Montag 21.07.14, 19:35 Uhr
Der Flüchtlingsrat NRW und Sevim Dagdelen kritisieren:

Rechtswidrige Abschiebungshaftpraxis


Der Flüchtlingsrat NRW und die Bochumer Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen kritisieren in Presseerklärungen, dass das Land NRW ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) missachtet, mit dem die gemeinsame Unterbringung von Abschiebehäftlingen und Strafgefangenen untersagt wird. Der Flüchtlingsrat schreibt: »Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.07.2014 stellt die gemeinsame Unterbringung von Strafgefangenen und Abschiebungshäftlingen in einer Haftanstalt einen Verstoß gegen das Trennungsgebot des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) dar und ist damit unzulässig. Gleichwohl möchte NRW Abschiebungshäftlinge weiterhin in der JVA Büren unterbringen, wie Innen- und Justizministerium des Landes NRW am Freitag verlauten ließen. Zur Begründung wird angeführt, dass NRW nicht gegen das Trennungsgebot verstieße, da Strafgefangene und Abschiebungsgefangene in unterschiedlichen Häusern der JVA untergebracht seien und unterschiedlichen Vollzugsregelungen unterliegen würden.
„Lange haben wir auf die Entscheidung des EuGH gewartet, die uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt hat, dass die Vollzugspraxis der Abschiebungshaft in NRW rechtswidrig ist“, sagt Heinz Drucks, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates NRW. „Es ist unfassbar, dass sich das Land NRW nun diesem Urteil mit einer unhaltbaren Begründung widersetzen möchte.“
Der Entscheidung des EuGH lagen zwei Fälle zugrunde, in denen Abschiebungshäftlinge in derselben JVA, jedoch in von Strafgefangenen getrennten Abteilungen untergebracht waren. Ob die Häftlinge durch Flure oder durch Häuser getrennt werden, ist unerheblich, da das Trennungsgebot die getrennte Unterbringung in unterschiedlichen Anstalten voraussetzt. Der EuGH betonte in seinem Urteil, dass Straf- und Abschiebungsgefangene völlig unterschiedliche Gruppen seien, Abschiebungshäftlinge müssten deshalb anders untergebracht und behandelt werden.
Der Flüchtlingsrat NRW fordert die Landesregierung deshalb auf, die rechtswidrige Vollzugspraxis in der JVA Büren unverzüglich aufzugeben und die Abschiebungsge-fangenen zu entlassen.
„In Kenntnis der Rückführungsrichtlinie und in Erwartung des Urteils des EuGH hatte das Land NRW ausreichend Zeit, um sich um Alternativen zur Abschiebungshaft in Büren zu bemühen“, so Heinz Drucks. „Die Flüchtlinge, die allesamt zu Unrecht in der JVA Büren untergebracht sind, dürfen jedenfalls nicht weiter die Leidtragenden sein.“«
Sevim Dagdelen erklärt: „Der Umgang der rot-grünen Landesregierung mit Flüchtlingen ist schändlich. Hannelore Kraft und ihre Regierung wollen an der rechtswidrigen Vollzugspraxis der Abschiebungshaft in NRW festhalten. Trotz des Urteils des Europäischen Gerichtshofes wird offenbar kein Rechtsbruch gescheut, um Flüchtlingen die ihnen zustehenden Rechte zu verweigern.
Die Inhaftierung als massivsten Eingriff in die Freiheitsrechte einer Person nur zur Vorbereitung und Durchführung eines Verwaltungsaktes, nämlich der Abschiebung, lehnt Die Linke ab. Das System der Abschiebungshaft und der Abschiebepraxis ist in einem sich demokratisch nennenden Staat das eklatanteste Beispiel eines institutionellen staatlichen Rassismus weil es Freiheitsentzug ohne Straftatbestand und Strafe ohne Rechtsgrund darstellt.
Es ist ein Skandal, dass die Landesregierung von NRW in ihrem Abschreckungswahn nicht einmal die kleinsten Verbesserungen für die Betroffenen umsetzen will und dafür sogar EU-Recht bricht. Die gemeinsame Unterbringung von Strafgefangenen und Abschiebungshäftlingen in einer Haftanstalt stellt einen Verstoß gegen das Trennungsgebot des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) dar und ist damit unzulässig. Die Linke begrüßt das EuGH-Urteil und fordert die Landesregierung auf, die EU-Richtlinie und das EuGH-Urteil sofort und umfassend ohne wenn und aber umzusetzen.“