Dienstag 09.09.25, 21:29 Uhr
Das war Rot-Grün in Bochum (37)

Planloser Flickenteppich statt verlässlicher Anlaufstellen in den Quartieren


‚Bezirke stärken‘ war im Jubiläumsjahr der Gemeindereform 2025 ein bei Rot-Grün gern gepflegter Anspruch. Leider warten die Bürger*innen in den Quartieren bis heute meist vergeblich auf die segensreichen Auswirkungen dieser stärkenden Politik. Dabei hatte die SPD sich im April 2024 für den Ausbau des bürgernahen Angebots durch möglichst flächendeckend niedrigschwellige Treffpunkte ausgesprochen und fragte die Verwaltung sogar nach der Entwicklung von Mindest- und Qualitätsstandards.  (Die Anfrage

Stadtteilbüro-Hamme
Stadtteilbüro-Hamme

Antwort der Verwaltung: Gute Stuben sind Orte, die »durch bürgerschaftliches Engagement getragen« werden, das alles kommuniziert durch die Gute Stuben-App. Und da die Bedarfe in den Quartieren so unterschiedlich sind, kann es auch keine einheitliche Lösung geben. Da reichen dann halt auch eine gute räumliche Verteilung und maßvolle, zeitlich begrenzte Anschubfinanzierungen. Im Klartext: die VBW-Stiftung macht die App, die Verwaltung kein Konzept, weil die Bürger*innen sich vor Ort ja schon engagieren. Die Planlosigkeit garniert mit einem für 5.500 € zu erstellenden ‚Gütesiegel‘.

Und was machte die Politik?
Die im Dezember 2023 verabschiedete Nachhaltigkeitsstrategie sieht – das hatte Rot-Grün in seinem Änderungsantrag explizit formuliert – unter Punkt 20 „Quartiere entwickeln“ »die Etablierung von Quartiersmanager*innen und Fachberatung vor Ort vor. Das bestehende Netzwerk aus Anwohner*innen, Eigentümer*innen, Arbeitgeber*innen, Gastronomie, Handel, Schulen und Vereinen soll gefestigt und ausgebaut werden. Die Stärkung des Netzwerks geht dabei Hand in Hand mit der Förderung der Partizipation und Beteiligung der Bewohner*innen an Entscheidungsprozessen, um ihre Bedürfnisse und Ideen in die Quartiersentwicklung einzubeziehen« – soweit die Theorie bzw. der Beschluss.

Stadtteilladen-Grumme
Stadtteilladen-Grumme

Konsequenzen? Bis heute keine!
In der Praxis sah das von der Verwaltung vorgelegte Maßnahmenpaket für 2024 dann aber keinerlei Aktivitäten in diese Richtung vor. Für 2025 auch nicht. Vom Rat verabschiedet wurden beide Vorlagen trotzdem. Wer hat da das Sagen?
Und wie sieht der Status quo aus? Es gibt, wie die von der VBW-Stiftung betreute App zu Bochums ‚Guten Stuben‘ zeigt, in den Stadtteilen einen Flickenteppich unterschiedlichster Angebote: darunter auch Quartiersbüros und Stadtteilzentren. Sie verfolgen aber verschiedenste Ansätze und Ausrichtungen, die Träger sind oft nicht städtische bzw. private Einrichtungen mit teils befristeten Förderhorizonten, so IFAK, AWO, VIA Ruhr, von der Stadt beauftragte Agenturen. Aber auch Nachbarschaftsinitiativen, die Naturfreunde oder das Alsenwohnzimmer werden dazugerechnet.

Wie heiß es in der App treffend: »Die Entwicklung der Guten Stuben ist dynamisch, sodass es unter Umständen schnell zu Veränderungen kommen kann.« Nichts gegen Dynamik, aber dass wie z.B. im Quartiersbüro in Hamme zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren die teilzeitangestellten Ansprechpartner*innen komplett gewechselt haben und die engagierten Bürger*innen immer wieder bei Null anfangen müssen, sollte damit nicht gemeint sein. Mangelnde Kontinuität und Verlässlichkeit aktiviert nicht sondern frustriert!  

Bis heute fehlt ein erkennbares, politisch gewolltes Gesamtkonzept, das auf eine Stärkung der Quartiere durch in allen Stadtteilen und auf Dauer angelegte Quartiersbüros und Stadtteilzentren setzt, die öffentlich gefördert werden und beratend, aktivierend und zusammenführend in den Stadtteilen und als Fürsprecher bürgerschaftlicher Interessen vor Ort arbeiten. Und so lange die fehlen, kann es auch die in der Nachhaltigkeitsstrategie festgeschriebene Partizipation nicht geben!

Die Frage nach Mindest- und Qualitätsstandards ließ die Verwaltung übrigens unbeantwortet – kein Wunder, steht und fällt das Angebot doch mit der engagierten Bürgerschaft.
Verlässliche Gute Stuben als dauerhaftes städtisch finanziertes Angebot wurden unter Rot-Grün jedenfalls nicht geplant und wären doch wichtiger denn je! 

Links:
Auf der Webseite der Stadt: Bochums gute Stuben

Anfrage der SPD zur Weiterentwicklung der Kernaktivität „Gute Stuben“
Antwort der Verwaltung auf die Anfrage der SPD:

Zur App „Gute Stuben

Rot-Grüner Antrag zur Nachhaltigkeitsstrategie Bochum
Im Punkt 20 des Antrages „Quartiere entwickeln“ beschreiben SPD und Grüne im Dezember 2023, wie eine Quatiersentwicklung aussehen sollte. Der Antrag wurde beschlossen und abgeheftet.

Die Serie „Das war Rot-Grün in Bochum“ wird hier dokumentiert