Freitag 13.09.24, 18:05 Uhr
Grabeland am Ruhrort:

Stadt gibt Bebauungspläne auf


Die Bochumer Stadtverwaltung hat bekanntgegeben, dass die umstrittenen Pläne, das Grabeland „Am Ruhrort“ zu bebauen, gestoppt sind. Hier sollten 64 Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser entstehen. Eine Bürgerinitiative hatte dagegen heftigen Widerstand geleistet und sah sich durch die Überschwemmungen im Juli 2021, als die ganze Gegend unter Wasser stand, bestätigt. Damals wurde das Bebauungsplanverfahren ausgesetzt und ein wasserwirtschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben, dass seit einigen Wochen vorliegt, von der Stadt aber bisher zurückgehalten wurde. Erst am Montag hatte das „Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung“, dem die BI Grabeland angeschlossen ist, dagegen heftig protestiert – mit kurzfristigem Erfolg! Update: Tatsächlich aber hat die Bürgerinitiative das Wasserwirtschaftliche Gutachten bis heute nicht ausgehändigt bekommen – es bleibt unter Verschluss. Deshalb hat die Bürgerinitiative noch einmal ausdrücklich die Aushändigung des Gutachtens eingefordert.

Die Stadtverwaltung schreibt: »Seit den verheerenden Starkregenfällen am 14. und 15. Juli 2021 ruht das Bebauungsplanverfahren Nr. 997 – Am Ruhrort – zur Realisierung von 64 Wohneinheiten auf einer ehemaligen Grabelandfläche. Die damals aufgetretenen Überflutungen veranlassten den Investor Wilma Immobilien GmbH und die Stadt, eine erneute Untersuchung und Bewertung der Überflutungs- und Überschwemmungssituation in Dahlhausen durchzuführen. Dabei wurde nicht nur das Plangebiet, sondern auch die weitere Umgebung mit den Wechselwirkungen aus Oberflächen-, Kanal und Gewässerabfluss unter die Lupe genommen.

Die nun vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Realisierung eines Wohngebietes nicht möglich ist.

Zur Erläuterung: Für die Fläche „Am Ruhrort“ ergeben sich aufgrund ihrer Lage besondere entwässerungstechnische Herausforderungen. Die Fläche – eine Senke – liegt 1,5 bis 2 Meter tiefer als ihre Umgebung. Zum anderen liegt die Fläche mit ihrer direkten Nähe zur Ruhr in einem Hochwasserrisikogebiet und im starkregengefährdeten Bereich.

Die Beschaffenheit der Fläche war eine von Beginn an bekannte Herausforderung. So sollte zum Schutz der neu geplanten Wohnbebauung eine Aufschüttung der Fläche durchgeführt werden. Stauraumkanäle unter den neuen Erschließungsstraßen und Retentionsmaßnahmen sollten das anfallende Niederschlagswasser ableiten.

Welche bedeutende Rolle die Senke allerdings im Starkregenfall zur Entschärfung der Überflutungsauswirkungen für die Nachbarschaft des Bebauungsplangebietes aufweist, wurde bei dem Ereignis im Sommer 2021 deutlich und konnte jetzt gutachterlich dezidiert analysiert werden. Verantwortlich für die damalige Überflutung war das extrem unwahrscheinliche Zusammentreffen mehrerer Faktoren: Es hatte bereits Tage davor stark geregnet, die Ruhr führte Hochwasser, die Böden waren vollgesogen. Am 14. Juli dann fiel zusätzlich langanhaltender heftiger Regen, der in dieser Situation weder in die Ruhr, noch in den Boden abfließen konnte, zusätzlich führte der angeschwollene Hörsterholzer Bach neue Wassermassen auf die Fläche.

Das Ergebnis des neuen Gutachtens zeigt nun, dass Dahlhausen bei einer solchen Überlagerung seltener Extremwetterereignisse, wie dies im Juli 2021 der Fall war, bedroht ist. Es gibt aktuell keine technisch und wirtschaftlich vertretbare Möglichkeit, ohne größere Umbaumaßnahmen des Entwässerungssystems eine signifikante Entlastung des Zustandes zu erreichen. Die Umsetzung der ursprünglich geplanten Wohnbebauung würde zu einer Verschlechterung der Situation führen, besonders für die unmittelbaren Nachbarn, was sich auch mit baulichen Maßnahmen nicht beheben ließe.

Da die Fläche im Starkregenfall eine Entlastung für die Umgebung und größere Teile Dahlhausens bietet, wird die Stadt Bochum die Fläche dem aktuellen Grundstückseigentümer Wilma Immobilien GmbH abkaufen. Der Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplanverfahren, mit dem die rechtlichen Voraussetzungen zur Entwicklung eines Wohngebietes geschaffen werden sollten, soll aufgehoben werden. Sowohl der Grundstückskauf als auch der Aufhebungsbeschluss werden Ende September in den politischen Gremien behandelt.

Welche genaue Gestaltung die Fläche erhalten wird, steht zurzeit noch nicht fest. Beabsichtigt ist, die Fläche zur Verbesserung der entwässerungstechnischen Gesamtsituation in Dahlhausen einzubinden. Auch eine Kombination von Regenrückhaltung und Begrünung ist vorstellbar und wird im Weiteren von den zuständigen Fachstellen geprüft.«

Die BI „Grabeland am Ruhrort schreibt dazu auf ihrer Homepage:

»13. September 2024 | Am 26.08.24 erhielten wir, die direkten Anwohner des Grabelands, eine Einladung für den 11.09.24 vom Bezirksbürgermeister, Herrn Gräf, zum Stand und Ausblick des Bebauungsplanverfahren Nr. 997 „Am Ruhrort“ sowie zur Entwässerungssituation.

Das Ergebnis und um es kurz zu halten: Die geplante Bebauung wird NICHT erfolgen!

Die Untersuchungen und das darauf basierende Gutachten haben ergeben, dass wir richtig lagen. Es gibt keine Möglichkeit, bei einer Wetterlage wie im Jahr 2021, eine Überflutung bzw. Hochwasser zu verhindern.

Bei Hochwasser der Ruhr MUSS der Schieber an der Ruhr geschlossen werden, um zu verhindern, dass die Ruhr direkt in unser Gebiet strömt. Bei gleichzeitigem Starkregen, kann das Wasser aus dem Hörsterholzbach, dass unter der Straße „Am Ruhrort“ in einem Rohr zur Ruhr fließt, aufgrund des geschlossenen Schiebers nicht mehr zur Ruhr gelangen und schießt durch Rückstau aus den Kanaldeckeln hoch an die Oberfläche.

Nun wird das Grabeland also zur offiziellen Überflutungsfläche und soll dabei entsprechend umgebaut werden. Wie das dann aussehen soll, muss die Stadt erst noch planen. Ziemlich sicher scheint jedoch schon zu sein, dass dieser Bereich auch in Zukunft nicht mehr frei zugänglich sein wird. Der derzeitige Bauzaun soll jedoch gegen etwas Schöneres ausgetauscht werden.

Für uns als Anwohner ist das schon mal eine sehr gute Nachricht, die uns einiges an Sorge nimmt. Nun kommt es darauf an, was die Stadt Bochum (die im übrigen wieder Eigentümer des Geländes ist!) daraus macht. Eine Lösung, das Wasser dort einzuleiten, bevor es durch die Kanaldeckel auf die Straße schießt, wäre dabei sicher nicht verkehrt.
Was noch fehlt, ist ein finaler Beschluss der Stadt Bochum, der in der Ratssitzung kommende Woche erfolgen soll. Der Bebauungsplan 997 wird damit zu den Akten gelegt.«