Donnerstag 29.07.10, 18:00 Uhr
Der DGB weist daraufhin, was die Arbeitslosen-Statistik verschweigt

Massenarbeitslosigkeit in Bochum


Auf der heutigen Pressekonferenz der Bochumer Arbeitsagentur zur Verkündung der Zahlen über die Massenarbeitslosigkeit im Juli fand die Agentur wie immer einem Vergleichswert ihrer Arbeitslosenzahl, die diese in einem positiven Licht erscheinen lässt. Diesmal sind es die Zahlen in den Urlaubsmonaten der vergangenen Jahre, die den Anstieg – selbst der offiziellen Zahlen  – der Arbeitslosigkeit verharmlosen sollen. Siehe Presseerklärung. Anschließend machte der DGB auf einer Pressekonferenz darauf aufmerksam, dass es sich bei den von der Agentur genannten Zahl nur um einen Teil der gemeldeten Arbeitslosen handelt. Mehr als 5.500 Arbeitslose sind in „Maßnahmen“ untergebracht und fallen damit aus der offiziellen Statistik raus. In einer Erklärung des DGB heißt es: »Mit Sorge sieht der DGB die aktuelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. „Wir machen es uns zu leicht, wenn wir den Rückgang der Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vorjahr schon als Erfolg feiern. Denn die Unterbeschäftigung hat in Bochum sogar zugenommen“, erklärt der DGB-Regionsvorsitzende Michael Hermund. Neben den aktuell gemeldeten 18.422 Arbeitslosen in Bochum (im Juni 2009 waren es 19.533) müssen nach Aussage des DGB-Vorsitzenden noch die Menschen mitgezählt werden, die sich zurzeit in Qualifizierungsmaßnahmen befinden oder einen Ein-Euro-Job haben. In den verschiedensten Maßnahmen sind aktuell 5.515 Menschen untergebracht, vor einem Jahr waren es 4.231.
Insgesamt 23.937 Bochumer sind arbeitslos gemeldet, vor einem Jahr waren es 23.764. „Insofern ist der Rückgang der Arbeitslosenzahlen nicht durch einen Beschäftigungsanstieg auf dem Ersten Arbeitsmarkt, sondern durch kurzfristige Fortbildungsmaßnahmen erzeugt“, erklärt der DGB-Chef. „Berücksichtigt man diese Zahlen, ist die Arbeitslosigkeit in Bochum gegen den Bundestrend angestiegen.“
Der DGB-Vorsitzende warnt davor, allein auf die Erholung der Konjunktur zu vertrauen. Der Arbeitsmarkt brauche vielmehr jetzt mutige Maßnahmen, mit denen ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit so weit als möglich verhindert werden könne. Dabei können Regelungen zur Förderung der Altersteilzeit und eine staatliche Unterstützung von tarifvertraglich geregelten Maßnahmen zur Verkürzung der Arbeitszeit einen wichtigen Beitrag leisten.
Hermund hofft auf die rot-grüne Landesregierung: „Auch die Arbeitsmarktpolitik in NRW muss aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen. Wir erwarten, dass die neue Landesregierung nicht nur Mittel des Bundes und der EU weitergibt, sondern mit eigenem Geld neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu entwickeln.“
So müssten beispielsweise kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden, bewährte Instrumente wie Transfergesellschaften nutzen zu können. Die regionalen Arbeitsmarktstrukturen müssten revitalisiert werden. Die Kenntnisse und Erfahrungen lokaler arbeitsmarktpolitischer Akteurinnen und Akteure seien einzubeziehen.
„Für die Menschen, die keine Chance zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt haben, muss dauerhafte Beschäftigung in einem öffentlich geschaffenen Sektor ermöglicht werden. Damit haben wir in Bochum gute Erfahrungen gemacht,“ meint Hermund. „Allerdings müssen auch neue Akzente in der Wirtschaftspolitik her. Wir brauchen endlich ein Umsteuern in neue Produkte z.B. im Bereich Elektromobilität, um Arbeitsplätze zu halten und zu schaffen. Hier muss die Regierung Rahmenbedingungen schaffen.“
Mit Sorgen blickt der DGB auf die Entwicklung in der Leiharbeit. Während es insgesamt bei den Stellenangeboten sehr zurückhaltend voran gehe, wachsen die Angebote für Leiharbeit wieder. „In der Region sind inzwischen 40 % der offenen Stellen aus diesem Bereich. Eine fatale Entwicklung. Da wird auf den billigen Jakob gesetzt ohne an Kaufkraft und Zukunftsfähigkeit der Unternehmen zu denken“, mahnt Hermund.