen Flüchtlinge

  • Christoph Nitsch

    Danke für diesen offenen Brief!
    Jener WAZ- Artikel auf den hier Bezug genommen wird, ist an Perfidie schwerlich zu übertreffen.
    In welch unveranwortlicherlicher Weise dort mit rassistischen Ressentiments jongliert wird,ist nicht mehr zu tolerieren.
    Offensichtlich ein weiteres Symptom für die fortschreitende Rechtsentwicklung der WAZ, wie auch dieser Rückfall des Journalisten Stahl in die unheilvolle Rhetorik des Kalten Krieges:

    http://www.derwesten.de/staedte/bochum/politik-wehrt-sich-gegen-umstrittenes-ddr-kabinett-id10391980.html

    Herr Stahl sollte doch vielleicht mal eine der Informationsveranstaltungen des DDR-Kabinetts besuchen und dort mitdiskutieren, statt hier nur in seinem Artikel die Geltungssucht eines Menschen zu befeuern, der sich schon viel zu lange mit seinem Privatkrieg gegen das DDR- Kabinett in den Vordergrund drängelt.

Kommentare sind geschlossen.