Donnerstag 15.11.18, 16:43 Uhr

Nachdenkliches statt Heldengedenken


Am Sonntag, dem 18. November, findet anlässlich des Volkstrauertages die Gedenkveranstaltung der Stadt Bochum mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge  statt. Der Geschichts-Leistungskurs der Oberstufe von Goethe- und Hildegardis-Schule gestaltet die Gedenkveranstaltung und schreibt auf seiner Webseite: „Zu diesem Anlass versammeln wir uns um 15 Uhr in der Aula der Goethe-Schule, um dort eine Rede über die in Bochum gestorbenen Zwangsarbeiter zu halten, von denen 307 auf einem Gräberfeld (Foto) in Bochum beigesetzt wurden. Anschließend begeben wir uns zu diesem Gräberfeld auf dem Blumenfriedhof, um dort Infos über Einzelschicksale der Fremdarbeiter zu erhalten. Das Grab ist ungepflegt und wirkt verwahrlost. Unser Ziel ist es, diesen Toten eine ehrwürdige Grabstätte zu errichten und einen Gedenkort zu schaffen.“
Diese Form der Gestaltung der Gedenkveranstaltung hat sich entwickelt, nachdem das Friedensplenum mehrere Jahre lang gegen das dumpfe „Heldengedenken“ von Militärs und Vertriebenenverbänden protestiert hatte. Ein Film erinnert an diese Peinlichkeit. Im Jahr 2014 geschah dann sogar ein gewaltsamer Übergriff aus den Reihen der Heldengedenker auf ein Mitglied des Friedensplenums. Näheres
Im folgenden Jahren gab es einen Bruch mit der Tradition. Die Gedenkveranstaltung wurde in das Neue Gymnasium verlegt und eine Schülergruppe mit der Gestaltung betraut. Der Bruch gelang zu mindestens teilweise. Die SchülerInnen boten eine sehr gelungene Vorstellung, in der z. B. das Heldengedenklied vom „Guten Kameraden“ dissonant begonnen und abgebrochen wurde.  Gedenken mit gekonnter Dissonanz.
Die Verantwortlichen reagierten darauf verstört. 2016 brach man das Experiment mit den SchülerInnen als GestalterInnen des Gedenkens wieder ab und organisierte eine Trauerfeier mit langweiligen Reden von LokalpolitikerInnen und Kirchenleuten.
Im vergangenen Jahr wurden die Verantwortlichen wieder mutiger und übertrugen die Gestaltung der Gedenkfeier einem Geschichtskurs der Hildegardis Schule und der Goethe Schule. Hieraus entwickelte sich ein spannendes Projekt, das sich um ein verwahrlostes Gräberfeld von sowjetischen ZwangsarbeiterInnen auf dem Blumenfriedhof kümmert und bereits im letzten Jahr beeindruckend über die Recherchen berichtete. Das Projekt wurde an den nächsten Jahrgang übergeben. Die Recherchen wurden fortgesetzt und Anregungen eingeholt, wie das Gräberfeld gestaltet werden könnte. Die Ergebnisse werden am Sonntag präsentiert.
Zur Webseite des Projektes.


Die Pressestelle der Stadt erweist sich in ihrer Ankündigung der Gedenkfeier  als lernunwillig. Im letzten Jahr wurde sie bereits darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Veröffentlichung falsch war und auf dem Gräberfeld nicht nur russische ZwangsarbeiterInnen sondern Opfer aus der gesamten Sowjetunion bestattet sind.