Donnerstag 26.06.14, 21:03 Uhr
Protest gegen NPD, Pro NRW und AFD

Rassisten sind Fremde 5


Das Bochumer Bündnis gegen Rechts (BgR) hatte heute Mittag zu einer Protestkundgebung vor dem Rathaus aufgerufen, wo sich am Nachmittag der Rat zu einer neuen Amtszeit konstituierte. Unter dem Motto „Für eine solidarische und weltoffene Stadt!“ demonstrierten etwa 100 Teilnehmer gegen den deutlichen Rechtsruck bei der letzten Kommunalwahl in Bochum.im Bochumer Rat. Ralf Feldmann unterstrich noch einmal die Warnung des BgR: „Die weitaus größere Gefahr für ein solidarisches und weltoffenes Miteinander in Bochum ist die AfD. Sie lebt von den Sorgen und Ängsten vieler Menschen in der europäischen Wirtschafts und Finanzkrise. Ihre Antwort heißt Wiederbelebung des Nationalismus und Absage an eine gemeinsame europäische Zukunft. Sie wirbt für eine Politik, die sozial Benachteiligte, Flüchtlinge, MigrantInnen und besonders Muslime stigmatisiert und ausgrenzt.“ Viel Beifall erhielt Die Vorsitzende des Bochumer Forums für Antirassismus und Kultur Deniz Sert für ihre Feststellung: »Auch gut gemeinte Aussagen wie „Toleranz“ oder „gegen Fremdenfeindlichkeit“ sind nicht die richtigen Worte. Denn Toleranz empfindet man gegenüber jenen, die man eigentlich nicht mag oder gerne bei sich hat, sondern nur toleriert. Und von „Fremden“ darf schon mal gar nicht gesprochen werden. Menschen, die schon seit über fünf Jahrzehnten Teil der hiesigen Gesellschaft sind, und auch jene die neu zuwandern, sind längst keine Fremden mehr. Für uns sollten, liebe Freundinnen und Freunde, Rassisten Fremde sein und diesen werden wir keineswegs mit Toleranz begegnen, sondern sie strikt ablehnen und ihnen überall und immer, so wie heute auch, geschlossen entgegentreten.«
Der DGB Jugendsekretär Tim Ackermann machte in seinem Wortbeitrag deutlich, wie unglaubwürdig der Versuch der AfD ist, sich mit einem Resolutionsentwurf im Rat von den rechten, rassistischen Positionen zu distanzieren, die sie im Wahlkampf vertreten hat. Rolf Geers, Geschäftsführer des Bochumer Kinder- und Jugendringes verlas zum Abschluss die Resolution des Jugendringes zum Thema der Kundgebung.


5 Gedanken zu “Rassisten sind Fremde

  • Wolfgang vom Ubu

    Rassisten sind Fremde ? da versuche nicht nur ich seit vielen Jahren, diese blöde Gleichsetzung fremd=schlecht aus den Köpfen der Menschen rauszubekommen und statt dessen lieber zu sagen : woanders bin ich fremd. oder : was mir heute fremd ist, das kann ich noch kennenlernen , das kann mir morgen vertraut sein, das kann ich lieben lernen, das ist eine Bereicherung für mich.
    klar, es gibt Gedanken etc , die mir fremd bleiben, die ich befremdet ablehne, die ich bekämpfe. Aber eben nicht, weil sie fremd sind sondern wegen ihrer menschenfeindlichen Inhalte.
    Ich lehne auch so ein Kuddelmuddel mit den Begriffen der Sprache ab. Wir sollten uns einig sein, ob wir nun gegen Fremdenfeindlichkeit sind oder ob wir Fremdenfeindlichkeit begrüssen. Wir sollten nicht alle naslang ausdiskutieren müssen, was nun wieder mit den Begriffen gemeint ist.

  • Deniz Sert

    Lieber Wolfgang,

    ein Kernelement des oft unerkannt bleibenden und unterschätzten Alltagsrassismus ist der rassistische Sprachgebrauch. Selbstverständlich ist es so, dass Sprache auch bestimmte Sichtweisen transportiert und für ganz bestimmte politische Haltungen steht. Bestimmte Begriffe und Termini sind historisch und politisch besetzt; es steht nicht zur Disposition des Einzelnen, ob er bestimmte Begriffe nun doch anders verwendet oder es „nicht so meint“. In migrationspolitischen Zusammenhängen ist der Begriff „fremd“ rassistisch, denn er setzt fest, dass diese vermeintlich Fremden eben nicht hier her gehören und eben nicht die Norm in der vermeintlich ethnisch homogenen Nation bilden. Wenn nach 50 Jahren Migrationsgeschichte immer noch von Fremden gesprochen wird, dann ist das rassistisch. Es geht doch nicht um den Fremden im Treppenhaus oder darum, dass man sich irgendwo auf der Welt fremd fühlt. Selbst wenn die Menschen sich hier längst nicht mehr fremd fühlen, wird ihnen klargemacht, dass sie eben Fremde sind, aber dass man gegen Fremdenfeindlichkeit ist. Und: Sprache löst selbstverständlich auch Sichtweisen aus. Nicht ohne Grund war das Entsetzen über die Verwendung des Begriffes „Döner-Morde“ so groß. Nicht ohne Grund ist der Begriff „Ausländer“ in den 90’ern geblieben. Im Übrigen gilt dies nicht nur für die rassistische Sprache, sondern auch für die frauenfeindliche und auch die homophobe. Und ja, in migrationspolitischen Zusammenhängen und als Ausdruck einer bestimmten politischen Haltung sage ich: Nicht die Zugewanderten sind die „Fremden“, sondern die Rassisten. Und genau aus diesem Grund bin ich für einen sensiblen Umgang mit bestimmten Begrifflichkeiten.

  • Wolfgang vom Ubu

    Kloesel / Christ / Häußer : Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht -Kommentar und Vorschriftensammlung. Stand: Januar 2014 –
    Du mogelst, oder es ist Wunschdenken, was du da schreibst. Der Begriff
    ‚Ausländer‘ ist keineswegs in den 90ern geblieben . Ich hab unlängst wieder
    eine Ergänzungslieferung des genannten Standardwerks zum Deutschen Ausländerrecht
    ausgeliefert, an einen Anwalt für Staatsangehörigkeitsrecht und
    Ausländerrecht, der u.a. auch Ausländer vertritt in Konfliktfällen mit den
    Ausländerbehörden. Diese geballte Ladung Ausländer dient nur, um dir zu zeigen,
    wie sehr du irrst. Es mag sein, dass du diesen Begriff hinter dir gelassen
    hast, ich denke aber, dass er uns noch sehr lange erhalten bleiben wird. Der
    Anfang deines Textes gefällt mir, es klingt wie aus einem guten Lehrbuch, ich halte es auch für ziemlich richtig beschrieben, dass der Einzelne mit seinem subjektiven Sprachgebrauch nicht die Macht hat, die historisch gewachsene Begrifflichkeit umzuwerfen.
    Fast immer ist das so.
    Aber wieso versuchst du genau das dann doch ? Du kannst die Begriffe
    selbstverständlich anders gebrauchen, definieren, meinen – aber das
    Problem ist dann , ob die anderen verstehen, was du meinst, ohne dass du
    immer wieder erklären musst : „Also ICH finde den Begriff ‚FREMDE‘
    RASSISTISCH, weil ICH ihn in MIGRATIONSPOLITISCHEN ZUSAMMENHÄNGEN UND als
    AUSDRUCK EINER BESTIMMTEN POLITISCHEN HALTUNG verwende.“ Aber im
    Allgemeinen sagt die Beschreibung von anderen Menschen als ‚fremden‘ keineswegs, dass jemand nicht hierher gehört. Wenn jemand diese Schlussfolgerung (‚gehört nicht hierher‘) zieht, dann ist er/sie/es rassistisch. Doch es ist nicht rassistisch zu sagen, der Fremde sei nicht von hier – das ist doch eher ein Pleonasmus. Und dass du schliesslich den Fremden
    keineswegs mit Toleranz begegnen willst, sondern sie strikt ablehnen und ihnen überall und immer, so wie heute auch, geschlossen (oder meintest du entschlossen ?) entgegentreten willst , das ist doch wohl ein ziemlich dicker Hund, oder ? Das kommt dann von der Gleichsetzung von Fremden mit Rassisten.
    Ich würde eher sagen : diesen die Rote Karte, jenen ein Merhaba !

  • Christoph Nitsch

    „Fremdenfeindlichkeit“ ist zumindest ein problematischer Begriff, weil er den genügenden Respekt gegenüber Menschen vermissen lässt, deren Lebensmittelpunkt und der ihrer Vorfahren seit drei Generationen in Deutschland liegt.
    Wer seit 50 Jahren in Deutschland lebt oder hier geboren ist, ist nur für denjenigen noch ein „Fremder“, der ihm übel meint!
    Diese Diskussion hier finde ich sehr gut, weil sie uns zeigt, wie achtlos wir manchmal mit Sprache umgehen und welche Gefahren dies birgt.
    Zum Glücksind etwa solche Begriffe wie „Farbiger“ immer mehr im Verschwinden begriffen.

    Zur Erinnerung:

    http://www.dailymotion.com/video/x4t06k_tongue-forest-and-you-got-the-f-ner_music

  • Wolfgang vom Ubu

    Das ist ziemlicher Kappes, Christoph. Oder würdest du ernsthaft behaupten wollen,
    der Begriff ‚Fremdenfeindlichkeit‘ verliere an Problematik, wenn er für Menschen Verwendung findet, die erst 30 Jahre hier sind, oder 10 Jahre oder für frisch ‚Zuagroaste‘ ? Es gibt doch sicher auch für dich Leute, die erst ganz kurze Zeit hier leben und dir schon nicht mehr Fremde sind, während hier innerhalb der heutigen Grenzen Deutschlands seit 30 ! Generationen Menschen leben, die dir und mir fremd sind ? Das kann man doch weder uns beiden noch diesen Menschen vorwerfen ! Und ausserdem wollen wir doch wohl beide nicht Ärger mit Deniz Sert bekommen, für die der Begriff ‚Fremdenfeindlichkeit‘ doch völlig in Ordnung sein müsste , weil er eine Feindschaft gegenüber Rassisten(=Fremden) beinhalte.
    Ich erzähl mal von einer tatsächlichen Problematik des Begriffs. Du kennst mich, du weisst, wie ich aussehe, langhaarig, lockig, unrasiert, etwas gebräunt, und wie ich mich kleide, nämlich ziemlich Negligé. Ich habe oft erlebt, schon in den 60er Jahren, dass ich gefragt wurde, ob ich Spanier, Italiener oder ‚Gastarbeiter‘ sei, beziehungsweise dass ich einfach dafür gehalten wurde. Ich bin in etlichen Gaststätten nicht bedient worden, ich bin auch manchmal nicht dazu gekommen, Platz zu nehmen, sondern wurde aus dem Lokal gewiesen, wenn ich überhaupt reinkam. Auch hier noch im Ruhrgebiet, wo ich seit 1969 lebe. Ich erfuhr besondere Aufmerksamkeit durch Vermieter, Lehrer, Polizisten und Zollbeamte, bin z.B. nicht über die französische Grenze gelassen worden aufgrund meines Erscheinungsbildes, dazu diverse Durchsuchungen. Ich und meinesgleichen, ja, wir erschienen und erscheinen den braven Deutschen als eine bedrohliche fremdartige Gruppe mit bösen Absichten, Aliens quasi from outer space. So gaaanz langsam – wenn die Leute Gelegenheit haben – einen immer wieder zu sehen, wenn sie merken, der geht arbeiten, regelmässig sogar, und der grüsst immer freundlich – wenn man also Fremdartigkeit durch den Leuten Vertrautes kompensiert – fangen die Michels an, einen als Angehörigen eines eventuell sogar befreundeten Nachbarstammes zu betrachten. Was, du trinkst kein Bier ? Was, du magst keinen Fussball ? Was, du hast keinen Fernseher ? Was, du hast keine Religion ? Was, du warst nicht beim Bund ? So ein Ausweis beweist doch garnix ! Es ist doch so, dass du nach Belieben derjenigen, die das Sagen haben, sowohl im grossen Rahmen als auch im Dorf, zum Fremden mit allen üblen Konnotationen gemacht werden kannst !
    Andere den hiesigen Eingeborenen Fremde haben noch viel heftigere Dinge erlebt, das ist doch wirklich harmlos dagegen. Es ist doch so, dass du nach Belieben , sowohl im grossen Rahmen als auch im Dorf, zum Fremden gemacht werden kannst ! Da fällt mir gerade die Ausstellung ein im Museum für Stadtgeschichte : Deutsche Jüdische Soldaten. Empfehlenswert.
    Und wenn einem dieser Michel mal wieder so richtig öd ist mit seinesgleichen und seinem Alltag, und kein Western noch Science Fiction in der Glotze ablenkt, dann bist du auf einmal der oder die Fremde, zu dem oder der es ihn zieht, der oder die andere Welten gesehen hat, anders gewürztes Essen kennt, andere aufregende Musik … Hilfe, am Ende heiratet dich noch ein Deutscher !
    Das Fremde aber ist weder böse noch attraktiv sondern fremd. Und das ist gut so. Es lebe der Unterschied !

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