Mittwoch 25.08.10, 11:00 Uhr
DGB zum Vorschlag von Ministerin von der Leyen:

„Chipkarte ist keine Lösung“ 1


Für den DGB ist die Einführung einer Chipkarte für arme Kinder keine Lösung des Problems. „Kinderarmut ist ein Massenphänomen. In Bochum sind nach dem Sozialbericht aus dem Jahres 2008 mehr als 21 % aller Kinder und Jugendlichen betroffen. Bei den unter 6-jährigen bereits über 25%. Mehr als 38 % aller Alleinerziehenden sind auf staatliche Fürsorgeleistungen angewiesen. Die Hälfte der Kinder mit Migrationshintergrund gilt in Bochum als arm. Wir brauchen keine Chipkarte, sondern mehr und bessere Betreuungs- und Fördermöglichkeiten für alle Kinder,“ so DGB Regionsvorsitzender Michael Hermund. Der DGB schließt sich damit den Einschätzungen des Kölner Armutsforschers Prof. Dr. Christoph Butterwegge an, der die Einführung als einen Gängelungsversuch armer Menschen beschreibt und dem gegenüber eine bessere Ausstattung und Sicherung der sozialen und Betreuungsinfrastruktur für Kinder einfordert.

Der örtliche DGB-Vorsitzende verweist darauf, dass eine solche Chipkarte nur für arme Kinder und deren Familien einer öffentlichen Diskriminierung Tür und Tor geöffnet würde. „Wird diese Karte dagegen für alle Kinder eingeführt, ist eine kaum leistbare Infrastruktur erforderlich, die ungeheure Kosten und Aufwendungen verursacht, ohne die Situation wirklich zu verbessern.“
Aus Sicht der Gewerkschaften ist es dringend erforderlich, andere Lösungswege zu beschreiten. Noch immer würden die Betreuungsangebote insgesamt nicht ausreichen. „Den Kommunen fehlt das Geld, um ein bedarfsgerechtes Angebot aufzubauen. Hier ist Frau von der Leyen gefordert,“ so Hermund.
Außerdem wäre ein Blick in die skandinavischen Länder hilfreich.
„In den dortigen Gemeinschaftsschulen, in der alle Kinder bis zur 10. Klasse gemeinsam unterrichtet werden, sind sowohl mehr Lehrer als auch Sozialarbeiter und Psychologen beschäftigt. Sie bieten die Gewähr dafür, dass die Leistungen bei den Kindern ankommen und nachhaltige Effekte erzielen. Es ist kein Zufall, dass zum Beispiel die Ergebnisse der PISA-Studien für Skandinavien regelmäßig besser ausfallen als unsere. Statt einer Chipkarte brauchen wir Chancengleichheit für alle!“, so Hermund.
Unabhängig von der Diskussion um die so genannte Chipkarte verweist der DGB darauf, dass es nach wie vor entscheidend ist, die Regelsätze bei Hartz IV zu erhöhen und den Familien damit ein eigenverantwortlicher Spielraum eingeräumt wird.


Ein Gedanke zu “„Chipkarte ist keine Lösung“

  • Stine

    Ich bin auch der Meinung, dass die Chipkarte für Kinder aus ärmeren Familien keine Lösung ist. Damit wird ihnen doch erst recht der Stempel „arm“ aufgedrückt und die Trennung zwischen arm und reich noch deutlicher. Außerdem braucht man beispielsweise für Sport und Musik nicht unbedingt Geld, da es viele kostenfreie Angebote (z.B. Chor) oder Sportvereine mit wirklich niedrigen Jahresbeiträgen gibt. Und Bildung hat ja nicht nur etwas mit Geld zu tun, es gibt schließlich auch Bibliotheken, man muss die Bücher ja nicht immer kaufen.

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