Montag 16.11.15, 16:49 Uhr

Abschiebungen in Bochum:
Viel mehr, viel brutaler


In einer Pressekonferenz hat die Stadt die Bochumer Presse heute darauf vorbereitet, dass sie zukünftig deutlich mehr und noch deutlich brutaler Abschiebungen durchsetzen will. Größere Polizeieinsätze gegen Flüchtlinge sollen demnach die Regel werden. Im vergangenen Jahr gab es in Bochum insgesamt 52 Abschiebungen. Jetzt teilt die Stadt mit, dass nach der jüngsten Asylrechtsverschärfung alleine 800 Schutzssuchende aus angeblich „sicheren Herkunftsländern“ in Bochum untergebracht seien. Deren „Ausreise“ soll in den kommenden Monaten in einem so genannten „beschleunigten Verfahren“ durchgesetzt werden, die das neue Gesetz vorsieht. Außerdem sollen deutlich mehr so genannte „Dublin“-Abschiebungen durchgeführt werden – also Abschiebungen in EU-Mitgliedsländer, in denen die Flüchtlinge zuerst registriert worden sind. Den Betroffenen drohen so genannte Ketten-Abschiebungen, staatliche Gewalt und andere unerträgliche Zustände in z.B. in Kroatien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien.
Stadtdirektor Michael Townsend teilte mit: Anders als Ministerpräsidentin Hannelore Kraft es angekündigt hat, sollen auch weiterhin Menschen gewaltsam „bei Nacht und Nebel“ aus Bochum abtransportiert werden. Die Termine für die Abschiebeflüge würden von der zentralen Ausländerbehörde in Bielefeld gemacht – wenn Flüge morgens stattfinden, werde man die Betroffenen weiterhin unangekündigt nachts in ihren Unterkünften aufgreifen. Die Stadt wolle die Presse jetzt schon darauf vorbereiten, dass es dabei auch zu „unschönen Situationen“ kommen werde.
Denn, so Michael Townsend weiter, wenn unangekündigte Abschiebungen zum Beispiel aus Turnhallen-Unterkünften durchgesetzt werden sollen, bleibe den städtischen Mitarbeiter*innen nichts anderes übrig, als auch nachts in die Hallen einzudringen und dort nach den Abzuschiebenden zu suchen. Der Leiter des Einwohnermeldeamtes Peter Braun ergänzte: „Das geht nur mit Polizei. Denn dort stehen unsere Mitarbeiter da nicht nur einer Familie, sondern quasi gleich hundert Menschen auf einmal gegenüber.“ Tumultartige Situationen in den Sammelunterkünften und Polizeigewalt gegen Flüchtlinge sind offensichtlich fest einkalkuliert.
Bereits seit dem Sommer berichten Flüchtlinge und HelferInnen in Bochum vermehrt über brutale Polizeiüberfälle zur Durchsetzung von Abschiebungen. Nach der Ankündigung der Stadt ist zu befürchten, dass die Bochumer Flüchtlingsunterkünfte dauerhaft zu Orten des nächtlichen Schreckens, der (Re-)Traumatisierung und der quälenden Unsicherheit werden sollen. Für alle flüchtlingspolitisch Aktiven wird nun zu diskutieren sein, wie sie mit dieser neuen Situation umgehen werden.