Dienstag 24.06.14, 21:59 Uhr

Protest gegen NPD, Pro NRW & AfD 1


Das Bochumer Bündnis gegen Rechts (BgR) ruft am morgigen Donnerstag, den 26. 6. um 13 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Rathaus auf. Anlass ist die um 14 Uhr beginnende konstituierende Ratssitzung. In einem Flugblatt des BgR heißt es: »Die Rechtsparteien haben bei den Kommunalwahlen zugelegt. 2009 gewann die allein kandidierende NPD mit 1% der Stimmen ein Ratsmandat. 2014 entfielen auf die NPD 0,9%, Pro NRW 1,3% und die AfD 3,5%. Mit insgesamt 5,7% (8045 Stimmen) hat sich der Stimmenanteil am rechten Rand nahezu versechsfacht. NPD und Pro NRW haben jeweils 1 Sitz, die AfD ist mit 3 Mandaten in Fraktionsstärke im Rat vertreten. Von den insgesamt 114 Sitzen in den sechs Bezirksvertretungen fielen je 2 an die AfD und Pro NRW.
Sorge bereiten weniger die tumben Einzelkämpfer von NPD und Pro NRW. So beschränkte sich der wiedergewählte NPD-Volksverhetzer Claus Cremer im letzten Rat viereinhalb Jahre lang auf schriftliche, oft fremdenfeindliche Anfragen und schwieg im übrigen – eine perfekte Nulllösung – vor sich hin. Pro NRW wird sich von diesem Vorbild nicht weit entfernen. Ärgerlich aber, wenn beide mit städtischen Finanzmitteln und Büroräumen eine Basis in Bochum für ihre menschenfeindliche Politik erhielten.
Die größte rechte Gefahr ist die AfD
Die weitaus größere Gefahr für ein solidarisches und weltoffenes Miteinander in Bochum ist die AfD. Sie lebt von den Sorgen und Ängsten vieler Menschen in der europäischen Wirtschaftsund Finanzkrise. Ihre Antwort heißt Wiederbelebung des Nationalismus und Absage an eine gemeinsame europäische Zukunft. Sie wirbt für eine Politik, die sozial Benachteiligte, Flüchtlinge, Migrant_innen und besonders Muslime stigmatisiert und ausgrenzt. Einwanderung nach Deutschland stellt sie als Bedrohung für Wohlstand und Sicherheit der einheimischen Menschen dar. Im Schulterschluss mit NPD und Pro NRW wendet sie sich gegen die Freizügigkeit in der Europäischen Union, die eine Armutszuwanderung aus Südosteuropa in die deutschen Sozialsysteme geradewegs provoziere.
„Wir sind nicht das Sozialamt der Welt“ (NPD),
Wir wollen nicht das Sozialamt der Welt sein“ (Pro NRW),
Wir sind nicht das Weltsozialamt“ (AfD):
Die Wahlplakatparolen der rechten Kampfgenossen waren identisch und von den Grundwerten des christlichen Abendlandes genauso meilenweit entfernt wie die weihnachtliche Drohbotschaft der CSU „Wer betrügt, der fliegt“.
Die Fakten sehen anders aus:
Einwanderer aus Rumänien und Bulgarien sind überdurchschnittlich qualifiziert, 20,9% haben einen Hochschulabschluss (von der Mehrheitsbevölkerung in Deutschland nur 18,1%) und nur 7,4% von ihnen sind arbeitslos gemeldet (im Bevölkerungsdurchschnitt 7,7%). Für die AfD sind diese wirtschaftlichen Vorteile sekundär. Sie nutzt die Probleme, die wirtschaftlich schwache Städte auch im Ruhrgebiet mit armen Menschen aus Südosteuropa haben, zum Stimmenfang und bedient dabei weit verbreitete rassistische Ressentiments gegen Sinti und Roma.
Bochum multikulturell und weltoffen
Wir in Bochum sind noch nicht so multikulti wie die deutsche Fußballmannschaft, aber fast: Der Anteil der Menschen mit Migrationsgeschichte geht gegen 20%, in drei Stadtteilen liegt er bei einem Drittel oder sogar darüber. In manchen Schulen sind Migrantenkinder in der Mehrheit, der Islam ist als Religion zum Teil stärker vertreten als das christliche Bekenntnis.
Die Bildungserfolge der Kinder aus Migrantenfamilien wachsen, bleiben aber hinter dem deutschstämmiger Schüler_innen zurück, bei den Abschlüssen mit Hochschulzulassung etwa im Verhältnis 44:21. Die Förderung benachteiligter Kinder in guten Schulen ist ein Kernanliegen solidarischer und sozial gerechter Kommunalpolitik. Offenheit für multikulturelle Vielfalt ist die unverzichtbare Grundhaltung des sozialen Miteinanders. Dazu gehört in diesen Tagen besonders eine Willkommenskultur für die wachsende Zahl von Menschen, die aus schlimmer Not zu uns kommen.

Antworten der AfD:
chauvinistisch, völkisch, fremdenfeindlich, rassistisch
„Es kann nicht sein, dass wir wie ein Magnet Menschen anziehen, die dann hier nur eine Art Bodensatz der Gesellschaft formen werden“ (Prof. Bernd Lucke, AfD-Vorsitzender in München am 30.8.2013)
„Dann bilden sie eine Art sozialen Bodensatz – einen Bodensatz, der lebenslang in unseren Sozialsystemen verharrt“ (Prof. Lucke in Frankenthal, September 2013)
Wenn die intelligenten mit den dummen (bildungsfernen) Kindern zusammen lernen, nutzen sie ihr Potential nicht. Das Volk verdummt.“ (Jens Pfeiffer, AfD-Bundestagskandidat)
„Wenn der Satz ,Der Islam gehört zu Deutschland, nur die faktische Existenz des Islam in Deutschland feststellen sollte, ist er überflüssig (…) Wenn er aber als eine implizite Bejahung des Islam in Deutschland gemeint ist, ist er falsch und töricht (…). Prof. Lucke in
einem Schreiben an die AfD-Mitglieder, Oktober 2013)
Multikulti hat die Aufgabe, die Völker zu homogenisieren und damit religiös und kulturell auszulöschen.“ (Internetseite der AfD-Politikerin Beatrix von Storch)
„Andere Parteien wollen Zuwanderung nur, damit die Deutschen in einem großen europäischen Brei aufgehen.“ (Armin Paul Hampel, AfD-Chef in Niedersachsen auf dem Europaparteitag im März 2014)

Hier brodelt rechtsbürgerliche deutschnationale Ideologie, die seinerzeit – mit teils anderen Feindbildern – zum Nationalsozialismus fand. Wer Menschen „Bodensatz“ nennt, hat „ausmerzen“ schon auf der Zunge. Prof. Lucke beweist: Wie der Fisch stinkt diese Partei vom Kopf her. An der Bochumer Basis führte der stellvertretende Kreisvorsitzende Wahlkampf mit der Gaspistole. Das lässt für die Kommunalpolitik der AfD Übles erwarten: braunes Gebräu, nicht einmal gewaltfrei.
Der Appell des Bochumer Kinder- und Jugendringes an junge Wählerinnen und Wähler ist deshalb nach der Wahl aktueller denn je:
„Abgeordnete, die gegen Migranten, Homosexuelle, Behinderte, Juden, Muslime und andere Minderheiten hetzen und zum Sturz der Demokratie aufrufen, dürfen im Bochumer Rat und in den Bezirksvertretungen keinen Platz und keine Stimme bekommen. Wir wollen ein demokratisches, friedliches, buntes und tolerantes Bochum und wollen keine Nazis in der Stadt.“
Die Bezirksregierung verbot den Schulen, einen Flyer mit diesem Inhalt zu verteilen.
Die demokratischen Parteien im Rat werden den Appell nun als Richtschnur nehmen für klare Kante gegen AfD, NPD und Pro NRW:
Für eine solidarische und weltoffene Stadt
Das Flugblatt als PDF-Datei.


Ein Gedanke zu “Protest gegen NPD, Pro NRW & AfD

  • Frank Stühmeyer

    Netter Text, eine kleine Korrektur: Johannes „Gasknarre“ Paul war meines Wissens nach „nur“ stellvertretender Pressesprecher, nicht stellv. Kreisvorsitzender. Im Bericht des WDR zum Vorfall ist allerdings auch fälschlicherweise vom Kreisvorzitzenden die Rede: http://vimeo.com/94168862

    Nachdem Paul vorrübergehend von seinen „allen Posten“ zurückgetreten war, um „Schaden von der Partei abzuwenden“, scheint der Vorfall mittlerweilse übrigens vergessen. Wenige Tage nach der Wahl wurde er zum Delegierten der Bochumer AfD für Landesparteitage gewählt.

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