Montag 16.04.07, 16:00 Uhr
Polit-Café Azzoncao:

„Fanprojektleiter von Schalke 04 organisiert rechte Kulturevents“


Die Antifa-Gruppe Azzoncao schreibt: »Am 8. April 2007 sollte im Bochumer „Zwischenfall“ das „Black Easter Festival“ stattfinden. Nach Protesten von AntifaschistInnen, sagte die Lokalität das Festival der Gruppe „[krankpop]“ ab. Diese verlegte das Konzert mit anschließender Neofolk Industrial Party in die „Rockfabrik“ nach Übach-Palenberg bei Aachen.
Grund des antifaschistischen Protestes war der Auftritt der französischen Militär-Pop Band „Dernière Volonté“. Diese Band befindet sich seit Jahren wegen ihrer positiven Bezugnahme auf faschistische „Größen“ und Inhalte in der öffentlichen Kritik. Ihre Zusammenarbeit mit eindeutig rechten Bands wie z.B. „Der Blutharsch“ und dessen Label „HAURUCK!“ stellt sie in eine Reihe mit anderen martialischen und kriegsverherrlichenden Musikprojekten aus dem rechten Rand der sogenannten „Schwarzen Szene“.
Die sechsköpfige Veranstaltergruppe [krankpop] ist die Fortführung der 1997 gegründeten „Ignis Et Ferrum“-Organisation. Diese Gruppe war schon einige Male Szenekennern aufgefallen, da auf ihren Veranstaltungen rechte Zeitschriften angeboten wurden und sie Release-Partys für rechte Szene-Bands organisierte – So auch im Dezember 2003 für ein Nachfolgeprojekt („Ostara“) der neonazistischen Band „Strength Through Joy“ („Kraft durch Freude“) im Bochumer Zwischenfall. Über die politischen Hintergründe dieser Band wussten die Organisatoren von „Ignis Et Ferrum“ gut Bescheid. Sie sagten damals die Veranstaltung ab. Nicht jedoch aus inhaltlichen Überlegungen, sondern weil man “keinen Ärger mit der Antifa“ wolle.
Dieses Statement stammt von Marcus Dehnke. Damals wie heute tritt er als DJ und Sprecher für „Ignis Et Ferrum“, jetzt [krankpop], auf.
Marcus Dehnke ist Sozialarbeiter und der Leiter des Fanprojektes von Schalke 04. Der Träger des Schalker Fanprojekts ist die Sportjugend im Gelsensport e.V. Es wird finanziert aus den Geldern des Landes NRW, der Stadt Gelsenkirchen, sowie Geldern des DFBs. Die Richtlinien zur Finanzierung des Fanprojektes unterliegen dem „Nationalen Konzept Sport und Sicherheit“. Aus den Zielvorstellungen geht u.a. hervor, dass „extremistische Orientierungen (Vorurteile, Feindbilder, Ausländerfeindlichkeit) sowie delinquente oder Delinquenz begünstigende Verhaltensweisen“ abgebaut werden soll. Aus genau diesen Gründen hat ein weiteres Projekt von Schalke 04, die Initiative “Dem Ball ist es egal, wer ihn tritt“, vor kurzem den „Julius-Hirsch-Preis“ für seine antirassistischen Aktivitäten zur WM 2006 verliehen bekommen. Dieser Preis, benannt nach dem 1943 in Auschwitz ermordeten jüdischen Nationalspieler Julius Hirsch, wird vom DFB für das Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus, gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit und für die Unverletzbarkeit der Würde des Menschen verliehen.
Wie kommt es, dass der Leiter des Fanprojekts von Schalke 04 seit Jahren unbemerkt in seiner Freizeit rechte Kulturevents organisiert? In der sogenannten Gothic-, Neofolk- und Industrial-Szene organisiert er Auftritte offen faschistoider, sozialdarwinistischer und rassistischer Bands.
Auf den Playlists seiner Partys stehen jede Menge Lieder von „Blood Axis“ („Blutachse“), „Der Blutharsch“, „Death in June“, „Genocide Organ“ („Völkermords-Sprachrohr“), „Strength Through Joy“ und anderen Acts des rechten Rands der Darkwave-Szene. Auf der gruppeneigenen Homepage sind darüber hinaus diverse rechte CDs positiv besprochen und links zu rechten Bands, Fanzines, Versänden und Labels, wie z.B. „HAURUCK!“, zu finden.
Vor vier Jahren sagte Herr Dehnke, die Release-Party von „Ostara“ aus Sorge vor antifaschistischen Protest ab. Zu Ostern im Jahre 2007 sollte wohl die Verlegung nach Aachen Kollateralschäden vermeiden. Dort fand das Festival auch wie geplant statt und bereitete dem neofaschistischen und reaktionären Teil der „Schwarzen Szene“ ein angenehmes „schwarzes“ Osterfest.
Neben traditionellem „Grufti-Dress“ trug man Uniform, gab seiner Gesinnung durch entsprechende Shirts Ausdruck und lauschte gebannt den „Kameraden“ aus Frankreich. Als Dernière Volonté eine Coverversion der rechten Band „Der Blutharsch“ („Achtung! Der Blutharsch“) intonierten wurde dies ebenso wie der Ausruf „Fuck le Antifa“ vom Publikum mehr als wohlwollend aufgenommen
Im Anschluss bestand die Möglichkeit sich am Verkaufsstand mit CDs zu versorgen. Neben Standartwerken aus der Schwarzen Szene, auch mit CDs mit faschistischem, völkischem und militaristischem Inhalt – Eben die Art von rechter Szeneideologie, die Marcus Dehnke und Co. in ihrer Freizeit promoten.
Wir sind gespannt darauf, wie die obengenannten Finanziers des Fanprojekts, der Verein Schalke 04 und natürlich die Schalker Fans auf die Nachrichten über ihren obersten Fanbetreuer reagieren werden. Dass jemand, der systematisch faschistische und reaktionäre Musikprojekte promotet und unterstützt und damit zwangsläufig auch rechtsextreme Gesinnung transportiert, Fanprojektleiter bei Schalke 04 ist, ist nicht hinnehmbar. Nicht zuletzt kann bei Schalke 04 ein Ausschluss aus dem Verein „bei unehrenhaften Verhalten innerhalb und außerhalb des Vereins“ erfolgen. „Insbesondere durch Kundgabe rassistischer oder ausländerfeindlicher Gesinnung“.

ANHANG:
Artikelsammlungen zu „Ostara“ im Zwischenfall: http://www.ruhr-uni-bochum.de/bsz/619/1b.html

Internetauftritt des Fanprojekts: http://www.gelsensport.de/Sportjugend/sportjugend_schalkerfanprojekt.asp

Informationen zu „Dernière Volonté“ und „HAURUCK!“

„Dernière Volonté“ („Der letzte Wille“) ist die Military-Pop-Band des französischen Musikers Geoffroy P. (bei Live-Auftritten in der Regel mit Trommler-Unterstützung). Als Band-Logo diente lange Zeit das Zeichen der in Frankreich stationierten SS-Division „Götz von Berlichingen“. Thematisch beschäftigt sich Geoffroy P. insbesondere mit Vichy-Frankreich, Kameradschaftlichkeit und der Gedankenwelt faschistischer und reaktionärer „Vordenker“.
So beteiligte sich Dernière Volonté 2001 mit dem Lied „Ma Foi Est Mon Combat“ („Mein Glaube ist mein Kampf“) an einem CD-Sampler zu Ehren des rumänischen Reaktionärs Corneliu Codreanu, Anführer des antisemitisch-nationalistischen Kampfbundes „Legion Erzengel Michael“.
Schnell jedoch wurde das alte Logo durch ein selbstentworfenes, unbedenkliches Symbol ausgetauscht. Die Nutzung von SS-Symbolik „bedauert“ Geoffroy P. nun öffentlich und beteuert zu der Teilnahme an dem Codreanu-Sampler förmlich genötigt worden zu sein. Interesse habe nur an dessen „gnostischer und föderaler Seite“ bestanden. Nach dieser Distanzierung, die über das rechte Internetportal „Neo-Form.de“ erfolgt ist, fährt er jedoch fort die „Intelligenz […] und [das] maßloses Werk“ Albert Speers, dem er mit „A.Speer“ ein Lied gewidmet hat, zu loben und bezeichnet es als ein „schreckliches Ende [..], dass A. Speer zu all diesen „verfemten“ Künstlern“ gehöre.
Trotz einiger ästhetischer „Entschärfungen“ – die Musik von Geoffroy P. wird zunehmend poppiger – bewegt Dernière Volonté sich inhaltlich weiterhin auf bekannten Pfaden. So auch auf ihrer neusten Veröffentlichung mit dem Titel „Devant Le Miroir“ („Vor dem Spiegel“). Die CD setze sich hauptsächlich mit dem Buch „Le Feu Follet“ („Das Irrlicht“) des Faschisten Pierre Drieu la Rochelle auseinander. (Ein Zitat von la Rochelle: „Wir europäischen Faschisten […]. Wir können beruhigt sterben. Wir haben eine Aufgabe vollbracht, die andere als wir in Europa nicht vollbringen konnten.“)
Die CD kommt in rechten Szene-Kreisen gut an. So erhält sie auch in der Zeitschrift „zwielicht“ (verlinkt auf der [krankpop]-Homepage) des rechten CD-Labels Eis&Licht (ebenfalls verlinkt bei [krankpop]) von Stephan Pockrandt eine – sehr aufschlussreiche – positive Kritik:
„[…] ihre Musik wurde poppiger […]. Ein streng militärisches Flair bleibt jedoch durch die militärischen Trommeln, das Bühnenoutfit und die virilen Texte, die den Wert der „Kameradschaft“ preisen, erhalten. […] „Devant Le Miroir“ sind die Pop-Elemente noch erheblich ausgebaut worden, atmosphärisch und konzeptionell bleibt jedoch alles beim Alten, und das ist auch gut so, denn ihr Stil ist einfach stimmig […] Textlich wird auf die großen Europäer Pierre Drieu La Rochelle und Guillaume Apollianaire zurückgegriffen“
Rochelle, seit 1934 Parteigänger des französischen Faschismus, leitete von 1940 bis ’43 die avantgardistische Literaturzeitschrift NRF und veröffentlichte drei Bücher. Nach dem Sieg der Alliierten beging er Selbstmord. Sein Grab ziert die letzte Seite des Booklets der CD „Devant Le Miroir“. Darüber steht der Text des Liedes „Die Freude Vor Dem Tod“ („La Joie Devant La Mort“).
Eine gewisse „Grauzone“, in der sich viele Bands dieser Musiksparte bewegen, hat Dernière Volonté auch durch die enge Zusammenarbeit mit der rechten Military-Pop Band „Der Blutharsch“ und dessen Label „HAURUCK!“ verlassen.
„Der Blutharsch“ ist ein Musikprojekt des Österreichers Albin Julius. Gegründet 1997, fiel „Der Blutharsch“ schnell durch exzessive Verwendung nationalsozialistischer Symbolik (z.B. handelt es sich bei dem Bandlogo um ein Eisernes Kreuz mit Lorbeerkranz) und Tonausschnitten aus der NS-Zeit auf. Julius, der in Interviews ein totalen Migrationsstopp fordert und von einer Rückkehr zu einem Europa der Nationalstaaten phantasiert, arbeitet dabei sehr eng mit bekennenden Sozialdarwinisten und Neofaschisten, wie z.B. dem US-Noise-Künster Boyd Rice, zusammen (Zitat: „Wenn ich irgendwelche Probleme diesbezüglich hätte, würde ich wohl nicht mit ihm auf Tour gehen.”).
Neben Mitgliedern der Band „Genocide Organ“ („Sprachrohr des Völkermords“), die bei Live-Auftritten auch schon mal lautstark „Freiheit für Pinochet!“ fordern (und auch bei [krankpop] in der Playlist auftauchen), war Geoffroy P. von Dernière Volonté dabei mehrmals mit von der Partie. Neben diversen Split-LPs von Dernière Volonté und Der Blutharsch wirkte dieser auch auf der Blutharsch-Veröffentlichung „Time is thee enemy!“ mit – ebenso wie der Kopf von Genocide Organ. Dies ist kaum verwunderlich, handelt es sich bei Dernière Volonté doch um eines der Vorzeige-Projekte des rechten Labels „HAURUCK!“, das Albin Julius von Der Blutharsch betreibt. Dernière Volonté reiht sich dabei ein in Veröffentlichungen von rechten Bands wie „Spiritual Front“, “Zetazeroalfa”, „SPQR” etc. und rechten Musikprojekten wie die “Adresso viene il bello”, die Vertonung italienischer Märsche, größtenteils aus der Zeit des Mussolini-Faschismus. Eine Gesellschaft in der man sich allem Anschein nach sehr wohl fühlt – auch die nächste CD wird wohl auf „HAURUCK!“ erscheinen.«