Ein Jahr nach Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets für Kinder aus bedürftigen Familien reißt die Kritik daran nicht ab. Der Vorsitzende der DGB Region Ruhr Mark, Michael Hermund fasst die Kritik zusammen und meint: „Viel Verpackung aber wenig Inhalt. In Bochum wurden nach den Zahlen der Landesregierung im letzen Jahr nur 27 % der hierfür vorgesehenen Mittel ausgegeben. Es ist „desaströs“, dass zwölf Monate nach dem Start des Bildungspakets, trotz hohem Engagement des Jobcenters und der Stadt weniger als ein Drittel der Gelder ausgegeben werden konnten.“ Am 1. April vergangenen Jahres war das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket in Kraft getreten. Es sollte den zu geringen Regelsatz für Kinder in Familien mit Hartz IV Bezug verbessern. Bedürftige Familien können für ihre Kinder Zuschüsse für warmes Mittagessen, Nachhilfe, Schulausflüge oder Freizeitaktivitäten beantragen.
Hermund kritisierte, das Bildungspaket werde seinem Ziel nicht gerecht. „Nur zwei Prozent der Ausgaben wurden für Nachhilfe also Bildung ausgegeben. An Sportvereine und Musikschulen flossen nur 4,5 Prozent. Das ist zu wenig.“ Ein Jahr nach Einführung des Pakets seien mit dem Großteil des Geldes Klassenfahrten, Mittagessen und Schulbedarf bezuschusst worden.
Der DGB bemängelt auch den sehr hohen bürokratischen Aufwand und die schlechten Informationen über die angebotenen Leistungen. Darum sei ein großer Teil des Pakets ungenutzt geblieben. Er forderte die Arbeitsministerin auf, das Genehmigungsverfahren zu vereinfachen.
„Die Leistungen müssen direkt über Schulen und Vereine abgewickelt und pauschal abrechenbar sein, fordert Hermund. Dies hätte Ministerin von der Leyen aber ausgeschlossen. „Sie trägt die politische Verantwortung für bürokratischen Aufwand und Verzögerungen. Das Jobcenter kann hier nur bedingt Abhilfe schaffen, durch Werbung über die Schulen und Lehrer,“ kritisierte Hermund die Bundesministerin.
Er betonte aber auch, dass das Bildungs- und Teilhabepaket insgesamt wichtig sei. Vielen Kindern sei beispielsweise damit geholfen, wenn sie in der Schule zumindest ein Mittagessen bekommen.
Von 626 Millionen Euro, die vergangenes Jahr bundesweit zur Verfügung standen, hätten die Verwaltungen nur 129 Millionen Euro ausgegeben. „Mehrere Hundert Millionen Euro stehen jetzt noch zur Verfügung“, sagte Hermund – noch sei unklar, was mit dem Geld geschehe.
Der Gewerkschafter verlangte von Bildungspolitikern, statt des Bildungspakets lieber Ganztagsschulen und -kitas direkt zu fördern. „So erreicht man alle Kinder.“
Donnerstag 05.04.12, 17:13 Uhr
Bildungspaket für arme Kinder – nur 27 % der Mittel ausgegeben
Hier bereichert sich Bochum auf Kosten der Kinder!
Der Clou dabei: Das nicht ausgegebene Geld – allein in Bochum immerhin mehrere Mill. Euro – muss die Stadt nicht an den Bund zurückzahlen. Die Kommunen erhalten jeweils eine Pauschale, die sich an der Zahl der Hartz IV-Haushalte orientiert, die Verwendung wird nicht nachgeprüft. Nicht ausgegebene Mittel werden nicht zurückgefordert.
Mensch mag es nicht glauben, und dennoch ist es so: die klammen Kommunen in NRW (und anderswo) stopfen sich einen Teil ihrer Haushaltslöcher, in dem sie Millionenbeträge aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nicht an die Kinder weiterleiten.
Der Sozialhilfeverein „WIDERSPRUCH e.V.“ in Bielefeld fordert deshalb mit einem offenen Brief an den Sozialdezernenten der Stadt Bielefeld und an die Öffentlichkeit, die dort im Jahr 2011 nicht ausgegebenen 2,2 Mill Euro in Form einer einmaligen Zahlung von 125 Euro direkt und unbürokratisch an die 17.775 berechtigten Kinder in Bielefeld auszuzahlen – damit dieses Geld nun doch noch dort ankommt, wo es hin soll und nicht klammheimlich in irgendeinem Haushaltsloch versickert.