Mittwoch 06.06.12, 08:06 Uhr

Der rechte AStA und das Campusfest


Am heutigen Mittwoch findet wie jedes Jahr das Campusfest, genannt „RUBissimo“, an der Ruhr-Uni Bochum statt. Der AStA organisiert dabei das Nordforum – mit Bierwagen und Kulturprogramm auf einer Bühne. Der diesjährige rechte AStA macht dabei so einiges anders. Das Protestplenum informiert über die kuriosen Neuheiten auf dem Nordforum: »Auf dem Nordforum haben Fachschaftsräte und Initiativen an der Uni traditionell die Chance, ihre Arbeit vorzustellen und durch den Verkauf von Speisen und Getränken ihre Kassen aufzubessern. Der rechte AStA sucht sich die Stände neuerdings anscheinend ganz genau aus. So wurden Informationsstände linker Initiativen, die sich sonst jedes Jahr präsentieren konnten, mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Der Infoladen „der_notstand“, welcher auf dem Campus ein Archiv betreibt, wurde ebenso abgelehnt wie das Protestplenum, welches seit 2005 hochschulpolitisch unterwegs ist. „Bisher hat uns noch kein AStA verwehrt, unsere Arbeit auf dem Campusfest zu präsentieren“, kommentiert Steffi Streik die Situation. „Dabei haben sich die Aktiven des Protestplenums stets für die Belange der Studierenden eingesetzt – und so z.B. den Bildungsstreik 2009/10 [1] organisiert, welcher maßgeblich zu der Abschaffung der Studiengebühren geführt hat“.

Keine Kritik, bitte

Auch die Initiative „AStAWatch“, eine Gruppe von Studierenden, welche die Tätigkeiten des AStA kritisch hinterfragt, soll dem Campusfest fernbleiben. „So geht der AStA also mit Kritiker_innen um: Er zensiert sie einfach weg“, meint Steffi dazu. Die Begründungen für die Nicht-Genehmigung der Stände ändern sich dabei täglich. Nachdem die Aktiven des Protestplenums per E-Mail wissen wollten, warum der Stand denn abgelehnt sei, war es erst der Platzmangel, dann das Angebot (Grillkartoffeln), welches das Protestplenum den Besucher_innen des Festes machen wollten. Beachtlich ist, dass die abgelehnten Initiativen auch unter dem offenen Brief gegen die Extremismusklausel stehen. „Da liegt der Verdacht nahe, dass sich der AStA an den Kritiker_innen rächen will“, spekuliert Steffi.
Pikant ist auch, dass der AStA eine Anmeldung der alternativen liste nicht genehmigte. Die einzige Ablehnung einer hochschulpolitische Liste, die für das Studierendenparlament kandidierte. Zu den letzten Studierendenparlamentswahlen war die alternative liste nicht angetreten, es erschienen mehrere Auflösungserklärungen. „Aber der Name alternative liste ist nicht für eine bestimmte Gruppe von Menschen reserviert“, informiert Denise Welz, Spitzenkandidatin bei den Wahlen 2011. „Ohne nachzufragen hat der AStA den Stand abgelehnt und eine E-Mail geschickt, er würde nur existierenden Hochschulgruppen einen Stand genehmigen. Sie haben damit billigend in Kauf genommen, dass Studierende, die sich in der Hochschulpolitik engagieren wollen, sich weder vorstellen noch Geld für den Wahlkampf sammeln können. Damit ist ein Antritt zu den nächsten Studierendenparlamentswahlen faktisch ausgeschlossen.“

Jusos – Gewerkschaftsnah, transparent und nicht korrupt?
Die hochschulpolitischen Informationsbüros von DGB und GEW meldeten ebenfalls einen Stand an – und wurden erst einmal abgelehnt. Dabei hatten die Jusos und der Vorsitzende Dirk Loose auf der Stupa-Sitzung der AStA-Wahl [2] noch betont, sie verstünden sich als gewerkschaftsnah. „Im Nachhinein also alles nur heiße Luft“, fasst Steffi Streik zusammen. „Die Listen Nawi, IL, Jusos und Gewi haben sich in den AStA reingeschummelt [3] und scheinen diese Politik der Irreführung weiter zu treiben.“ Als die jetzigen AStA-Listen noch in der Opposition waren, behaupteten sie immerzu, dass die AStA-Referent_innen zu viel Geld bekommen und zu wenig dafür tun würden. Nun scheinen sie das aber ganz anders zu sehen. Auf dem Nordforum gibt es beim Campusfest immer nur eine Möglichkeit Bier zu kaufen, nämlich am AStA-Bierwagen. Die AStA-Referent_innen standen stets persönlich – und selbstverständlich ehrenamtlich – dahinter und schenkten den Besucher_innen aus. Nawi, Jusos, IL und Gewi haben jetzt offenbar keine Lust mehr darauf. So heißt es im AStA-Protokoll vom 16.05.2012 [4]: „Es soll eine Honorarstelle für den Bierwagen ausgeschrieben werden. Claudia kennt jemanden. Es wird privat zwischen ihr und Raoul geklärt.“ Für 450€ wollen die Referent_innen nun offenbar Externe einstellen. „Das klingt danach, dass hier Freunden des AStA Geld zugeschoben wird, anstatt – wie bisher – unentgeldlich selbst anzupacken.“, bemerkt Steffie.

Gegen das „Politikverbot“ auf dem Campusfest!
Besonders pikant – und ein weiteres Novum auf dem Campusfest – ist das beharrliche Umsetzen des „Politikverbots“ durch den neuen AStA. Das seit 2010 von der Univerwaltung verordnete Verbot, sich auf dem Campusfest zu allgemeinpolitischen Themen zu äußern, wird vom AStA nun tatsächlich durch eine eigene Auflage erzwungen, in der es heißt: „An den Ständen dürfen keine Informationen über nationale oder internationale Politik verbreitet werden.“ Doch steht die Uni wirklich außerhalb der restlichen Gesellschaft und sind Hochschul- und Allgemeinpolitik überhaupt voneinander zu trennen? „Wir sollen über BAFöG, Zulassungsbeschränkungen zum Studium und über das Lehrangebot reden dürfen. Schweigen sollen wir aber über die Ungerechtigkeiten, Verleumdungen und Gewalttätigkeiten, die sich räumlich außerhalb unserer Seminarräume abspielen. Aber wie sollen wir über BAFöG reden, wenn wir über die Ausgrenzungsmechanismen unseres Wirtschaftssystems schweigen müssen? Wie können wir verantwortungsbewusst über Zulassungsbeschränkungen reden, wenn wir die täglichen Dramen an unseren Landesgrenzen verschweigen? Und was haben wir zum Lehrangebot zu sagen, wenn wir verdunkeln müssen, dass sich Fremdenfeindlichkeit und Sexismus auch in die Wissenschaft einschleichen und dass sie durch Wissenschaft festgeschrieben und reproduziert werden? Wie sollen wir Allgemeinpolitik und Hochschulpolitik voneinander trennen können, wenn uns u.a. auch unsere Geschichte deutlich macht, dass die Uni mitten in der Gesellschaft steht? Anstatt sich kritisch mit dem Verbot allgemeinpolitischer Themen auseinanderzusetzen, macht sich der AStA zum Durchsetzungsgehilfen einer autoritären Universitätsverwaltung.“ so Steffie Streik weiter. Kein Wunder für einen – im besten Fall als ‚unpolitisch‘ zu bezeichnenden – Kernasta. So hatte dieser bei Amtsantritt das Referate für Grund- und Freiheitsrechte sowie das Referat für kritische Wissenschaften einfach gestrichen. Statt dessen wurde ein Referat für ‚politische Bildung‘ ins Leben gerufen, dessen bisher einzige Aktivität es war, eine Wahlkampfplattform (‚Podiumsdiskussion‘) [5] für die Parteien zur NRW-Landtagswahl zu bieten. Bei dem eingeladenen Vertreter der CDU handelt es sich übrigens um Unions-Rechtsaußen Dirk Schmidt handelt, der 2007 Domaininhaber des JU-Internetportals ‚Bochum gegen links‘ war, welches auch vor der Verlinkung NPD-naher Seiten nicht zurückschreckte [6]. „Wir werden uns von dem Politikverbot nicht abschrecken lassen und weiter das Maul aufmachen und Widersprüche in Universität und Gesellschaft aufzeigen – auch auf dem Campusfest“, gibt sich Steffie kämpferisch. Insgesamt zieht das Protestplenum also eine bittere Bilanz aus den bisherigen Geschehnissen rund um das Campusfest. Aufgeben aber wollen die Aktiven nicht: „Selbstverständlich werden wir, wie in den vergangenen Jahren auch, einen Infostand machen – ob mit oder ohne Genehmigung des AStA. Verschiedene Fachschaften haben sich bereits mit den nicht zugelassenen Initiativen solidarisch erklärt und uns Platz auf ihren Ständen angeboten. Wir können und werden eine Politik der Zensur des neuen RUB-AStA und der Univerwaltung nicht hinnehmen und freuen uns, dass sie eine Welle der Solidarisierung ausgelöst hat.“, informiert Steffi Streik.«

[1] http://www.protestkomitee.de/index.php?option=com_content&task=blogcategory&id=66&Itemid=96

[2] http://www.protestkomitee.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1135&Itemid=1

[3] https://www.bo-alternativ.de/2012/02/17/liebe-freundinnen-und-freunde/

[4] http://asta-bochum.de/sites/default/files/Dokumente/Protokoll_A06_16052012.pdf

[5] http://www.asta-bochum.de/2012/04/pobi-podiumsdiskussion-zur-landtagswahl-in-nrw-2012/

[6] https://www.bo-alternativ.de/2007/09/09/cdu-stadtrat-unterhaelt-verbindungen-zur-extremen-rechten/