Die beiden Bochumer Tageszeitungen rücken in ihrer Berichterstattung über das Outing des Neonazis Michael Brück durch eine Gruppe von AntifaschistInnen von ihrer bisherigen Linie ab. Während WAZ und RN zunächst die Sprachregelung des Bochumer Staatsschutzes übernommen hatten und sich an der Kriminalisierung der Aktion beteiligten, sind jetzt differenziertere Einschätzungen zu lesen. In ihrer Printausgabe unter dem Titel „Video zeigt Uni-Tumult“ heißt es den RN: „Nun ist im Internet ein Video aufgetaucht. Mehrere Facebook-Nutzer erklärten daraufhin, dass die Aggression vom Dozenten ausgegangen sei.“ Die Überschrift in der WAZ lautet heute im Internet: „Heftige Debatte über Verantwortliche für Eskalation im Hörsaal der Ruhr-Uni Bochum“. Auch hier wird nun problematisiert, dass die Handyvideo-Aufnahmen deutlich machen, wie die körperliche Gewalt von Professor Borges ausgegangen ist. In der WAZ kommen die Antifas ausführlich zu Wort. In Internetauftritt der RN ist deren Stellungnahme im Wortlaut veröffentlicht.
Donnerstag 05.12.13, 21:36 Uhr
Die Berichterstattung über das Outing von Michael Brück ändert sich
Streicheleinheiten für die Presse?
Der Staatsschutz ist schuld an der anti-antifaschistischen Hetze der WAZ und RN?
Die Presse als Verführte? Sind die Herren und Damen der Presse zu dumm zum recherchieren, haben sie bei der Fallobstpresse „Kartoffeldruck“ gelernt? Mit nichten. Das war 1A Diffamierung und das weiß jeder. Diese Rechtstendenz der WAZ kommt nicht von ungefähr und lässt sich in viele Berichterstattungen der letzten Zeit einreihen.
Hier sei an den Bericht von Bernd Kiesewetter über die Kranzniederlegung der Bundeswehr im November 2013 erinnert. Oder die Meldung über die antirassistische Demonstration letzten Samstag.
Wird in der Öffentlichkeit gegen Militarismus (friedlich und gewaltfrei) demonstriert, so wird der Protest diskreditiert.
Wird in der Öffentlichkeit gegen steigenden Rassismus und staatliche Ausgrenzung (friedlich und gewaltfrei) demonstriert, betont die WAZ im Titel des Artikels, dass die DemonstrantInnen friedlich und gewaltfrei waren.
Wird in der Öffentlichkeit gegen das Erstarken und Wirken von Rechtsradikalen (friedlich und gewaltfrei) demonstriert und werden Professoren samt Rechtsradikaler und Studenten gewalttätig sind die Gewalttäter die AntifaschistInnen.
Das ist die WAZ-Redaktion Bochum. Besser gesagt Michael Weeke und Bernd Kiesewetter.
Alles was oppositionell, staats-kritisch oder gar links ist wird in einem mit einer Schreibe versehen, die an üblen Gossenjournalismus heranreicht.
Sieht man sich bundesweit das Presseecho an, erkennt man wie unhinterfragt weitere Medien diese Verdrehungen und Verleumdungen übernommen haben, wie Neue Rechte-Magazine (z.B.“Eigentümlich.Frei“), rechtsnationalistische Christen und Andere diese Steilvorlagen noch nutzen.
Entgleisung bei der WAZ? Mitnichten!
Es geht schlichtweg darum Antifaschismus zu diskreditieren. Nicht den zahnlosen, den hilflosen, den Antifaschismus der Sonntagsreden, das Staatsbewußtsein der „inneren Emigration“. Sondern den Antifaschismus der sich einmischt, sich solidarisiert und aktiv gegen Nazis wehrt. Das ist die Devise dieses Blattes.
hier noch mal etwas von Linksunten:
…
Die Bochumer Lokalpresse
Zunächst verurteilte die Bochumer Lokalpresse das Verhalten der Protestierenden. Die WAZ sprach bei der Begehung des Seminarraums von einem Sturm auf die Vorlesung. Sie machte aus der Kostümierung der Personen eine Maskierung. Aus der nicht auf Gewalt ausgelegten Outing-Aktion einen Überfall.
Dabei wird wohlweislich außen vor gelassen, das es gerade der geoutete Nazi und seine Kameraden sind, die in Dortmund seit Jahren Internetseiten betreiben auf denen antifaschistische Jugendliche, Kirchen-, Parteien- und Gewerkschaftsvertreter mit Namen, Bildern, ihrem Arbeitsplatz und Wohnort geoutet werden. Und dies zum Zweck sie körperlich anzugreifen, einzuschüchtern und mundtot zu machen. Die Vertreibung einer Familie aus Dortmund-Dorstfeld ging bundesweit durch die Medien, die Bedrohung von Fernsehteams in Dorstfeld ebenfalls, die zahlreich gesprayten Mordaufrufe, beschädigten Eigenheimwände, Privat-Pkws, zerstörten Scheiben von demokratischen Parteibüros, die körperliche Überfälle und nicht zuletzt die fünf durch Nazis ermordeten Personen. (2000 wurden drei PolizistInnen erschossen, 2005 wurde Thomas Schulz erstochen und 2006 wurde Mehmet Kubasik von der NSU hingerichtet) Der geoutete Michael Brück ist alles andere als eine Randfigur dieses gewalttätigen Mobs in der Tradition der SA. Er ist einer ihrer Organisatoren, ein Strippenzieher, ein Hetzer. Er wird in der Verbotsverfügung des Nationalen Widerstands Dortmund (NWDO) ausdrücklich genannt und nimmt in der Nachfolgeorganisation „Die Rechte“ eine herausragende Rolle ein. Das sich hier Protestler unkenntlich machen ist mehr als verständlich. Und wie selbst Zeugen in der RN zugeben, dachten viele StudentInnen zunächst nicht an Politik, sondern „…das wäre nur ein Party-Joke und auf den Flyern würde Werbung für eine Feier gemacht“. Die WAZ und auch die RN machen aus der Selbstschutzmaßnahme aber einen Akt der Vermummung zwecks eines Überfalls. Und obwohl der Professor zu gibt selbst mit den körperlichen Übergrifflichkeiten angefangen zu haben definieren sie die Tatumstände zu Lasten der Protestierenden um.
Dazu fallen in der WAZ Worte wie „maskierten Angreifer“ und „brutaleres Bild“, spricht man von „an den Pranger“ stellen und es werden Vergleiche des antifaschistischen Outings zum Terror der SA und der Judenverfolgung genutzt. Übler geht Hetze nicht. Hier werden nicht nur willkürliche Verdrehungen und Halbwahrheiten produziert, sondern auch in einer ekelhaften Art und Weise Gleichsetzungen vollzogen, wo man sich fragt, ob solcher Schmierenjournalismus jetzt zum Standard der Bochumer Lokalredaktion der WAZ gehört. Der Autor Michael Weeke hat sich hier wahrlich in seiner bisherigen Verharmlosung von Neo – Nazismus und Angriffe auf Antifaschisten selbst übertroffen.
Und auch die RN hackt in die gleiche Kerbe. Auch sie verdreht bewusst Tatsachen und spricht von dem „Recht in die eigene Hand“ nehmen. Dabei meint sie nicht den handgreiflichen Professor, sondern das Benennen eines gefährlichen Volksverhetzer als das was er ist, ein Polit-Krimineller. Und das, als ob die RN in Artikel über Korruptionsskandale von demokratischen Politikern auch nur einen Deut anderes machen würden, als die so von ihnen diffamierten AntifaschistInnen. Das Offenlegen von Sachverhalten, das Informieren vor erschreckenden Fehlentwicklungen und Warnung aller Unwissenden. Sie machen es nur „legal“, besser gesagt sie haben die Macht-, Meinungs- und Definitionshoheit. Die AntifaschistInnen sind für sie aber „Extremisten“ und werden als solche den Nazis gleichgesetzt und diffamiert. Man kann sich nur wundern, wie viel Doppelmoral in so wenigen Zeilen passen. Und wie schnell Diffamierung und Ausgrenzung antifaschistischer Positionen in bundesdeutschen Medienorganen funktioniert.
Dem Professor wird dann noch zu allem Überfluss Zivilcourage attestiert. Eine undefinierte Phrase die hierzulande meist eingesetzt wird, wenn es darum geht Engagement von den BürgerInnen gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus einzufordern. Ein Verhalten, das man weder bei der Polizei, dem Verfassungsschutz, noch Politikern findet. Hier wird es so verwendet, als ob es sich bei den Protestierenden um Nazis handeln würde und bei Michael Brück nicht um einen rassistischen Hetzer, der eine Internetsite namens „Antisem.it“ betreibt. Diese Sachverhalte gehen in dieser Kulissenschieberei ebenso unter, wie der Fakt, dass die Benennung eines Verbrechers kein Verbrechen ist und die Benennung eines Nazis im NS-Nachfolgestaat BRD immer noch ein Wagnis darstellt. Die Verdrehung und Definition des gewalttätigen Professors, der auf störende aber nicht gewalttätige Personen losgeht, zum Träger von Zivilcourage hat allein die Funktion der Diffamierung und Feindmarkierung. Und diese durch die Lokalspresse zu öffentlichen Feinden erklärten sind die Antifaschisten.
Georg Orwell, der Verfasser von 1984 hätte hier ein weiteres Beispiel für den „Neusprech“ seines System des „Großen Bruders“, wie dieser seine „Staatsfeinde“ publizistisch aufbaut. Er schrieb damals „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke.“ Diesen hellsichtigen Gesellschaftskritiker mit lokalen Berichterstattern aus Bochum in Verbindung zu bringen schafft man aber nur in Form eines Negativbeispiels.
Und das ist die Bochumer Lokalpresse: Eine Schande und antidemokratische Gefahr.
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(Quelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/100878)
Ich bin mir bei der WAZ nie sicher, ob es sich bei ihrer Berichtserstattung um einen „Rechtstrend“ oder schlicht um journalistische Inkompetenz (durchaus auch angesichts der Arbeitsverdichtung im Pressebereich) handelt. Ist mir aber auch egal, weil das Ergebnis gleichermaßen katastrophal ist.
Zwei aktuelle Beispiele:
Die WAZ beutzt zunehmend, wie einige (!) andere Presseorgane auch, den Begriff „Linksautonome“. Eine kurze Recherche im Glossar des Verfassungsschutzes zeigt, dass es dort diesen Begriff gar nicht gibt. Es gibt die „klassischen“ „Autonomen“, als linke Bewegung, die mit Bezug auf die Fabrikkämpfe in Italien Ende der 60er entstanden sind und in deren Nachfolge bzw. Weiterentwicklung sich auch die heutigen „Autonomen“ noch sehen…(sollten ;-))
In der Tradition der „Extremismusformel“ der konservativen Extremismusforscher Backes und Jesse haben konservative Kräfte vor einigen Jahren angefangen von „Linksautonomen“ und „Rechtsautonomen“ zu schreiben. Führend ist hier Udo Baron, Historiker und Politikwissenschaftler, dessen theoretische Ergüssen man u.a. auf den Seiten der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Bundeszentrale für Politische Bildung findet. Titel wie „Die Extremen berühren sich“ oder „Pippi Langstrumpf oder was ist ein Linksautonomer?“ hämmern diese neue Begrifflichkeit ganz im Sinne von „Rechtsextremismus = Linksextremismus“ in die Köpfe von unbedarften Politiker_innen und eben auch inkompetenten Journalist_innen. Ach ja, Baron hat bei Jesses promoviert mit dem Titel „Der Einfluss der SED und ihrer westdeutschen Bündnisorganisationen auf die Partei „Die Grünen“ im „Kampf um den Frieden“. Alles klar?
Und so benutzt eben auch die WAZ unreflektiert oder bewusst Begriffe, die von ziemlich rechts kommen und platziert sie im Mainstream. So wie damals mit dem Begriff „Asylanten“.
Aber, was die WAZ nicht macht, ist z.B. eine Berichterstattung über die Facebookseite der Bochumer AfD, auf der sie mit der Karrikatur „So leben wir nach dem EU-Beitritt der Türkei“ aus dem Fundus der rechten Black-Metal-Band „Megalith“, rassistische Stimmung gegenüber türkischen Migrant_innen macht.
Wie gesagt, ich weiß nicht, ob es „Rechtstrend“ oder Inkompetenz ist, aber das ist mir auch scheißegal.