Sonntag 08.07.12, 15:45 Uhr

Straßenschlacht 2


Karsten Finke, BSZ-Redakteur und Ratsmitglied der Bochumer Grünen, beschreibt in der aktuellen Ausgabe der BSZ die Auseinandersetzung zwischen dem ADFC auf der einen und CDU, SPD und Verwaltung auf der anderen Seite: »Die Fronten sind verhärtet: Die Bochumer Stadtverwaltung und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) scheinen sich unversöhnlich gegenüberzustehen, obwohl sie ein gemeinsames Anliegen teilen. Bochum soll fahrradfreundlich werden. Davon ist man derzeit jedoch noch sehr weit entfernt. Klaus Kuliga, der Vorsitzende des ADFC in Bochum, möchte das verändern.Die Stadt Bochum steht, was den Radverkehr angeht „ganz am Anfang“, findet nicht nur der ADFC, sondern auch die Referent*innen des Symposiums ‚Radfahren in Bochum‘. Trotzdem möchte die Verwaltung an ihrer Bewerbung bei der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V. (AGFS) festhalten. „Bevor man Konzepte erstellt, muss man den Willen haben, diese Konzepte auch umzusetzen.Davon ist bis heute in Bochum nichts zu sehen und zu hören“, sagt Klaus Kuliga. Der Verkehrsausschuss der Stadt Bochum hat 2009 beschlossen: „Die Verwaltung wird beauftragt, die Unterlagen für eine Bewerbung um die Mitgliedschaft in der AGFS zusammenzustellen, die finanziellen Auswirkungen abzuschätzen und dem Ausschuss zur abschließenden Beratung vorzulegen.“ Bisher ist diesbezüglich noch kaum etwas geschehen. „Wir erwarten, dass die Verwaltung dem damals erteilten Auftrag nach drei Jahren endlich nachkommt und ein tragfähiges Bewerbungskonzept vorlegt. Wir erwarten, dass die Oberbürgermeisterin und der Rat sich klar und eindeutig zur fahrradfreundlichen Stadt Bochum bekennen“, sagt Klaus Kuliga.
Grundlegend für ein fahrradfreundliches Bochum ist das von der AGFS zum Leitbild erklärte Konzept der Nahmobilität als Grundprinzip der Verkehrsplanung. Eine fahrradfreundliche Stadt lädt flächendeckend – jederzeit, alle und überall – zum Radfahren ein. In der Verkehrsplanung kommen daher zuerst die Fußgänger*innen, dann die Radfahrer*innen und der öffentliche Nahverkehr, erst danach der motorisierte Individualverkehr. In der Realität sieht es meistens genau andersherum aus. Auch in Bochum hat der Autoverkehr oberste Priorität.
Anregungen und Beschwerden
Bürger*innen haben nur wenige Möglichkeiten, ihre Interessen gegenüber der Politik und Verwaltung zu vertreten. Dies geschieht meistens im Ausschuss für Anregungen und Beschwerden. Mitglieder des ADFC sind dort regelmäßige Gäste, mit eigenen ausführlichen und konstruktiven Anträgen. Dabei kommt es jedoch immer wieder zum Schlagabtausch zwischen Klaus Kuliga auf der einen Seite und der Verwaltung gemeinsam mit SPD und CDU auf der anderen Seite. Die Vertreter*innen von Grünen und Linken stehen dabei häufig zwischen den Fronten. „Die Verwaltung verwickelt sich offenkundig in Widersprüche und offenbart damit eine erschreckende Inkompetenz“, kritisiert Klaus Kuliga. In seltenen Fällen übernimmt die Verwaltung sogar Anregungen des ADFC, häufig sind sie dann aber rechtlich sowieso dazu verpflichtet. „Die Verwaltung tut ihre Pflicht nur, wenn sie dazu gezwungen wird“, so Kuliga weiter.
Verunglimpfende Äußerungen
Auf Anregung der CDU wurde Klaus Kuliga bereits in einem Beschluss wegen angeblich  verunglimpfenden Äußerungen gerügt. Auch der SPD ging die Kritik Kuligas zu weit und unterstütze das Anliegen. Grüne und Linke versuchten den Beschluss zu verhindern. Es stellt sich nun die Frage, wer hier wen verunglimpft. Die Bochumer Verwaltung und Teile der Politik scheinen sich für den Radverkehr kaum zu interessieren. Auf Anregung des ADFC hob die Stadtverwaltung zum Beispiel eine Regelung auf, die Fahrradfahrer*innen dazu zwang, einen Radweg auf dem Bürgersteig zu nutzen. Die Verwaltung berichtete daraufhin, dass sie zusammen mit der Polizei die Nutzungspflicht aufgehoben hat. Unerwähnt blieb, dass der Weg über Jahrzehnte hinweg nicht den Anforderungen eines Radweges genügte und damit streng genommen illegal war.
Auf Bochumer Straßen gilt meist die Macht des Stärkeren. Radwege sind häufig gefährlich, werden von Autofahrer*innen einfach ignoriert oder fehlen schlichtweg. Die Antwort der Verwaltung auf ihren Auftrag, Bochum zu einer fahrradfreundlichen Stadt zu machen und die Hartnäckigkeit der Politik dies auch einzufordern, ist äußerst zaghaft. „Wir halten die Antwort der Verwaltung daher für nicht ausreichend. Eine sachkundige, konstruktive und engagierte Förderung des Radverkehrs mit dem Ziel, den Radfahrer als gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer zu behandeln, würde eine andere Antwort erfordern. Fahrradfreundlich geht anders“, sagt Klaus Kuliga.


2 Gedanken zu “Straßenschlacht

  • Stefan Wirths

    Sehr geehrte Redaktion,

    ich würde mich freuen, wenn die Bochumer Grünen die Anliegen des ADFC Bochum deutlich stärker und vor allem wahrnehmbar unterstützen würden. So hat man leider den Eindruck, dass es in Bochum keine Grünen gibt, vielleicht „Haushalts-Grüne“, aber „Umwelt-Grüne“?? Deshalb ist der Beitrag von Herrn Finke für mich ein kleiner Lichtblick.

    Stefan Wirths

  • Irene Klapkarek

    Bochum ist eine der fahrradunfreundlichsten Städte Deutschlands. Hier wird weder von seiten der Polizei noch von der Stadtverwaltung etwa unternommen.
    Mit freundlichen Grüßen

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