Freitag 16.07.10, 12:00 Uhr
DGB-Regionsvorsitzender Michael Hermund zum Tortenprozess:

Staatsanwaltschaft konstruiert Fall


Der DGB Ruhr Mark schreibt: »Am 21. Juli findet der inzwischen dritte Gerichtstermin gegen den Verantwortlichen des Internetportals bo-alternativ.de statt. Ihm wird vorgeworfen zur schweren Körperverletzung aufgerufen zu haben, weil er ein Plakat dokumentierte, das zum Widerstand gegen einen Nazi-Aufmarsch am 25. Oktober 2008 aufgerufen hatte. Es zeigt ein Strichmännchen mit einer Torte und einer Wunderkerze unter dem Slogan „Kein Zuckerschlecken für Nazis“. „Der DGB hat am 25. 10. 2008 die Verantwortung für die Gegenkundgebung auf dem Dr. Ruer-Platz unter dem Motto ‚Wir sind Bochum – Nazis sind es nicht‘ übernommen. Ich war Veranstaltungsanmelder“, erklärt Michael Hermund, Vorsitzender der DGB Region Ruhr Mark, „Ich habe die Dinge damals also sehr intensiv verfolgt. Zu keinem Zeitpunkt gab es damals auch nur den kleinsten Hinweis, dass dieses Plakat ein Aufruf zur Gewalt darstellt. Auch in meinem Kooperationsgespräch mit der Polizei war keinerlei Rede davon, dass im Zusammenhang mit den Protestaktionen zur Gewalt aufgerufen würde. Für mich ist es eindeutig, dass die Staatsanwaltschaft im Nachhinein hier einen Fall konstruiert hat, der mit der Realität nichts zu tun hat.“
Der DGB betrachtet es als großen Erfolg, dass mehrere Tausend Menschen damals deutlich gemacht haben, wie unerwünscht Nazis in Bochum sind. Der jetzt erneut vor das Gericht zitierte Gewerkschaftskollege war einer der maßgeblichen Organisatoren dieses erfolgreichen Protestes.
„Wenn die Staatsanwaltschaft ihn jetzt weiter anklagt, obwohl sie im ersten Prozess selber Freispruch beantragt hat, dann erweckt das den Eindruck von Beliebigkeit. Ihr ist offensichtlich nicht bewusst, wie sehr sie das Ansehen der Justiz mit ihrem Vorgehen beschädigt.
Ich fordere die Staatsanwaltschaft ganz eindringlich auf, diese peinliche Anklage zu beenden,“ so Hermund.
Die Gewerkschaften würden es begrüßen, wenn sich die Staatsanwaltschaft in Zukunft als Teil des am 25. Oktober 2008 demonstrierten antifaschistischen Konsenses der Bochumer Zivilgesellschaft begreifen würde. Kirchen, Organisationen, Verbände, Parteien und mehrere Hundert Einzelpersonen wie Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz, IHK Chef Gerd Pieper und Johann Philipps von der Kreishandwerkerschaft hatten zum Protest aufgerufen.
„Man kann den Eindruck gewinnen, die Bochumer Staatsanwaltschaft will die Zivilcourage der vielen Demonstranten unterbinden und Menschen einschüchtern. Das ist autoritärer Obrigkeitsstaat, nicht aber Justiz im demokratischen Rechtsstaat“, meint Hermund.«