Dienstag 13.10.09, 22:00 Uhr
Lehrstellenkatastrophe

Jährlicher Auftritt der Schönfärber


Die Agentur für Arbeit hat heute zusammen mit den Handwerkskammern Bochum und Herne und der Industrie- und Handelskammer auf einer Pressekonferenz versucht, die Situation der beruflichen Ausbildungsplätze als weitgehend problemlos darzustellen. Dabei wurde in rosaroten Farben berichtet (siehe Pressemitteilung der Arbeitsagentur), dass es trotz Krise einen positiven Trend bei der Versorgung von Jugendlichen mit Ausbildungsplätzen gibt. Es gipfelte in der Behauptung der Arbeitsagentur: „Nur 55 Bewerberinnen und Bewerber waren zum Ende des Berufsberatungsjahres unversorgt.“ In der Pressemitteilung der Arbeitsagentur ist aber nachzulesen, dass es für 4.324 Ausbildungsplatzsuchende in Bochum und Herne, die bei der Arbeitsagentur gemeldet waren, nur 2.508 gemeldete Angebote der Arbeitgeber gegeben hat. Ulrich Ernst, der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Bochum, behauptete sogar, für jeden Ausbildungswilligen und -fähigen stand ein Platz zur Verfügung. Erst auf die Frage, ob der Geschäftsführer der Arbeitsagentur auch nur eine Rektorin oder einen Rektor einer Hauptschule in Bochum nennen könne, der berichten kann, dass mehr als 20 Prozent der AbgangsschülerInnen eine Lehrstelle gefunden haben, räumte er Probleme ein. Die Vertreter von IHK und Handswerkskammer erklärten unbeirrt, dass die BewerberInnen weitgehend selber Schuld seien, wenn sie keine Stelle finden. Sie würden sich nicht richtig bewerben oder sich bei den Vorstellungsgesprächen falsch verhalten.
Auf den Einwand, dass es doch offensichtlich viel zu wenig Lehrstellen gibt, stellten die Vertreter der Wirtschaft ihre selbst vorgelegten Zahlen in Frage. Viele Stellen würden gar nicht gemeldet. Daraufhin wurden sie gebeten, doch einfach mitzuteilen, wie viele Ausbildungsverträge es gibt. Hier ergab eine optimistische Schätzung die Zahl von 3.500. Auf die Frage, wie viele BewerberInnen es denn gibt, erklärte der Geschäftsführer der Arbeitstagentur, dass er davon ausgehe, dass sich 70 Prozent der BewerberInnen bei der Agentur melden. Ungefähr 6.000 Jugendliche haben also in Bochum eine Lehrstelle gesucht und 3.500 eine bekommen.
Der DGB hatte die jährliche Schönfärberei der Wirtschaft erwartet und zur Pressekonferenz von Arbeitsagentur und Wirtschaftsvertretern eine Presseerklärung veröffentlicht, in der die Ausbildungssituation zutreffend als Ausbildungsdrama bezeichnet wird.