Dienstag 20.01.15, 13:44 Uhr

TTIP-Tribunal 1


Gudrun Müller kritisiert die TTIP-Pläne

Die beiden Bochumer SPD-Abgeordneten Schäfer und Müntefering hatten gestern zu einer Werbeveranstaltung für das TTIP-Abkommen mit der Formulierung eingeladen: „Für die SPD-Bundestagsfraktion ist das TTIP-Abkommen daher eine Chance, gemeinsam globale Standards zu definieren, die sich an europäischen Werten und Normen orientieren.“ Der Abend gestaltete sich aber eher zu einem TTIP-Tribunal. Von den mehr als 200 TeilnehmerInnen im überfüllten Saal in der ver.di Geschäftsstelle, meldete sich niemand als BefürworterIn des geplanten Abkommens zu Wort. Sämtliche Publikumsbeiträge listeten die Kritik-Punkte an den TTIP-Plänen auf, einige Beiträge griffen auch direkt die Haltung der SPD zu dem Thema an. Den Aufschlag zu der Kritik an den geplanten „Freihandelsabkommen“ TTIP, CETA und TISA hatte ver.di-Geschäftsführerin Gudrun Müller geliefert. Sie war offensichtlich die Initiatorin der Veranstaltung. Axel Schäfer hatte die Chefredakteurin der ver.di-Mitgliederzeitung publik in einem Leserbrief wütend attackiert, weil sie das geplante TTIP-Abkommen kritisiert hatte. Näheres. Dies sollte auf der Veranstaltung geklärt werden. Aber Axel Schäfer stellte sich nicht der Diskussion und begründete nicht, warum er für das TTIP-Abkommen wirbt. Er stellte sich nicht einmal hinter die zwischen SPD und DGB vereinbarten „roten Linien“ die bei dem Abkommen nicht überschritten werden dürfen.. Er beschränkte sich auf inhaltsleere Begrüßungs- und Abschiedsworte bei der Veranstaltung. Gudrun Müller machte dagegen deutlich, dass ver.di in den geplanten Abkommen eine Bedrohung für elementare Arbeitnehmerechte und Sozial- und Umweltstandards sieht und hier ein Angriff auf die Daseinvorsorge der Gesellschaft droht.
Als TTIP-Befürworter hatte die SPD Stephan Koppelberg von der EU-Kommission und Kolja Mende von der IHK eingeladen. Während Koppelberg auf der Suche nach Fettnäpfchen war, in die er treten und das Publikum amüsieren konnte, trat Mende rhetorisch geschult und geschickt auf. Er lenkte von allen wichtigen Fragen ab, berichtete welche Vorteile, das Freiheithandelsabkommen mit Südkorea für den Mittelstand gebracht hat und behauptet zunächst, dass jetzt ja alle TTIP-Verhandlungen ganz transparent seien. Als deutlich wurde, dass ihm das niemand glaubt, rechtfertigte er die Geheimhaltung damit, dass Kabinettssitzungen schließlich auch nicht öffentlich seien.
Als TTIP-Kritiker saß der Leiter der Wirtschaftsabteilung von ver.di Dierk Hirschel auf dem Podium. Er machte deutlich, dass die TTIP-Pläne als Teil einer neoliberalen Offensive begriffen werden müssen und in erster Linie im Interesse der großen Konzerne seien. Er erinnerte an die Versuche der EU-Kommission mit der Dienstleistungsrichtlinie Lohndumping in Europa zu forcieren oder die Wasserversorgung zu privatisieren. Deshalb sei äußerstes Misstrauen angebracht. Er fordert aber auch dazu auf, nicht in erster Linie die EU-Kommission zu kritisieren, sondern Merkel ind Co anzugreifen, die diese neoliberale Offensive zu verantworten haben.
Als Koppelberg hervor hob, dass die EU sich in ihren Statuten der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet hat, zählte Hirschel die Arbeitslosenzahlen und die Armutsindikatoren für Griechenland und Spanien auf, die durch die Austeritätspolitik der EU verursacht worden sind.
Die Publikumsbeiträge waren von einem erstaunlichen Niveau geprägt. Kein einziges Mal fiel der Begriff „Chlor-Hähnchen“. Im Mittelpunkt der Kritik standen die geplanten Klagemöglichkeiten von Konzernen außerhalb der Gerichtsbarkeit vor Schiedsgerichten. Die Auswirkungen auf den Bildungsbereich, die Gefahren der Gentechnik, die Nicht-Rückholbarkeit des Vertrages und vor allem die Befürchtung des Schleifens von Standards im Bereich Umwelt, Soziales, Arbeit oder Gesundheit bestimmten die Debatte. Michele Müntefering versuchte die Kritik aufzunehmen und tat so, als ob sie bei der Veranstaltung Neues gelernt hätte. Sie äußerte vorsichtige Kritik an den TTIP-Planungen, betonte aber, dass dies keine Fraktionsmeinung sei.
Fazit: Axel Schäfer hat mit seinem wütenden Leserbrief in der ver.di Zeitung nicht geahnt, wie gelungen er die GegnerInnen von TTIP provoziert. Ver.di und etliche Initiativen haben darauf gestern sehr gelungen reagiert und beeindruckend demonstriert, dass die Umfrageergebnisse wahrscheinlich repräsentativ sind, die eine breite Ablehnung der TTIP-Pläne konstatieren.


Ein Gedanke zu “TTIP-Tribunal

  • MichellesVerehrer

    Hihihi, Michelle tat so, als ob sie bei der Veranstaltung Neues gelernt hätte.

    So kennen wir sie.

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